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Körper-Haft (German Edition)

Körper-Haft (German Edition)

Titel: Körper-Haft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Romey
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denn sie ließ trotz meines hektischen Geblinzels nicht locker.
    Sie flog immer nur kurz auf, um gleich darauf ihr begonnenes Werk fortzusetzen. Hektisches Pusten mit geschürzter Unterlippe konnten meinen Gast ebenso wenig beeindrucken wie die Versuche, sie wegzublinzeln. Ich schwor mir: »Wenn ich mich jemals wieder bewegen kann, dann reiße ich jedem Artverwandten zuerst die Flügel und dann die Beine genüsslich aus und werfe sie dann, in einen eigens bereitgestellten Ameisenhaufen! Schlechtes Karma hin oder her!«
    So wie’s aussah, hatte Mosquito schon kräftig auf mich abgefärbt. Handelte er auch aus Rache? Die Fliege schien ausgeprägtes ADS-Syndrom zu haben und drangsalierte nun mein linkes Auge. »Los spiel mit mir!«, schien sie sagen zu wollen. Gehandicapt durch das eigene Geblinzel, versuchte ich nun meinerseits auf meinem Holo-Flat-Pad das Fernsehprogramm einzuschalten und auf Holografie-Modus umzustellen. Ich hatte meinen Yoga-Sender als Startprogramm eingeschaltet und verfluchte mich in diesem Augenblick dafür. Mit den langsam fließenden Bewegungen des Obergurus ließen sich keine Fliegen vertreiben. Mein linkes Augenlied kämpfte einen verzweifelten Kampf gegen diese penetrante Fliege, während mein rechtes versuchte irgendein actiongeladenes Programm zu erblinzeln.
    Ich hätte nie geglaubt, dass die Übertragung eines Tennismatches mir so viel Erleichterung bringen könnte. Die holografischen Spieler rannten wie verrückt über meiner Brust von einer Ecke zur anderen und schwangen ihre Schläger wie Fliegenklatschen hin und her. Das schien das persönliche Horrorprogramm für meine Fliege zu sein, denn sie schwirrte tatsächlich ab. Ich fragte mich einen Moment lang, ob sie tatsächlich blauäugig war, und stellte auch gleich die passende Folgefrage: Wie weit hatte der Wahnsinn schon mit mir Tuchfühlung aufgenommen?
    Ich fühlte immer noch das Kitzeln der kleinen Füßchen auf meinem Gesicht, obwohl die Fliege schon lange weg war. Phantomspuren! Ich stellte mir vor, wie die Fliege mit Ihrem Rüssel wie ein Staubsauger nahrhafte Krümel aus meinen Hautporen saugte.
    In der Agentur hatten sie oft gesagt: »Deine Phantasie möchte ich haben!« Wenn die wüssten, welche Flüche manche Wünsche in sich bargen – von mir aus konnten sie meine Phantasie gerne geschenkt haben.
    Zu meinem Erschrecken war das Tennismatch zu Ende und wurde ausgerechnet durch Eisstockschießen abgelöst. Das beeindruckt nicht einmal Fliegen! Es war sicher nur eine Frage der Zeit, bis sich die nächste Fliege meiner Nasenspitze näherte!
    Gleich darauf erkannte ich meinen Irrtum: Nicht eine Fliege, sondern gleich ein Dreiergeschwader kam auf mich zugeflogen. Der Geschwaderführer schien noch nach einem geeigneten Landeplatz Ausschau zu halten.
    In der mir so gewährten Gnadenfrist zappte ich mich hektisch durch die Programme. Eine Szene aus Vom Winde verweht baute sich als Hologramm über mir auf. Rhett Butler konnte mir sicher nicht helfen und Tiffy von der Sesamstraße schon gar. Da wäre Kermit der Frosch aus der Muppet-Show sicherlich schon abschreckender für Fliegen gewesen. Und die Formel 1 summte mit solch einem animierenden Gebrumme, dass sich die Fliegen nur noch stärker angezogen fühlten.
    Zu spät, der Geschwaderführer der Fliegen hatte sich meine Nasenspitze als Landeplatz auserkoren. Die anderen beiden landeten auf meiner Stirn und meiner rechten Wange. Der Geschwaderführer begann augenblicklich der süß-salzigen Spur an meinem linken Nasenflügel zu folgen, bis er bei meiner Oberlippe angelangt war. Ich versuchte die Lippen zu schürzen und mit der Nase stoßweise die Luft auszustoßen, um die Fliege beiseite zu blasen. Wo waren die beiden anderen? Ich spürte sie nicht mehr. Aber ein schneller Kontrollblick zeigte mir, dass sie auf meiner Wange Fangen spielten. Der Geschwaderführer hatte mich lediglich durch sein penetrantes Gekrabbel an meinem Mund soweit abgelenkt, dass ich die anderen beiden nicht wahrnahm.
    Aber jetzt kreisten sie in einer hektischen Verfolgungsjagd über meinem rechten Auge und suchten wohl nebenbei nach einer Stelle, von der aus sie sich an Tränenflüssigkeit laben konnten. Meine Augen versuchten dieser unkoordinierten Flugbahn der beiden Fliegen mit hektischem Zucken zu folgen.
    Der Staffelführer nutzte die Ablenkung sofort und flog zielstrebig in mein linkes Nasenloch, um seine Mission zu beenden – mich in den Wahnsinn zu treiben! Das Kitzeln war fürchterlich! Dieses

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