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Köpfe

Köpfe

Titel: Köpfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Gedanken kurz vor seinem Tod mich durchdrungen haben. Ich verabscheue diese Erinnerung; ich verabscheue ihn.
    Der Verdacht, ja der überzeugte Glaube an die Falschheit und Gemeinheit und die Gier – und die Schlechtigkeit – der anderen ist eine Sache. All das genau zu wissen, ist eine Erfahrung, die keinem menschlichen Wesen jemals zugemutet werden sollte.
    Kimon Thierrys letzte Gedanken galten nicht der ruhmreichen Reise, die ihm bevorstand, der Verwandlung in ein höheres Wesen. Er hatte Angst vor der Vergeltung. Im letzten Augenblick vor seinem Abgang wußte er, daß er ein Lügengebilde aufgebaut hatte, wußte, daß er Hunderttausende von Menschen mit diesen Lügen überzeugt und damit ihre persönliche Entwicklung und Freiheit eingeschränkt hatte, und er fürchtete, daß er in die Hölle hinabfahren müßte, über die man ihn in der Sonntagsschule belehrt hatte…
    Er fürchtete sich vor einer anderen Ebene der Lüge, geschaffen von vergangenen Lügnern, um ihre Feinde zu bestrafen und ihre eigene kleinliche Existenz zu rechtfertigen.
    Die Erinnerungen enden jäh, ich nehme an im Augenblick seines Todes, dem Ende aller aufgezeichneten Erinnerungen, aller körperlicher Verwandlung. An diesen Vorgang an sich ist mir keinerlei Erinnerung geblieben.
    Ich zog mich aus dem gräßlichen Tümpel, indem ich mich an den Stützpfeilern hochhievte; je weiter weg die Streben von der Höhlung anfangs gewesen waren, desto stärker waren sie noch, doch sie verloren sehr schnell an Stärke und Form. Ich krabbelte wie ein Insekt nach oben, vor Entsetzen um den Verstand gebracht, und irgendwie kletterte ich in absolutem Schweigen die zwanzig Meter bis zum Vorsprung der Türöffnung hinauf.
    Es waren vielleicht drei Minuten seit der Bombardierung vergangen, sofern Zeit in der Höhlung der Eisgrube überhaupt eine Rolle spielte.
    Eine Rettungsmannschaft fand mich, als ich gerade über Williams weiße Linie kroch. Als sie versuchten, durch die Tür zu gelangen, um die anderen zu retten, riet ich ihnen davon ab, und aufgrund meines Zustandes bedurfte es keiner großer Überredungskunst, sie davon abzuhalten.
    Ich hatte den ersten halben Zentimeter Haut rund um den Körper vom Hals abwärts eingebüßt sowie alle Haare, ein Effekt, als ob ich mit gefrierkaltem Gas eingesprüht worden wäre.

MONATE LANG LAG ICH in einem traumlosen Scheinschlaf im Krankenhaus von Yin City, eingepackt in Heilflüssigkeit, Hautzellen und Muskelzellen und Knochenzellen, die unter der Führung von chirurgischen Nanomaschinen an ihre Bestimmungsorte bugsiert wurden und meine Oberfläche wiederherstellten. Nach Ablauf dieser Zeit wachte ich auf und wähnte mich – ohne den geringsten Anflug von Angst, als hätte ich alle Gefühle verloren – immer noch in der Eisgrube, in dem Becken schwimmend, mich in der kugelförmigen Höhlung ausbreitend wie Wasser in einem gierig saugenden Schwamm und mich langsam und friedlich in der Stille auflösend.
    Thomas kam in mein Zimmer, als ich eine etwas umrissenere Vorstellung davon hatte, wer ich war und wo. Er saß an meinem Hängegestell und roch wie ein Toter, mit glasigen Augen und blasser Haut.
    »Mir ist es nicht allzugut ergangen, Mickey«, erzählte er.
    »Uns allen ist es nicht allzugut ergangen«, erwiderte ich mit heiserem Flüstern, dem äußersten, das ich zustande brachte. Ich hatte das Gefühl, als wäre mein Körper von Eiswürfeln umgeben. Die schwarze Decke über mir schien meine ganze Substanz aufzusaugen, hinaus in den Raum.
    »Sie sind der einzige, der davongekommen ist«, sagte Thomas. »William und Rho haben es nicht geschafft.«
    Das hatte ich vermutet. Dennoch schmerzte die Bestätigung.
    Thomas senkte den Blick auf das Hängegestell und fuhr mit der knorrigen, blassen Hand über den Rahmen. »Sie werden wieder vollständig gesund werden, Mickey. Sie sind besser dran als ich. Ich bin als Direktor zurückgetreten.«
    Sein Blick begegnete meinem, und sein Mund zeigte den Anflug eines ironischen Lächelns, flüchtig, klein, selbstkritisch. »Die Kunst der Politik ist die Kunst, Katastrophen zu vermeiden, schwierige Situationen zum Wohle aller zu meistern, selbst für die Feinde, ob man nun weiß, was gut für sie ist, oder nicht. Stimmt’s, Mickey?«
    »Ja«, krächzte ich. »Was ich zu tun hatte…«
    »Ich habe es getan«, sagte ich.
    Er nahm das hin, billigte mir soviel Komplizenschaft zu, aber nicht mehr. »Die Kunde hat sich verbreitet, Mickey. Wir haben ihnen wirklich geschadet, mehr als

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