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Köpfe für Carlita

Köpfe für Carlita

Titel: Köpfe für Carlita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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hatte sich ihr verschrieben, denn sie wußte, wie mächtig Carlita de los Arrancha damals gewesen war.
    Viele hatten sie als Magierin angesehen, weil sie viel wußte und die alten Geheimlehren aus dem Orient in sich aufgesaugt hatte. Sie war nach Spanien gekommen, um die Menschen auf ihre Art und Weise aufzuklären, aber die Leuten waren unbelehrbar gewesen. Sie hatten Carlita verteufelt und unter dem Schutz der Kirche zum Kampf gezwungen, den sie nicht hatte gewinnen können, trotz der zahlreichen Opfer.
    Nach außen hin hatte sie auch nicht gewonnen. In Wirklichkeit aber war sie die eigentliche Siegerin, das bewies schon die Existenz ihrer Nachkommen. Carlita lächelte, als sie vor dem makabren Altar stand.
    Auch der letzte Kopf würde noch zu den sieben anderen passen, dann war ihr Ziel erreicht, und die Macht der alten Carlita würde auf sie übergehen. Sie ›sprach‹ mit ihr.
    Es waren mehr Gedanken, die ihr Kopf produzierte und gegen die Felswand schickte. So grau und leblos sie auch aussah, Carlita wußte es besser. In ihr befand sich die Kraft, die bald auch sie erfüllen würde, und sie stellte sich vor, wie Carlita auf dem Bild zu sehen war.
    Eine wilde Kriegerin. Unheimlich anzusehen und zugleich faszinierend.
    Gewalt und Erotik vereinigten sich in diesem Gemälde. Wer sich davon nicht faszinieren ließ, der mußte kalt wie Stein sein, und das war Carlita keinesfalls.
    Zeit verstrich, aber Carlita achtete nicht darauf. Sie hatte ihre Umwelt einfach vergessen. Sie stand auf der Bank und wirkte so, als wäre sie in eine tiefe Trance gesunken, wobei sie von einem nicht sichtbaren Seil gehalten wurde, damit sie nicht von der Fußbank rutschte.
    Ihr Geist tauchte ab. Sie beschäftigte sich gedanklich mit der Vergangenheit und stellte sehr bald fest, daß es nicht nur die Gedanken waren, die sie dorthin brachten, denn sie fühlte zum erstenmal nach ihren Taten den Kontakt mit dem oder mit der anderen.
    Es gab sie. Und sie zeigte sich aufgeschlossen. Sie wußte genau, wo es langging. Die andere Seite kannte sich aus.
    Die Ahnherrin hatte den Ruf gehört. Sie war auch bereit, ihm zu folgen, und sie würde ihren Schutzmantel ausbreiten.
    Carlita spürte die Kälte und die Hitze zugleich in ihrem Körper. Beides durchrann sie als wechselnde Schauer, und der Druck in ihrem Innern nahm immer mehr zu.
    Sie hatte das Gefühl, es wäre etwas durch die Poren der Haut in sie hineingekrochen, um von ihr Besitz zu ergreifen.
    »Bist du es?« Sie hatte die Frage geflüstert, aber die Antwort ließ auf sich warten.
    Hitze, Kälte – ein leichter Schüttelfrost… »Melde dich doch…«
    Wer immer sie umwehte und sich leider nicht zeigte, er blieb verschwiegen, aber er gab Carlita das Gefühl, trotz allem nicht allein zu sein.
    Die sieben Männer waren nicht grundlos gestorben. Sie hatten die Verbindung hergestellt. Ihr Tod hatte die Brücke zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart aufgebaut.
    Carlita Moreno hörte sich atmen. Das Geräusch drang zischend aus ihrem Mund. Die Wand vor ihr lag so starr hinter den aufgereihten Totenköpfen, und doch hatte Carlita den Eindruck, als wäre sie dabei, sich zu bewegen.
    Weichte sie auf? Nahm das Gestein eine andere Form an? War es dabei, durch die Kräfte der Vergangenheit zu einem Mittler zwischen den Zeiten zu werden?
    Noch war nichts perfekt, noch fehlte der letzte Kopf, aber die Grenze war von Carlita längst überschritten worden, und sie fühlte sich plötzlich als Siegerin.
    Ihre Hände lösten sich von den Schultern. Langsam sanken die Arme nach unten und strichen über den Körper hinweg. Sie glich jetzt einer Person, die allmählich erwachte, wieder in die Realität zurückkehrte, aber trotzdem vom Geist der Vergangenheit erfüllt war.
    Mit einem vorsichtigen Schritt nach hinten verließ sie die kleine Fußbank.
    Ihr Gesicht geriet in den Schein der Fackeln. In den Zügen rührte sich nichts, doch die Haut nahm die Farbe des Fackellichts an.
    Nebeneinander standen die Köpfe. Auch die ältesten, deren Augen längst ausgelaufen waren, ›glotzten‹ Carlita an, als wollten sie ihr noch eine Botschaft der Ahnherrin übermitteln.
    Carlita Moreno war verunsichert. Obwohl sie äußerlich keine Veränderung entdeckte, wußte sie, daß es nicht so geblieben war wie noch vor einem Tag.
    Es gab etwas in dieser Umgebung. Sie sah und hörte nichts, sie spürte es nur.
    Tief holte sie Luft.
    Endlich war sie aus ihrer Starre erwacht. Sie konnte sich wieder normal bewegen, und sie

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