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Kohärenz 03 - Time*Out

Titel: Kohärenz 03 - Time*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Pass mehr.«
    »Wer käme noch infrage?«, bohrte Christopher weiter. »Ein Arbeitgeber?«
    »Ich war immer selbstständig.«
    »Was ist mit der Universität? Du warst am CalTech. Amerikanische Unis führen Verzeichnisse ihrer Ehemaligen. Auch online.«
    »Stimmt. Da wird man aufgefordert, ein Bild einzureichen. Fürs Jahrbuch und die Alumni-Datenbank. Hab ich aber nie gemacht.«
    »Bist du sicher?«
    »Es gibt nur die Seite, auf der mein Projekt beschrieben ist. Und dort steht lediglich, dass ich sechs Monate lang meinen Alltag ins Internet übertragen habe, Punkt. Kein Foto von mir.«
    Christopher kniff die Augen zusammen. »Wann hast du diese Seite das letzte Mal gesehen?«
    »Ist eine Weile her. Aber die hat sich in zwanzig Jahren nicht geändert.«
    »Kommt«, sagte Christopher.
    Er bahnte sich einen Weg durch die Menge, steuerte auf die Kneipe zu, die gleichzeitig Internet-Café war. Serenity und Guy folgten ihm.
    Von innen wirkte das Bistro genauso dubios wie von außen. Die Einrichtung bestand aus zerschrammten Tischen, nicht zueinanderpassenden Stühlen und einer uralten Theke. Verstaubte Figuren aus Filz und Pappmaschee baumelten von der Decke – Hexen auf Besen, Gnome mit Bärten und Spitzhüten. In einem Netz hingen knöcherne Kiefer von Tieren, die Hunderte scharfer Zähne besaßen.
    Und es roch. Nach Bier, nach Frittierfett und nach Rauch, der sich in den Jahrzehnten vor dem Rauchverbot in die Wände und die Holzdecke geätzt hatte. Es würde weitere Jahrzehnte dauern, ehe er dort wieder herausgedünstet war.
    Der Wirt war ein magerer Mann mit müden Augen, die er verständnislos aufriss, als Christopher ihn auf Englisch ansprach. Immerhin, das Stichwort »Internet« erkannte er. Er deutete auf einen Durchgang, hinter dem ein PC mit einem vergilbten Monitor stand, und sagte: »Thirty minutes – one Euro!«
    Sie brauchten keine dreißig Minuten. Sie brauchten nicht mal fünf. Christopher rief die Webseite des California Institute of Technology auf, klickte sich durch das Archiv der Studentenprojekte und landete auf der Seite, die Guys damaliges Projekt beschrieb.
    Sein Name stand dabei: Giuseppe Forti (CH). Darunter sein Geburtsdatum und von wann bis wann er am CalTech studiert hatte.
    Über all dem prangte ein Foto von ihm. Eine richtig gute Porträtaufnahme, auf der er etwa zehn Jahre jünger war als heute.
    Am unteren Rand, in kleiner Schrift, war angezeigt, wann die Seite das letzte Mal aktualisiert worden war. Am achtzehnten März.

70

    In weiter Ferne, draußen, knallte es wieder. Mehr bekam man von den Dreharbeiten hier drinnen nicht mit.
    »Und was heißt das jetzt?«, fragte Serenity.
    »Dass wir auf dem Holzweg waren«, sagte Christopher. »Wir haben die ganze Zeit gedacht, dass kurz vor dem Stichtag etwas passiert sein muss, was die Kohärenz auf Guys Spur gebracht hat. Dabei ist es genau umgekehrt. Die Kohärenz ist schon lange vorher auf ihn aufmerksam geworden. Sie hat nur nicht gewusst, wer er ist. Bis am achtzehnten März sein Bild und sein Name zusammengekommen sind.«
    Vorne in der Bar lachte jemand. Gläser klirrten. Serenity merkte, dass ihr von dem alles durchdringenden Geruch nach Rauch allmählich übel wurde.
    »Ich kapier's immer noch nicht«, gestand sie.
    Jetzt musterte Christopher sie forschend. In dem Halbdunkel, nur beleuchtet vom flimmernden Widerschein des Computerbildschirms, wirkte sein Gesicht fahl. »Okay. Ich stelle mir das so vor: Die Kohärenz hatte ein Bild – vermutlich von einer Überwachungskamera aufgezeichnet. Auf diesem Bild ist eine Person abgebildet, wie sie etwas sieht, was der Kohärenz gefährlich werden könnte. Aber die Kohärenz hat keine Ahnung, wer diese Person ist. Bis am achtzehnten März jemand beim CalTech dachte, er tut ein gutes Werk, wenn er die uralten Studienprojekte um fehlende Porträts ergänzt. Vielleicht sind jemandem, der Guy damals kannte, beim Aufräumen alte Fotos in die Hände gefallen und er hat sich gesagt, hey, das ist doch Giuseppe Forti, der Freak mit dem Videohelm! Eine Schande, dass es von dem nicht mal ein Foto im Jahrbuch gibt. Ich scann das ein und sag dem Admin der Uni Bescheid! Wie auch immer, auf einmal steht Guys Foto neben seinem Namen. Und weil die Kohärenz mit den großen Suchmaschinen vernetzt ist, deren Computer das Internet unablässig nach neuen oder geänderten Seiten durchkämmen, kriegt sie das kurz darauf mit. Software zur Gesichtserkennung stellt eine Verbindung zwischen Guy und dem Bild des

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