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Körper-Haft (German Edition)

Körper-Haft (German Edition)

Titel: Körper-Haft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Romey
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mysteriösen Unfall auf der nebeligen Autobahn.
    Ihr Tod warf mich völlig aus der Bahn und ich flüchtete mich in allerlei unnötigen Zeitvertreib.
    Nancy und Ronald Regen kümmerten sich nach dem Tod meiner Eltern wirklich rührend um mich. Sie halfen mir bei der Bestattung, der Nachlassregelung und all den vielen bürokratischen Hürden, die der Staat vermutlich nur deswegen erfunden hatte, um vom Schmerz des Verlustes abzulenken.
    Ronald und Nancy waren schon vor dem Tod meiner Eltern zu einer Art Zweiteltern geworden. Jetzt waren sie es umso mehr. Sie boten durch ihren Zauberer-Laden und ihre unbeschwerte Art auch die Möglichkeit, dass ich wirklich jederzeit zu ihnen kommen und um Rat fragen konnte, was bei meinen Eltern aus beruflichen Gründen nicht möglich gewesen war.
    Umso mehr traf es mich, dass sie jetzt, wo ich in »Körper-Haft« lag, nicht mehr mit mir reden wollen. Mit mir, dem vermeintlichen Mörder ihres Sohnes, dem Regenschirm-Mörder!

Katatonie
    Mein Bett fing an sich zu bewegen und John Mc Lay strahlte mir mit seinem Blendax-Lächeln entgegen. »Gooooood morning! Es ist mal wieder Zeit, etwas für die müden Knochen zu tun …«
    Verdammt! Hatte ich etwa die ganze Nacht wach gelegen und war durch meine Vergangenheit gestolpert? Die Knochen taten mir jedenfalls noch mehr weh als sonst und hundemüde war ich auch …
    Ich hatte es wohl gerade noch geschafft, die Lautstärke meines Holo-Flat-Pads herunterzudrehen, bevor ich mitten im Gedanken eingeschlafen sein musste. Denn das Nächste, an was ich mich erinnern kann, war dass ich durch einen kleinen Stromschlag geweckt wurde.
    Eine mahnende Frauenstimme aus dem Holo-Flat-Pad sagte nun wieder in Standardlautstärke » Nr. 5 es ist Zeit aufzuwachen, der Schulungsblock Ihres Unterrichtes fängt an. Sollten Sie die nächsten Tage nicht pünktlich zum Unterricht erscheinen, werde ich mich wie eben bemerkbar machen. Und das jeden Tag ein bisschen mehr. Sie werden schon sehen, das hilft der Konditionierung und Ihrem Zeitgefühl.«
    Und wie das meinem Zeitgefühl half. Ich war wieder voll im Hier und Jetzt. Die Gedanken an die Vergangenheit verblassten so schnell, wie das triste Grau des Alltages wiederkehrte.
    Das Erziehungsprogramm lief noch nicht einmal fünf Minuten, als die Tür aufging und Brötchen und Mosquito hereinkamen und zielstrebig zum Bett von Nr. 3 gingen. Leider konnte ich über das Menü Personenstatus in der Eigenansicht nicht die Kamera auf Zimmerbetrachtung einstellen, da das Erziehungsprogramm nicht unterbrochen werden konnte. Ich behalf mir damit, den Ton leiser zu drehen.
    »Was’n mit dem los? Der will wohl heute nicht in die Schule gehen!«, startete Mosquito in seiner schnoddrigen Art.
    »Quatsch nicht rum und stell’ den Reizstrom-Motivator ab!«, sagte Brötchen.
    »Reizstrom-Motivator abstellen«, wiederholte Mosquito genervt und fingerte an dem Bedienungspad herum.
    »Ich glaube, Du solltest äußerst friedlich sein, schau mal seine Augen an!«
    »Was ist denn mit seinen verdammten Augen? So tief möchte ich ihm gar nicht in die … Ups, Scheiße, wieso schielt der so?«
    »Erinnerst Du Dich noch so grob an Dein Spielchen mit den Fliegen?”, fragte Brötchen.
    »Das war doch nur ein kleiner Spaß. Ich konnte doch nicht ahnen, dass der so lange mitspielt …«
    »Wir rufen jetzt Doktor Gregor!«
    »Willst Du mich verpfeifen oder was?! Du weißt, ich hab Deinen fetten Arsch am Kanteisen, Dickerchen!«, drohte Mosquito.
    »Nimm Dich in Acht, oder das Dickerchen setzt sich mit seinem fetten Arsch auf Dein Gesicht!«
    Zwischen den beiden war inzwischen reichlich dicke Luft. Mosquito verstummte angesichts der Vorstellung von Brötchens Hintern in seinem Gesicht. Brötchen seinerseits hatte bereits den Hörer am Ohr.
    »Herr Doktor Gregor, bitte kommen Sie mal schnell vorbei. Nr. 3 schielt die ganze Zeit über an die Decke und reagiert nicht auf den Reizstrom-Motivator …«
    Kurz darauf kam Doktor Gregor hereingerannt und schaute sich Nr. 3 an.
    Er checkte das Vitalometer. »Puls extrem niedrig.« Er leuchtete ihm mit seiner Stiftlampe in die Augen. »Keine Verengung der Pupillen! Die Symptome sind wie bei einer Katalepsie.«
    »Einer was?«, fragte Mosquito?
    »Katalepsie! Sie wird im Volksmund auch Todesstarre oder Scheintod genannt. Meistens wird sie durch ein traumatisches Erlebnis verursacht, einen Schock. Und genau das lässt mich an der Diagnose zweifeln: Er hat hier ja alle Ruhe dieser Welt, von diesen blödsinnigen

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