Köpfe für Carlita
Häusern vorbei, die doch weiter von der Fahrbahn entfernt zwischen den Felsen lagen. Hin und wieder durchfuhr sie Lichtinseln. An den Zufahrten zu den Grundstücken standen Laternen.
Carlita Moreno hatte alle Wagen verschwinden lassen, an unterschiedlichen Stellen. Manchmal war sie Stunden gefahren, sogar ins Landesinnere, um einen Platz zu suchen, wo der Wagen so schnell nicht gefunden werden konnte.
Das wollte sie sich in dieser Nacht ersparen. Sie kannte eine hohe Felsklippe, dort wollte sie den Spitfire hinabstoßen.
Immer wieder blickte sie in die Rückspiegel. Von Natur aus war sie mißtrauisch, deshalb schaute sie sich häufig nach möglichen Verfolgern um, doch da kam niemand.
Erst auf der Uferstraße herrschte Betrieb. Carlita wurde noch wachsamer. Mit der Zeit beruhigte sie sich wieder, denn niemand zeigte für ihren Wagen Interesse. Es waren auch viele offene Sportwagen unterwegs, und in der Dunkelheit war ein Spitfire nicht so leicht auszumachen.
Sie war gelöst. Sie war frei. Sie konnte tief durchatmen. Die Spannung war längst von ihr abgefallen, und den Wind der Nacht empfand sie wie eine Liebkosung.
Als sie in der Ferne und noch vor den Lichtern eines Küstenortes den großen, weit vorspringenden und hohen Schatten sah, da verkrampfte sich ihr Magen schon etwas, denn dort lag ihr Ziel. Es war dieser Felsen, der ins Meer hinausragte, der an eine mächtige Nase erinnerte, die alles an Flut, Wasser und mächtigen Wellen abhielt, was auf sie zugerollt kam. Eine Laune der Natur, in Jahrmillionen aufgebaut, aber für ihre Zwecke genau richtig.
Zu diesem Felsen hoch führte nur ein holpriger Weg. Wer ihn benutzte, tat dies auf eigenes Risiko. Carlita ging vom Gas. Andere Fahrzeuge holten auf und huschten an ihr vorbei. Dann riß sie das Steuer plötzlich herum, ohne den Blinker zu setzen, und rollte in die Einmündung des kaum erkennbaren Weges. Die glatte Straße blieb zurück, und Carlita spürte jetzt die Unebenheiten, mit denen der Triumph zu kämpfen hatte.
Der Untergrund glich einer holprigen Talstrecke. Hinzu kam noch die harte Federung des Wagens, die Carlita auch nicht gewohnt war. Sie mußte das Speichenrad schon fest mit beiden Händen halten, um überhaupt lenken zu können.
Am liebsten wäre sie ohne Licht gefahren. Das wiederum konnte sie nicht riskieren, denn die pappige Dunkelheit verdeckte alle auf dem Weg liegenden Hindernisse.
So folgte sie dem hellen Licht der Scheinwerfer immer tiefer in das steil ansteigende Gelände. Kurven gab es nicht, aber die Unebenheit des Bodens blieb. Steine bombardierten den Unterbodenschutz oder prallten seitlich gegen die Karosserie. Carlita hoffte, daß er durchhielt und sie ihn schließlich über die Klippe stoßen konnte.
Rechts, links. Sie fluchte, wenn sie den Wagen an irgendwelchen Hindernissen vorbeilenken mußte, auch wenn es nur Büsche waren, die ihr im Weg standen.
Je höher es ging, um so gefährlicher wurde der Untergrund, denn immer wieder ragten die Kanten irgendwelcher festsitzender Steine hervor, die mit etwas Pech durchaus die Reifen aufschlitzen konnten.
Allen konnte Carlita nicht ausweichen. Einige tauchten sehr spät auf, sie schleiften unter dem Wagen hinweg wie große Krallenhände, aber die Frau hinter dem Lenkrad gab verbissen Gas.
Sie hörte bereits die Brandung, obwohl sie tief unten gegen das Gestein schlug. Die Gischt schien die Geräusche in die Höhe zu tragen.
Carlita fuhr langsamer. Sie bremste ein paarmal, gab wieder Gas und stellte fest, daß der Weg nicht mehr anstieg. Sie befand sich bereits auf der Höhe der Kante und wollte nichts weiter mehr riskieren. Deshalb hielt sie an, stieg aus und lief die wenigen Schritte auf die Felskante zu.
Carlita Moreno duckte sich, als eine Windbö sie packte und fast von den Beinen gerissen hätte. Sie ging schnell zurück, aber der erste Blick nach unten hatte sich in ihrem Gedächtnis eingeprägt. Tief unter ihr spielten sich die wilden Szenen ab. Da wuchteten die Wellen gegen die Felsen, wurden dort gebrochen und als lange Gischtstreifen in die Höhe geschleudert. Unheimlich hörten sich die Geräusche an, als drängten sie aus den Mäulern zahlreicher wütender Ungeheuer hervor.
Der Wind peitschte jetzt in Carlitas Rücken, als sie zurücklief. Er wühlte die Haare nach vorn und wehte sie gegen ihre Augen. Sie machte sich keine Gedanken über ihren langen Weg zurück zum Haus. Den würde sie schon schaffen, auch ungesehen. Zudem hatte ihr die letzte Tat den nötigen
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