Koestlbachers erster Fall
auffallen. Aber wenn nur
eine Handvoll Leute da sind, wo sollst du da dann unbemerkt stehen?
So sehr die Rosi auch immer wieder
Zoff mit ihrem Manu gehabt hatte, weil der mit der Knete nicht zufrieden war,
die sie nach einer Schicht bei ihm ablieferte. Aber es gab auch viele schöne
Momente mit dem Manu. Und im Bett, das war er eine Rakete. Dagegen waren alle
Freier zusammen nur dürftige Vorspeisen. Der Hauptgang war immer ihr Manu.
Der wusste, was ihr gut tat und der setzte dieses Wissen auch ein. Kein
einziges Mal hatte sie sich ihm verweigert, zu welcher Tages- oder Nachtzeit
auch immer er bei ihr auf der Matte stand. Sie hätte dann das Gefühl gehabt,
etwas versäumt zu haben.
Andere Frauen bekommen ihre
Migräne, wenn sie keine Lust haben oder brechen einen Streit vom Zaun, damit
ihren Männern die Lust vergeht. Nicht so die Rosi! Nicht so die Rosi mit dem
Manu! Die Rosi bekam höchstens mal Migräne, wenn der Manu sie ein paar Tage
vernachlässigen musste, weil der ›geschäftlich‹ in Tschechien, Frankfurt oder Berlin.
Am besten verstand sich die Rosi
momentan mit der Monika und der Dusana. Die zwei quasi ähnliches
Schicksal wie sie.
Und gleiches Leid verbindet fast
genauso wie gemeinsame Freude. Wenn du mit Freunden gemeinsam was unternimmst
und ihr habt alle zusammen Spaß, eine tolle Party, ein gelungener Urlaub
in Italien, dann immer positive Erinnerung an Freunde, sobald du an diesen
Spaß zurückdenkst. Wenn du mit Freunden was Negatives erlebt hast, einen
Autounfall, eine Razzia, als ihr gemeinsam am Gras rauchen gewesen
seid, einen verregneten Urlaub oder so, dann hast du so ein Event unter ›üble Erfahrungen‹ in deinem Gedächtnis
abgespeichert. Auch wenn deine Freunde, die dieses weniger tolle
Erlebnis mit dir geteilt haben, gar nicht an dem Desaster schuld waren. Sie
sind fortan auch negativ behaftet, quasi im Schlepptau des Ereignisses an sich.
Von unseren Mädels im ›Studcafé‹ zwar keine Psychologiestudentin,
aber irgendwie doch bewusst, dass im Falle von der Rosi, der Moni und der
Dusana irgendwie beides zusammen kam. Alle hatten sie positive
Erinnerungen, was ihre ermordeten Liebhaber anging. Gleichzeitig hatte das
Leben an der Seite von Zuhältern auch Zeiten mit sich gebracht, in denen sie
ihnen die Pest an den Hals wünschten. Die Dusana passte in diesem Zusammenhang
zwar nicht ganz ins Bild, aber als quasi Untermieterin von der Monika und dann
von der Rosi war sie in das Geschehen zumindest in den vergangenen Wochen
weitgehend mit eingebunden. Deshalb seit einigen Tagen auch immer mit dabei,
wenn die zwei anderen im ›Studcafé‹ der Rosi abhingen und mit einer Trauermine ihren Latte schlürften. Die Irmi
wurde von ihnen nicht etwa ausgeschlossen, weil als Ehefrau eines lebenden
Mannes keine Trauer angesagt. Die machte sich ganz von selbst rar in dieser
sonst so lebenslustigen Frauengesellschaft, in der ein Lächeln oder gar ein
Lachen aber jetzt zur Ausnahme geworden war.
Was die Irmi trotz der dicken
Freundschaft, die sie mit der Moni und der Rosi verband, den beiden noch nie
erzählt hatte, und auch sonst niemandem, das hättest du dir bestimmt auch
nicht von der Irmi gedacht: Die Irmi war mit dem Philip Knecht zusammen, als
der noch lebte.
Ich weiß schon, die Irmi kann
nicht mit dem Phil zusammen gewesen sein, weil sie schon eine ganze Reihe
an Jahren länger mit dem Albert verheiratet ist. Aber das mit der Irmi, das war
immer schon etwas kompliziert. Den Albert hat sie geheiratet, weil dadurch
quasi perfekte Tarnung ihres Doppellebens als eine vom Gewerbe, auch wenn
sie als solche nur Teilzeit und so. Mit dem Albert an ihrer Seite, da konnte
sie jedes Gerücht, und da war immer wieder mal eines im Umlauf,
entkräften, weil die Irmi OP-Schwester und verheiratet und somit unmöglich
›gewerblich!‹ So zumindest denkt im päpstlichen Regensburg jeder, der noch
an ein Berufsethos und die Ehe glaubt, auch wenn die Gläubigen sogar hier immer
weniger werden, weil Kirche diverse Skandale und so.
Kann schon sein, dass mit den ans
Tageslicht gekommenen Kindesmissbrauchsfällen der Glaube an die Moral ganz
allgemein erschüttert worden ist, aber die Irmi nie verwickelt, und Verbindung
zum Klerus höchstens gewerblich. Allerdings auch das eher selten, weil
Klerus eigene Spezies und in vielfacher Weise anders orientiert.
Ihre Freundinnen haben die Irmi im ›Studcafé‹ mehr vermisst, als
sie es sich eingestehen wollten, weil die Irmi einfach immer wieder
gewusst, wie
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