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Kohärenz 03 - Time*Out

Titel: Kohärenz 03 - Time*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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zog sich schon das T-Shirt über den Kopf.

68

    Als Guy zurückkam, saßen sie wieder am Tisch vor dem Computer, als sei nichts gewesen. Serenity grinste in sich hinein: Das Heimliche daran machte die Sache nur noch reizvoller!
    »Na?«, fragte Guy, als er die Stufen hochstieg. »Alles klar?«
    »Alles bestens«, erwiderte Christopher. Für Serenitys Geschmack klang er fast verräterisch satt und zufrieden.
    »Schön, schön.« Guy streifte sein Jackett ab, hängte es auf einen Bügel und ließ sich dann ächzend auf seinen Sitz fallen. »Ich sag's euch: Diese Sophie Lanier – das ist eine Diva! Das muss man echt erlebt haben. In ihren Filmen spielt sie immer das zuckersüße Mädchen mit den großen Augen, aber in Wirklichkeit ist sie ein anspruchsvolles, scharfzüngiges Biest...« Er seufzte sehnsüchtig. »Einfach hinreißend.«
    »Du hast sie also tatsächlich gesehen?«, fragte Serenity.
    »Gesehen? Ich bin mit ihr im Aufzug gefahren! Ich hab so getan, als sei ich Hotelgast, und zwar der aus dem Zimmer neben ihr.« Er klopfte sich grinsend an die Unterschenkelprothese. »Ich überspiel die Aufnahmen gleich, dann kann ich's euch zeigen.«
    Er klappte seinen Computer auf und machte sich an die Arbeit. Zu Serenitys Erleichterung musste er seinen Fuß dazu nicht abnehmen; das Überspielen ging offenbar per Funk vor sich.
    »Woher hast du eigentlich gewusst, wann sie kommt und welches Hotelzimmer sie hat?«, wollte Christopher wissen.
    Guy grinste zufrieden, während er seine Befehle tippte. »Ich sag nur Tabletcomputer. Ich liebe die Dinger! Alle Regieassistenten synchronisieren permanent ihre Daten. Also bin ich mit eingeschaltetem Sniffer gemächlich an einem ihrer Sets vorbeigefahren, und bingo!«
    Serenity runzelte die Brauen. »Bingo? Ich verstehe nur Bahnhof!«
    Guy sah sie an. »Die Computer der Leute am Set sind so eingestellt, dass sie alle Dateien – Drehbuch, Drehplan, sämtliche organisatorischen Details, von denen es bei einer solchen Produktion natürlich Unmengen gibt – ständig miteinander abgleichen. Der Vorteil: Jeder ist jederzeit auf dem aktuellen Stand. Technisch läuft das über die berühmte ›Datenwolke‹. Das ist nichts anderes als eine blumige Umschreibung dafür, dass die Daten auf einem Server bei einem der großen Speicherplatzanbieter liegen. Für unsereinen sozusagen eine Einladung.«
    Christopher gab einen ächzenden Laut von sich. »Heißt das, du gehst von deinem Rechner hier einfach ins Internet?«
    »Na klar«, erwiderte Guy.
    »Du bist auf der Flucht, surfst aber unbekümmert durchs Netz?« Christopher war regelrecht aufgebracht. »Und da wunderst du dich, dass du immer wieder aufgespürt wirst?«
    »Keine Sorge«, sagte Guy gelassen. »Ich gehe natürlich über ein Onion-Routing-Netz.« Er grinste Serenity an. »Das heißt, dass meine Datenpakete nicht rückverfolgbar sind. Ich bin seit Genf etwas vorsichtiger geworden.« Er drehte seinen Computer so herum, dass sie alle auf seinen Schirm blicken konnten. »Hier. Giuseppe Forti meets Sophie Lanier.«
    Serenity beugte sich neugierig vor. Das Video zeigte den Blick aus einem Aufzug in eine Eingangshalle. Eine hochnäsige kleine Blondine, schneeweiß gewandet und von einem Tross Begleitern umschwirrt, kam rasanten Schrittes auf die Kamera zugestöckelt. Man hörte sie kurze Wortsalven in stakkatohaftem Französisch nach links und rechts abfeuern; sie schien es darauf anzulegen, so zickig wie möglich zu wirken.
    Guy sagte »Bonjour, Madame«. Der folgende Wortwechsel ließ alle Angenervtheit aus ihrem Gesicht verschwinden und ein berückendes Lächeln aufleuchten, als hätte jemand einen Schalter umgelegt.
    »Ich hab ihr nur angeboten, sie mitzunehmen«, erklärte Guy amüsiert. »Wie sie lächelt, hmm? Dritte Etage, sagt sie. Darauf ich: Trifft sich gut, da wohne ich auch.«
    »Mist«, stieß Christopher hervor. »Ich hab's geahnt.«
    »Was?«, fragte Serenity irritiert.
    »Halt an«, sagte er an Guy gewandt. »Geh ein Stück zurück. Noch ein bisschen. Da!« Er deutete auf das Gesicht eines Mannes, das kurz hinter der Schulter der Schauspielerin auftauchte, als sich alle in den Fahrstuhl drängten. »Das ist Bryson.«
    »Sir Richard Bryson?« Guy beugte sich vor, betrachtete das stillstehende Videobild. »Tatsächlich. Hab ich gar nicht drauf geachtet.« Er legte den Kopf schräg, grinste. »Dieser graue Spitzbart, die langen Haare – er sieht selber ein bisschen wie ein Pirat aus, findet ihr nicht? Kein Wunder, dass er

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