Köpfe für Carlita
großen Haus allein zurück.
Im Gegensatz zu vielen Frauen langweilte sie sich nicht. Sie fühlte sich sogar sehr wohl und konnte gut auf Besuch verzichten. Die Tasse leerte sie in aller Ruhe, stellte sie auf die Spüle und wollte die Küche verlassen, als das Telefon tutete.
Im Haus verteilt gab es mehrere Anschlüsse, so auch in der Küche.
Carlita hob ab und brauchte sich nicht mal zu melden, denn eine ihr bekannte Stimme berichtete ihr von dem neuen Leichenfund.
Die Frau hörte sehr genau zu, bevor sie eine Frage stellte. »Gibt es Hinweise auf mich?«
»Nein.«
»Das ist sehr gut.«
Sie sprach noch ein wenig länger mit dem Anrufer, lachte dann und legte schließlich auf. Es lief alles wie nach Plan. Da mußte sie den Mächten der Finsternis direkt dankbar sein, die ihren schützenden Mantel über ihr ausgebreitet hatten.
Sie schaute auf ihre Uhr.
Es war Zeit genug. In aller Ruhe und Gelassenheit konnte sie gewisse Dinge vorbereiten. Zunächst aber wollte sie ihren ›Freunden‹ einen Besuch abstatten, um sich dort die Kraft zu holen, die sie für den Abend brauchte.
Das war ihre Zeit.
Denn der neue Plan hatte sich bereits in ihrem Kopf festgesetzt. Sie war sich nur noch unschlüssig darüber, wie sie ihn ausführen sollte…
***
Ich wohnte in einem älteren kleinen Hotel. Kein Luxus, aber viel Plüsch, durchaus sauber. Nur die Matratze hätte mal ausgewechselt werden müssen. Auf ihr saß ich, als ich mit London telefonierte. Die Freunde dort wollten ein Lebenszeichen von mir hören.
Mit Glenda Perkins hatte ich schon gesprochen, die mich beneidete und zweimal gefragt hatte, welche Techtelmechtel ich schon mit den heißblütigen Señoritas angefangen hatte.
»Bisher keine.«
»Aha.«
»Ich kenne nur den Kollegen Salinas. Aber ich habe trotzdem eine wilde Frau gesehen.«
»Also doch.«
»Ein Gemälde.«
»Hör auf, John, das glaube ich dir nicht, aber ich werde dich mit Suko verbinden.«
»Tu das.«
»Und viel Spaß noch.«
»Mit sieben kopflosen Toten?« fragte ich.
Da schwieg Glenda und verband mich weiter.
Suko kam ohne Umschweife auf das Fachliche zu sprechen und meinte, als er meinen Bericht gehört hatte: »Da haben die Kollegen ja wohl den Richtigen geholt.«
»Mal abwarten, denn bisher ist mir noch kein Coup gelungen.«
»Hast du eine Spur?«
»Auch nicht. Nur dieses Bild.«
»Ein normales?«
»Sicher. Kein Tor in eine Dimension, das hab ich schon getestet.«
»Wie kommst du mit Sahnas klar?«
»Auch gut«, sagte ich. »Er wird mich mit der Person zusammenbringen, die ich auf dem Bild gesehen habe. Aber die Einzelheiten habe ich dir schon genannt.«
»Richtig. Jetzt will ich dich nur noch nach deinem Gefühl fragen. Wie siehst du die Zukunft?«
»Ich weiß es nicht.«
»Denk immer daran. Wer sieben Männer köpft, der macht auch vor einem achten nicht halt.«
»Du meinst mich damit?«
»Wen sonst?«
»Keine Sorge. Meinen Kopf möchte ich noch für eine Weile behalten. Ich werde dann morgen wieder anrufen, wenn ich den Besuch bei dieser Carlita Moreno hinter mich gebracht habe.«
»Kann sie es sein?«
»Alles, was ich weiß, ist einfach nichts. Grüß die anderen, Suko, und laß dich nicht von einem Vampir beißen.«
»Noch ist Shao normal«, erklärte er. Ich lachte und legte auf. Es war wirklich ein ungewöhnlicher Fall, und ich kam mir dabei vor wie die Katze, die um den heißen Brei herumstreicht, dabei ihre Kreise enger zieht, ohne jedoch diesen Brei zu essen. Es war nichts zum Anfühlen dabei. Ich hatte viel gehört, aber wenig erfahren. Gut, es gab jetzt sieben kopflose Leichen, das mußte ich auch akzeptieren, aber von einem Täter fehlte uns jede Spur. Der war verschwunden, entwischt, abgetaucht, das wußte ich. Nur das Bild.
Ich holte es mir wieder ins Gedächtnis zurück und dachte dabei an die Erfahrungen, die ich mit ähnlichen Bildern gemacht hatte, wovon manche zwar sehr echt aussahen, aber im Prinzip keine Bilder waren, sondern geheime Zugänge in andere Dimensionen.
Bei diesem war das nicht der Fall gewesen. Dennoch strahlte das Bild etwas ab, das bei mir ein ungutes Gefühl hinterlassen hatte. Es lag einfach an diesem Motiv. Da stand diese Frau im Vordergrund, eine Kriegerin, eine Person, die einzig und allein darauf aus war, den Tod und die Gewalt zu verbreiten.
Carlita de los Arrancha.
Welch ein Name!
Ich hätte gern mehr über sie gewußt und auch über die Zeit, in der sie gelebt hatte, aber der gute Sahnas hatte mir dabei auch nicht
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