Koenigsmoerder
schickt mich mit einer Botschaft: Gebt die
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Wetterkugel heraus, ebenso wie alle Bücher und Papiere, die unklugerweise aus den Gemächern des toten Durm entfernt wurden.« Mit einer schwungvollen Gebärde förderte er einen versiegelten Brief zutage und hielt ihn Gar hin.
Gar, der gezwungen war, wie ein Bittsteller zurückzutreten, hob die Hand, als er Darrans empörtes Zischen hörte, und nahm das Schreiben kommentarlos entgegen. Er öffnete es und runzelte die Stirn. »Dies hier kommt von Conroyd?«
»Vom König, ja. Und achtet darauf, dass Ihr ihn als solchen ansprecht und ihm all den Respekt zollt, der ihm zukommt.«
Ohne auf den hämischen, dreisten Tonfall der kleinen Schnecke zu achten, blickte er weiter mit zusammengezogenen Brauen auf das Schreiben. Es war mit Conroyd I. unterzeichnet. Um Euch selbst zu zitieren: »Wenn ich nicht gehorche, werden andere leiden. « Befolgt die Anweisungen meines Abgesandten ohne jeden Aufschub.
Es war Conroyds Handschrift, daran bestand kein Zweifel. Und doch... und doch...
»Nun?«, fragte Willer, der vor lauter Arroganz und Stolz noch fetter wirkte als sonst. »Muss ich Seiner Majestät berichten, dass Ihr mich habt warten lassen?
Holt sofort die Wetterkugel!«
»Ignoriert ihn, Darran«, sagte Gar, als sein Sekretär an einer atemlosen Verwünschung schier erstickte. »Er ist ein Straßenköter, der jault, wenn er den schützenden Schatten seines Herrn verlässt.«
»Eure Hoheit«, sagte Darran und gab nach, obwohl ihm sein Zorn noch immer deutlich anzumerken war.
Die Wetterkugel war hier, sicher versteckt in seinem Schlafgemach. Er hatte die Absicht gehabt, sie in Durms Quartier zurückzubringen, dann aber seine Meinung geändert, für den Fall, dass die Übertragung der Wettermagie auf Asher gescheitert wäre oder an Wirkung verloren hätte und sie sie noch einmal würden vollziehen müssen. Für den Fall, dass er Heilung fand und seine Rolle als Wettermacher wiederaufnehmen konnte.
Der eine Gedanke war überflüssig, der andere hoffnungslos. Er holte Barls Geschenk aus dem Versteck am Boden seines Bettkas 324
tens und hielt es Willer hin. »Durms Bücher und Papiere befinden sich nicht in einer Kiste, sondern liegen überall verstreut. Ich werde einige Zeit brauchen, um sie für... den König... zusammenzutragen.«
Willer nahm die Schatulle mit der Wetterkugel zaghaft entgegen, als sei sie lebendig und könne ihn beißen. »Eine Stunde. Dienstboten des Hauses Jarralt werden kommen, um sie abzuholen. Nehmt meinen Rat an ‐ lasst sie nicht warten.«
Gar lächelte dünn. »Und wenn Ihr König Conroyd die Wetterkugel gebt, Willer, gebt ihm dazu auch diese Nachricht: Er würde gut daran tun, noch einmal zu überdenken, ob er Asher in einem Käfig halten soll. Ein solcher Mangel an Güte wirft ein Licht auf seine Herrschaft, das manche Menschen beunruhigend finden könnten.«
»Ihr seid der Einzige, der so denkt«, erwiderte Willer. »Hat Darran es Euch nicht erzählt? Die Menschen stehen in Zehnerreihen auf dem Marktplatz, um einen Blick auf den Verräter aus Restharven zu werfen und ihn mit Abfällen von ihren Esstischen und aus ihren Kuhställen zu bewerfen.«
Nur weil er ein Leben lang gelernt hatte, seine Gefühle in der Öffentlichkeit zu beherrschen, gelang es ihm, keinen Schmerz zu zeigen. Seine Verachtung ließ er sich jedoch mit Freuden anmerken. »Und ich nehme an, Ihr konntet es nicht erwarten, Euch anzuschließen, nicht wahr? Ihr müsst sehr stolz auf Euch sein.«
Willer errötete und reckte sein Doppelkinn vor. »Durms Bücher und Papiere in einer Stunde ‐ oder Ihr werdet es mit dem Zorn Seiner Majestät zu tun bekommen.«
»Es tut mir so leid, Herr«, sagte Darran, sobald Willer wieder gegangen war. »Ich hätte ihn nicht hereingelassen, wenn ich...«
Gar reichte ihm Conroyds Schreiben. »Was haltet Ihr davon?«
Verblüfft nahm Darran es entgegen und las es. »Ich... ich bin mir nicht sicher, ob ich weiß, was...«
»Es ist Conroyds Handschrift. Nach zwei Jahren im Kronrat würde ich sie überall erkennen. Das Gleiche sollte mittlerweile für Euch gelten. Aber...« Er schüttelte den Kopf. »Meint Ihr nicht, dass etwas seltsam daran ist?«
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Darran betrachtete das Schreiben noch einmal. »Es tut mir leid, Herr. Nein.« Er runzelte die Stirn. »Die Schrift ist vielleicht eine Spur unsicher...«
»Ihr seht es auch, nicht wahr?«, fragte Gar. »Es ist Conroyds Handschrift... und andererseits ist sie es doch nicht. Als ob...« Er
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