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Körper-Haft (German Edition)

Körper-Haft (German Edition)

Titel: Körper-Haft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Romey
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Reizstrom-Motivatoren mal abgesehen. Ich will mich ja nicht allzu weit aus dem Fenster lehnen, aber vielleicht hat dieses verdammte Serum von Professor Marquez irgendwelche toxikologischen Auswirkungen!«
    Mosquito pfiff erleichtert durch die Zähne und fragte: »Wo steckt der überhaupt?«
    »Er ist gerade auf einer sogenannten Forschungsreise in Brasilien. Aber wenn Sie mich fragen, glaube ich nicht, dass er wieder zurückkommt. Nach dem Tod von Nr. 6 ist er ziemlich schnell abgereist. Und heute Morgen habe ich bei einer kleinen Recherche bei Immoscout gesehen, dass er sein neues, gerade erst gebautes Haus verkaufen will. Alles ein bisschen eigenartig für meinen Geschmack. Aber vielleicht fährt er ja auch gerade im Aufzug hier rauf und kommt gleich zur Tür rein. Wie dem auch sei, bringen Sie Nr. 3 , äh, Herrn Öger, in das Behandlungszimmer, ich muss noch weitere Untersuchungen an ihm vornehmen …«
    Er stand schon an der Tür. »Solange sein Puls stabil ist, sind wir immerhin auf der sicheren Seite.« Die Verbindungsschläuche des Bettes von Nr. 3 wurden klickend entfernt.
    Sie schoben das Bett zur Tür und Brötchen meinte: »Da bist Du aber mit einem blauen Auge davon gekommen. Vorausgesetzt, er findet nichts anderes heraus!«
    »Eine Fliegenallergie zum Beispiel?«, fragte Mosquito spitz. Dann schloss sich die Tür und ich musste mich wieder meiner BSS-Schulung unterziehen.

Eigenwerbung
    Jetzt waren wir nur noch zu viert im Zimmer und ich versuchte zu deuten, was ich morgens gehört hatte. Ob sich Professor Marquez tatsächlich abgesetzt hatte? Und wenn ja: warum? Lag Doktor Gregor richtig mit seiner Vermutung, dass es etwas mit dem BSS-Serum zu tun hatte? Oder hatte er vielleicht sonst irgendwelchen Dreck am Stecken?
    Und falls seine »Forschungsreise« tatsächlich in Zusammenhang mit dem Serum stand, welche Tragweite hatte das? Und was hieß es in letzter Konsequenz für mich? Auch eine Katatonie, die durch irgendeinen Impuls ausgelöst wurde? Oder gar der Tod? – ein Anflug von Selbstironie überkam mich - wenn dem so sein sollte, dann war ein schneller und früher Tod das Beste! Das kam schließlich einer enormen Haftverkürzung recht nahe …
    Ich drehte die Augen nach links. Ein Gewitter war aufgezogen, Regen peitschte prasselnd ans Fenster. Es war ein Abend, wie der an dem Sunny gestorben war. »Sunny Regen war vom Regen abgeholt worden«, dachte ich bitter. »Regen holt Regen!« So hatte ich das noch nie gesehen … Eine Ironie des Schicksals? Oder ist das Leben an sich so empathisch, dass es noch im letzten Moment die passende Kulisse für den fallenden Vorhang schafft?
    Es war der 21. Juni, als ich in meinem Büro nochmals den Ablauf für den nächsten Tag durchgehen wollte. Sonnenwende stand in meinem Kalender. Wir hatten uns diesen Termin absichtlich herausgesucht, da es für unsere Eventagentur einen neuen Impuls geben sollte. Obwohl uns natürlich bewusst war, dass ab morgen die Tage wieder kürzer wurden, priesen wir es als gutes Omen, da man dann ja abends wieder länger arbeiten konnte. Nachtschichten einlegen! Im Dunkeln zu arbeiten ist völlig normal in dieser Branche. Die Werbelemuren mit den großen Ringen um die Augen werden von vielen für ihren ach so kreativen Job beneidet. Vielleicht gerade deshalb, weil so viel im Dunklen lag …
    Jedenfalls hatten wir eine ziemliche Durststrecke hinter uns. Eine dieser immer häufiger kommenden Wirtschaftskrisen machte uns das Leben schwer. Die so genannten »Entscheidungsträger« in den Firmen waren dann stärker damit beschäftigt, ihren Stuhl zu sichern, als ihren eigentlichen Job zu machen. Und wenn sie schon ab und zu mal notgedrungen Entscheidungen treffen mussten, dann fielen diese möglichst stromlinienförmig aus. Also einfacher Mainstream mit möglichst wenig kritisierbarer Oberfläche. Am besten nichts! Denn wer nichts tut, macht auch keine Fehler. Und wer keine Fehler macht, wird auch nicht bestraft. Das Nichtstun wurde dann firmenintern als Ressourcen-Sicherung und strategisches Downsizing verkauft. Umhüllt mit weiteren anglizistischen Worthülsen, wie zum Beispiel das Sparprogramm »keep the lights on« oder »cost-reduction-melt-point«.
    Für uns als Film- und Event-Agentur, hieß das in der Übersetzung, dass Veranstaltungen und weitere Öffentlichkeitsarbeit im besten Falle eingedampft und im schlechtesten Falle eingestampft wurden. Die Übergänge zwischen Eindampfen und Einstampfen waren praktisch nahtlos und die

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