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Königsklingen (First Law - Band 3)

Königsklingen (First Law - Band 3)

Titel: Königsklingen (First Law - Band 3) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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sein können?
    »Gorst!«, bellte er. Die Tür öffnete sich quietschend, und der muskelbepackte Wächter trat aus den Schatten, den Kopf ergeben gesenkt. »Begleiten Sie die Dame wieder nach Hause.«
    Gorst nickte und machte einen Schritt aus dem dunklen Torweg. Ardee wandte sich um und ging darauf zu, zog die Kapuze wieder über ihren Kopf, und Jezal sah ihr nach. Er fragte sich, ob sie an der Schwelle innehalten und zurückblicken würde und ob sich ihre Augen ein letztes Mal treffen und es eine letzte Verbindung zwischen ihnen geben würde. Ob er ein letztes Mal den Atem anhalten und dieses Ziehen in seinem Herzen fühlen würde.
    Aber sie blickte nicht zurück. Ohne das kleinste Innehalten trat sie ins Dunkel und war verschwunden, ebenso wie Gorst, der ihr folgte, und Jezal blieb im mondbeschienenen Garten zurück. Allein.

DER SCHATTEN
    Ferro saß im Schneidersitz auf dem Dach des Lagerhauses und kniff die Augen gegen die helle Sonne zusammen. Sie sah zu den Schiffen hinüber und beobachtete die Menschen, die an Land strömten. Sie hielt nach Yulwei Ausschau. Deswegen kam sie jeden Tag hierher.
    Zwischen der Union und Gurkhul herrschte Krieg, ein sinnloser Krieg mit jeder Menge Gerede und kaum richtigen Kämpfen, und daher liefen keine Schiffe nach Kanta aus. Aber Yulwei ging, wohin er wollte. Er würde sie wieder in den Süden bringen, damit sie ihre Rache an den Gurkhisen nehmen konnte. Bis er kam, saß sie bei den Rosigs fest. Sie biss die Zähne zusammen und ballte die Fäuste und machte angesichts ihrer eigenen Hilflosigkeit ein finsteres Gesicht. Sie langweilte sich so. Und sie verschwendete ihre Zeit. Sie hätte zu Gott gebetet, damit Yulwei endlich kam.
    Aber Gott hörte nie zu.
    Jezal dan Luthar, blöd wie er war, hatte man aus Gründen, die sie nicht begriff, eine Krone aufgesetzt und zum König erklärt. Bayaz, der, wie Ferro überzeugt war, hinter der ganzen Sache steckte, verbrachte nun jede Stunde mit ihm. Wahrscheinlich strebte er immer noch danach, einen guten Anführer aus ihm zu machen; das hatte er schon auf dem langen Weg über die Ebene versucht, ohne dass es besonders viel gebracht hatte.
    Jezal dan Luthar, König der Union. Neunfinger hätte laut und lange darüber gelacht, wenn er das hätte hören können. Ferro lächelte, wenn sie an sein Lachen dachte. Dann merkte sie, dass sie lächelte, und zwang sich, damit aufzuhören. Bayaz hatte ihr Rache versprochen und dieses Versprechen nicht gehalten; stattdessen saß sie tatenlos hier herum. Es gab keinen Grund zu lächeln.
    Also hockte sie da und suchte mit den Augen nach Yulwei.
    Nach Neunfinger hielt sie nicht Ausschau. Sie hegte keine Hoffnung, ihn an Land gehen zu sehen. Es wäre eine närrische, kindische Hoffnung gewesen, die zu dem närrischen Kind gehörte, das sie gewesen war, als die Gurkhisen sie versklavt hatten. Er würde seine Meinung nicht ändern; er würde nicht zurückkommen. Dafür hatte sie gesorgt. Seltsam, dass sie jetzt trotzdem immer wieder glaubte, ihn unter den vielen Menschen am Hafen zu entdecken.
    Die Hafenarbeiter kannten sie inzwischen. Eine Zeit lang hatten sie ihr irgendwelche Sprüche hinterhergerufen. »Komm mal runter, meine Schöne, und gib mir ein Küsschen!«, hatte einer gegrölt, und seine Freunde hatten gelacht. Dann hatte ihm Ferro einen halben Ziegel an den Kopf geworfen, und er war ins Wasser gestürzt. Nachdem die anderen ihn wieder herausgefischt hatten, hatte er nie wieder etwas zu ihr gesagt. Keiner von ihnen hatte seitdem ein Wort geäußert, und das passte ihr gut.
    Sie saß da und sah zu den Schiffen hinüber.
    Sie saß da, bis die Sonne tief über dem Horizont stand und helle Strahlen unterhalb der Wolken hindurchschickte, bis die schwappenden Wellen funkelten. Bis die Menschenmenge allmählich weniger dicht wurde, keine Wagen mehr fuhren und die Rufe und das Durcheinander des Hafens einer staubigen Ruhe wichen. Bis die Brise mit kühlen Fingern nach ihrer Haut fasste.
    Heute würde Yulwei nicht kommen.
    Sie kletterte vom Dach des Lagerhauses und suchte sich einen Weg durch die kleinen Gassen bis zur großen Hauptstraße der Stadt. Und während sie auf dem Mittenweg entlanglief und den Menschen, die ihr begegneten, böse Blicke zuwarf, bemerkte sie es. Sie wurde verfolgt.
    Er machte seine Sache gut und war sehr vorsichtig. Manchmal kam er ihr näher, manchmal fiel er wieder zurück. Zwar hielt er sich stets außerhalb ihres Blickfelds, aber er versteckte sich auch nicht. Schließlich

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