Koenigsmoerder
größer und breiter, und Matt sprach immer noch nicht, ebenso wenig, wie sie es tat. Ihr Herz und ihr Kopf schmerzten; sie war sich nicht sicher, ob sie jemals im Leben solchen Kummer gehabt oder sich so hilflos gefühlt hatte.
Weil es so wehtat, diesen verschlossenen und neuerdings unbekannten Mann zu betrachten, besah sie sich stattdessen ihre Umgebung. Hinter dem Haus war ein ordentlicher Garten angelegt worden. In einem Gemüsebeet wuchsen sicherlich im Sommer Karotten und Tomaten und dergleichen mehr. Doch zu dieser Jahreszeit war kaum noch etwas zu erkennen. Drei dürre Apfelbäume. Ein überraschend üppiger Kräutergarten und ein wildes Durcheinander von spätherbstlichen Blumen. Zwischen dem Haus und den Beeten lag eine von Kleeblättern überwucherte Wiese.
Veiras Pony graste auf einer kleinen Koppel, die auf der linken Seite an einen baufälligen Stall grenzte und auf der rechten an einen leicht stinkenden Schweinepferch. Daneben befand sich der
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Hühnerstall, dessen fröhlich rote Farbe verblasst war und abblätterte. Es war alles sehr... ländlich.
Abgesehen von dem Krachen von Matts Axt, den scharfen Rufen verborgener Vögel und dem Gegacker, mit dem Veiras Hennen antworteten, war die Stille im Wald absolut. Beunruhigend nach dem stetigen summenden Gewirr der Stadt.
Aber es lag auch eine Art Friede darin, der Balsam für ihre wunde Seele war. An jedem anderen Morgen hätte sie die Abgeschiedenheit dieses Ortes genossen und dieses Zwischenspiel als einen Ferientag betrachtet, den sie voller Leidenschaft willkommen hieß.
Aber all ihre Leidenschaft war erstorben. Sie hatte sie mit Arroganz und Stolz getötet, ebenso wie mit der Weigerung, in Betracht zu ziehen, dass sie sich irren könnte. Dass Matt Recht haben könnte. Dass sie nicht unfehlbar war, nur weil sie Jervales Erbin war.
Sie hätte ihm das gern gesagt. Hätte gern gesagt, dass es ihr leidtat, und ihn um Verzeihung gebeten. Aber seine verschlossene Miene ließ das nicht zu. Machte sie noch wortkarger, als sie es sonst war, und ungerechterweise wütend. Also saß sie nur stumm da und beobachtete ihn beim Holzhacken.
Schließlich war kein Holz mehr übrig. Matt schlug die Axt mit einem einzigen mächtigen Schwung in den Hackblock und sagte schwitzend: »Es könnte sein, dass du doch Recht hattest.«
Einen Moment lang konnte sie ihn nur mit verblüfftem Schweigen ansehen.
Dann fand sie ihre kärgliche Stimme wieder und fragte unsicher: »Wie meinst du das?«
Er untersuchte seine Hände auf Blasen, entdeckte eine und stach sie stirnrunzelnd auf. »Ich meine, dass du Asher nicht die Wahrheit gesagt hast.«
Asher. Vor ihrem inneren Auge stiegen Bilder aus der Sehschale auf. Ihr Herz krampfte sich zusammen, und ihr Mund war plötzlich trocken. »Wieso?«
»Was man ihm angetan hat... die Art, wie dieser Jarralt ihn gefoltert hat...«
Sie stieß das Blutvergießen und das quälende Echo von Schreien beiseite. »Was ist damit? Wie kann das bedeuten, dass ich Recht hatte?«
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Matt wandte den Blick ab und schaute zu den dicht nebeneinander wachsenden Bäumen hinüber. »Die Frage ist doch die: Was kann ein Mensch wissen und für sich behalten, wenn man ihm etwas Derartiges antut? Selbst mit aller Willenskraft der Welt hätte er, wenn er gewusst hätte, wer er ist und was wir im Schilde führen, höchstwahrscheinlich diesem elenden doranischen Bastard davon erzählt, und wo wären wir dann?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Asher ist stark. Er wäre niemals gebrochen.«
»Das kannst du nicht mit Bestimmtheit wissen. So, wie die Dinge sich entwickelt haben, ist es das Beste, dass du den Mund gehalten und von mir verlangt hast, das Gleiche zu tun.« Er sah sie an. »Wohlgemerkt, das ist der einzige Punkt, in dem du Recht hattest. Was den Rest betrifft...« Eine schwache Röte stieg ihm in die Wangen. »Das Kebsen...«
»Was ist damit?«, fragte sie müde, während ihr eigenes Gesicht heiß wurde. »Du leugnest Ashers Anschuldigung, dass du eifersüchtig bist, weil er mich berührt hat und du es nicht getan hast und niemals tun wirst. Aber wie kann ich dir glauben? Du benimmst dich wie ein Mann, der sich beraubt fühlt.«
Für eine Weile blieb er still. Schließlich zuckte er mit den Schultern, sah sie wieder an und ließ den Blick wieder in Richtung Wald wandern. »Glaub mir, Dathne, falls ich dich jemals geliebt habe, habe ich das schnell genug überwunden.«
Und das schmerzte, nicht weil sie wollte, dass er sie liebte, zumindest
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