Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Körper-Haft (German Edition)

Körper-Haft (German Edition)

Titel: Körper-Haft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Romey
Vom Netzwerk:
bei Euch als Geschäftsführer ein und bekomme ein Drittel des Reingewinns.«
    »Ein Viertel«, sagte Sunny hastig.
    »Ok, von mir aus auch ein Viertel, ich will Euch ja nicht über den Tisch ziehen.«
    »Jemand, der so schnell auf eine Kürzung eingeht, muss mit deutlich weniger gerechnet haben«, dachte ich noch.
    Er ließ uns ein Pamphlet mit angerissenen Vorschlagsskizzen da und fügte noch einen Vertragsentwurf bei. Von Hand trug er »ein Viertel des Reingewinnes« ein. Eine der Bedingungen war, dass er die gesamte Personalverantwortung übernahm.
    Die nächsten Tage redete Sunny auf mich ein wie auf eine kranke Kuh, dass wir diesen Deal unbedingt machen sollten. »Was haben wir zu verlieren? Entweder er hat Erfolg und alles wird gut oder er kriegt’s auch nicht hin und wir müssen uns keine Vorwürfe machen, nicht alles versucht zu haben!«
    »Ein Viertel des Reingewinns ist viel zu viel! Außerdem stört mich diese Klausel mit der Personalverantwortung. Wir wissen doch beide, was das bedeutet.«
    »Jetzt komm schon, wir haben auch schon über Kündigungen nachgedacht!«
    »Na also«, sagte ich, »dann können wir das ja auch selbst machen und sparen zusätzlich noch die Beteiligung von diesem Mike ein.«
    »Du magst ihn nicht, stimmts?«
    »Ja, stimmt, ich mag ihn nicht. Ich hab da ein schlechtes Gefühl!«
    Damit war das Thema erst einmal vom Tisch – bis in der folgenden Woche gleich drei weitere Kunden absprangen. Das Wasser stand uns bis Oberkante/Unterlippe . Meine Reaktion war geradezu als panisch zu bezeichnen. Ich griff nach dem nächstbesten Strohhalm, auch wenn dieser von oben bis unten mit Pomade eingeschmiert war und wenig Halt versprach. Mit ein paar kleinen Änderungen gingen wir auf den Vertrag mit Mike ein.
    Bereits eine Woche später hatte ein Drittel der Mitarbeiter ihre Kündigung in der Hand. Nahezu gleichzeitig war Mike auf der Suche nach willigen Praktikanten, die bereit waren, ihre Arbeitskraft gegen die Erfahrung in einer renommierten Film- und Eventagentur einzutauschen und, wie Mike es nannte, ein geringes Schmerzensentgelt bekamen.
    Genau genommen war seine Suche sogar noch stärker eingegrenzt. Denn er stellte nur Praktikantinnen ein, auch wenn er als Alibi immer wieder mal männliche Bewerber ansah. Die familiäre Stimmung in der Agentur ging den Bach runter, aber die schwarzen Zahlen kamen genau rechtzeitig, um Mike den Geschäftsführerposten zu sichern.
    Die Praktikantinnen rödelten in der Agentur bis zur Selbstaufgabe. Mike versprach ihnen Aufstiegsmöglichkeiten, um sie bei Laune zu halten, meinte damit aber nur den Aufstieg auf seinen eigenen Schoß. Wortwörtlich brach er es einmal an der Bar auf seine spezielle Mike-Formel herunter: »Wie kriege ich mein Ding da rein,« war seine Art von Zieldefinition.
    Mit steigendem Ekel verlor ich aber auch immer stärker den Einfluss auf den Kurs der Agentur, da uns Mike mit ein paar Winkeladvokaten-Tricks im Vertrag immer stärker ausgebootet hatte. Obwohl er nur ein »Teilhaber« war, hatte er sich mit diesen Tricks mehr Stimmrechte ergaunert, als Sunny und ich gemeinsam hatten. Selbst Sunny räumte inzwischen Versäumnisse und Fehler ein. Mike, der glänzende Retter, entpuppte sich immer stärker als Ausbeuter und Egomane. Das war kurz bevor sich Sunny an seinem letzen Trick verschlucken sollte …

Singin in the Rain
    Es war bereits spät am Abend. Der Regen trommelte kräftig an die Fenster der Agentur. Gerade so, als wolle er sagen: »Lass mich rein, hier draußen ist es ungemütlich nass!«
    Wir hatten unseren Konferenzraum ausgeräumt, damit Sunny in aller Ruhe üben konnte. Es war ein herrlich großer Raum mit einer langen Fensterseite, Parkettboden in amerikanischer Kirsche und einem großen Besprechungstisch mit wuchtiger Buchenholzplatte, für den wir die gesamte Mannschaft gebraucht hatten, um ihn in Richtung Türseite zu tragen. Die Besprechungsstühle waren ebenfalls alle beiseite geräumt worden. Der Raum glich nun eher einem kleineren Tanzsaal.
    Große Räume wirken, gepaart mit einigen wichtig aussehenden Mitarbeitern, immer besonders seriös auf den Kunden. Man möchte ihm das Gefühl geben, dass sich alles nur um ihn dreht und er alleine eine ganze Mannschaft auf Trab hält – die er natürlich auch bezahlen muss. Wir hatten den aus dem Desk-Top-Publishing stammenden Leitsatz WYSIWYG – W hat Y ou S ee I s W hat Y ou G et – für uns umgemünzt. Wenn der Kunde einen großen Zirkus um sein Produkt haben

Weitere Kostenlose Bücher