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Köpfe für Carlita

Köpfe für Carlita

Titel: Köpfe für Carlita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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sehen, Carlita? Durch das Bild hat er sie praktisch unsterblich gemacht und sie der Nachwelt überlassen. Vor dem Tod konnte er sie nicht bewahren, aber mein Ahnherr hat über den Tod hinweggeschaut, denn hätte er sie nicht gemalt, wäre sie auch nicht in der Lage gewesen, zurückzukehren. Ich kenne meinen Ahnherrn. So wie du Carlita begegnet bist, bin auch ich ihm schon begegnet. Wir haben uns beide getroffen, und ich habe von ihm einiges erfahren und weiß auch, daß er über ungewöhnliche Kräfte verfügt hat, von denen die wenigsten Menschen etwas ahnten. Auch er ist in der Welt herumgekommen. Er hatte ausgezeichnete Lehrer, die ihm viele Dinge beibrachten, die ihn lehrten, die Natur zu begreifen, die ihn aber auch ins Abseits stellten, weil er die öffentliche Meinung der Kirche und des Adels nicht teilte. Wenn du das alles bedenkst, hat er Carlita de los Arrancha einen großen Gefallen getan. So sehe ich es und nicht anders.«
    Ob es stimmte oder an den Haaren herbeigezogen war, das wußte sie natürlich nicht, aber ich brauchte einfach einen Weg, um zu ihr zu kommen und sie zu verunsichern.
    Ihre Antwort allerdings enttäuschte mich, denn Carlita sagte: »So hat es meine Ahnherrin nicht gesehen.«
    »Dann irrte sie.«
    »Auch nicht!« erklärte mir Carlita. »Sie kennt die Gesetze, die eingehalten werden müssen. Sie ist voll und ganz informiert. Sie hat Gilles St. Clair länger gekannt als du. Beide pflegten einen intensiven Kontakt, und St. Clair hat es auch nicht verstanden, daß sie ihre Feinde köpfte. So wurden sie selbst zu Feinden. Noch ist sie leider etwas schwach, aber mit jedem neuen Kopf gewann ihr Geist an Stärke. Und ich weiß, daß sich aus zwei Personen bald eine bilden werden, dann sind die damalige Carlita und die heutige endlich vereint.«
    »Du willst ihre Seele auffangen?«
    »Ja, nachdem ich so gut geworden bin wie sie. Es ist alles vorbereitet, Sinclair.«
    »Und dann?«
    »Was meinst du damit?«
    »Wird das Morden weitergehen? Wirst du auch dann noch als Henkerin auftreten?«
    »Ich weiß es noch nicht. Ich werde aber so unsterblich sein, wie sie es ist. Nur eben auf eine andere Art.«
    »Nein«, sagte ich, »nein, das wirst du nicht, denn der Mensch ist nicht dafür geschaffen, unsterblich zu sein. Er muß und wird den Weg alles Irdischen gehen, denn andere Versprechungen beruhen auf einem Irrtum. Sie können bei Nichtmenschen möglicherweise Erfolg haben, aber du bist nun mal ein Mensch mit allen Schwächen und Stärken.«
    Diese Worte, so ehrlich sie auch gemeint waren, hatten ihr nicht gepaßt.
    Ich sah, wie sie ihr Gesicht verzog, als wäre sie von einem plötzlichen Wutanfall überfallen worden. Carlita sah auch so aus, als könnte sie jeden Augenblick die Beherrschung verlieren, um sich auf mich zu stürzen, aber sie wurde noch immer von ihrer Ahnherrin zurückgehalten, deren Gestalt sich auch weiterhin nicht verdichtet hatte, sondern wie eine hastig gemalte Zeichnung in der Luft schwebte.
    »Ich habe dafür gelebt, all die menschlichen Schwächen zu überwinden!« flüsterte sie mir keuchend entgegen. »Ich werde nicht so dicht vor dem Ziel einen Rückzieher machen, Sinclair. Dein Kopf muß und wird fallen, das schwöre ich dir.« Carlita verlor das Interesse an mir.
    Sie drehte ihren Kopf in die andere Richtung, wahrscheinlich wollte sie einen noch besseren Kontakt zu ihrer Ahnherrin bekommen und deren weitere Befehle abwarten.
    Ob sie es schaffte, wußte ich nicht, jedenfalls ließ sie mich in Ruhe. Ich dachte auch mehr an mich und weniger an sie. Die Beretta mußte doch zu finden sein.
    Carlita drehte sich wieder.
    Meine Bewegung stockte. Ich wollte ihr keinen Grund zum Eingreifen geben. Ihr Kopfschütteln erklärte sie mir wenig später, denn sie teilte mir die Botschaft ihrer Ahnherrin mit. »Carlita de los Arrancha will leben, Sinclair. Sie will in mir sein. Sie will als Geist und Seele allein führen, auch in einer anderen Zeit. Um so stark zu werden, brauchte sie deinen Kopf. Es ist das alte Gesetz. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Nun ist die Zeit der Abrechnung gekommen. Jetzt wird sie indirekt für deine Vernichtung sorgen.«
    Dabei hat er ihr noch geholfen. Diesen Satz sprach ich nicht aus, sondern dachte ihn nur. Es hatte keinen Sinn mehr zu versuchen, die Köpferin vom Gegenteil zu überzeugen.
    Aber ich hatte wieder Kraft sammeln können. Und ich dachte sogar an Flucht. Hin zur Treppe eilen, die Stufen hochrennen; in der Wohnung sah alles anders aus. Da würde ich

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