Kohärenz 03 - Time*Out
diesen Film produziert.«
»Das ist nicht der Punkt«, erwiderte Christopher heftig. »Der Punkt ist, dass Bryson mich kennt! Er wollte mal mein Leben verfilmen ... das heißt, diese Geschichte mit dem Bankvirus damals.« Er hielt einen Moment inne, als glitten seine Gedanken davon, dann fing er sich wieder und sagte: »Du bringst uns in Gefahr. Nicht genug, dass wir uns an einem Ort verstecken, der vor Leuten und Kameras nur so wimmelt, du hängst dich auch ins Internet, als sei alles in Ordnung, bloß weil du für eine eingebildete Schauspielerin schwärmst –«
»Jetzt mal halblang, junger Freund«, unterbrach Guy ihn verärgert. Im nächsten Moment war schon die heftigste Diskussion zwischen den beiden im Gange darüber, wie sicher oder unsicher Guys Internet-Anschluss war. Sie warfen sich gegenseitig Begriffe wie Proxyserver, Mix-Kaskaden, Deanonymisierung und Diffie-Hellmann an den Kopf, wie Leute, die sich in Filmen prügelten, einander Whiskeyflaschen über die Schädel zogen.
Als Christopher nach seinem Computer griff und erklärte: »Pass auf, ich zeig dir mal was!«, stand Serenity auf und meinte: »Sagt Bescheid, wenn ihr fertig seid mit eurer Klopperei.« Sie beachteten sie gar nicht.
Männer! Serenity verließ das Wohnmobil, ließ die Tür laut und deutlich hinter sich zufallen. Draußen stieg sie erst mal auf den Erdwall rings um die Stellplätze, um die Nase in den Wind zu halten und das nahe Meer zu riechen.
Sie atmete tief durch und schloss die Augen. Sie wäre gern das Gefühl losgeworden, dass die Dinge ringsum zerfielen. Dass sie sich in einer Welt bewegte, deren Gewissheiten sich jeden Augenblick als Illusionen erweisen würden. Es gelang ihr nicht. Das war doch alles sinnlos. Sie suchten nach einer Nadel im Heuhaufen. Nein, schlimmer – von einer Nadel hätten sie wenigstens gewusst, wie sie aussah!
Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie das alte Ehepaar an seinem Klapptisch sitzen und Kaffee trinken. Sie winkten ihr lächelnd zu. Serenity winkte zurück. Schließlich wäre alles andere verdächtig gewesen, nicht wahr?
Traurig, in solchen Kategorien denken zu müssen, fand sie. Sie drehte eine Runde um den Campingplatz, noch eine und noch eine, wie ein Tier in einem Käfig. Nein, überlegte sie, das war nicht das richtige Bild. Eigentlich hatte sie das Gefühl, auf einer abschüssigen Strecke dahinzugleiten. Noch war nichts passiert – aber sie wurde immer schneller, und je länger es bis zum Aufprall dauerte, desto schlimmer würde es werden.
Irgendwann streckte Guy den Kopf aus dem Wagen. Er wartete, bis sie das Wohnmobil erreicht hatte, und sagte dann mit ausgesprochen bedröppeltem Gesichtsausdruck: »Du kannst wieder reinkommen.«
Serenity blieb stehen. »Was heißt das?«
Guy seufzte. »Dass Christopher recht hat. Natürlich hat er recht.« Er schlurfte zum Heck des Wohnmobils und öffnete eine Klappe, hinter der allerhand Pumpen und Rohrleitungen steckten. Er legte einen dicken Schalter an einem schwarzen Metallkasten um. Die roten Lämpchen auf der Vorderseite, von denen eines unregelmäßig geflackert hatte, erloschen.
»Aus«, kommentierte Guy. »Von jetzt an sind wir ohne Netz.« Er seufzte. »Was sich anfühlt, als würden mir die Augen verbunden.«
Sie stiegen wieder ein. Christopher saß immer noch am Tisch, starrte bedrückt auf den Bildschirm vor sich. Den Streit gewonnen zu haben, schien ihn nicht zu freuen.
Serenity setzte sich neben ihn, strich ihm über den Arm. Er lächelte sie an, halb traurig, halb dankbar.
Guy zog derweil schnaubend und prustend sein Hemd aus, brummte etwas von einer verdammten Hitze, die hier drinnen herrsche. Er tappte nach hinten, wo seine Klamotten in einer Ecke seines Bettes auf einem Haufen lagen. Serenity betrachtete seinen nackten Oberkörper. Dafür, dass er solch ein Computerfreak war, sah Guy schon beinahe durchtrainiert aus. Jedenfalls waren das mehr Muskeln als Fett, und –
»He«, murrte Christopher. »Frag ihn doch gleich nach 'nem Autogramm.«
Sie sah ihn überrascht an. Er war eifersüchtig, weil sie anderen Männern nachsah! Wie süß. Das verlangte natürlich nach einem schnellen Kuss.
Guy streifte sich ein schwarzes T-Shirt über, und als er damit an den Tisch zurückkam, konnten sie den Spruch sehen, der vorne draufgedruckt war: Wer zum Teufel ist Computer-Kid?
Guy grinste. »Was bleibt mir anderes übrig, um meine Würde zu wahren, hmm?«
Christopher starrte den PentaByte-Man verblüfft an. »Ich dachte,
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