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Kohärenz 03 - Time*Out

Titel: Kohärenz 03 - Time*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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blieb in einem Nebenstollen, während die anderen durch die Gegend hetzten. Er hörte das Wummern der Motoren, die das Tor der Halle öffneten. Eigenartig; die Luft in den Gängen roch anders, wenn das Tor offen stand. Man roch die Wüste. Ein Geruch, den die Belüftungsanlage normalerweise ausfilterte.
    Christopher horchte in sich hinein. Das Gefühl, das sich seit dem Streit mit Jeremiah Jones in ihm breitgemacht hatte, kannte er gut; es war ihm vertrauter als die meisten anderen Gefühle: allein zu sein mit einem Problem. Niemanden zu haben, an den er sich wenden konnte. Auf seine eigenen Fähigkeiten angewiesen zu sein. Es war ihm nur zu vertraut, dieses fiebrige Schwirren seiner Gedanken, wenn sie um eine ungelöste Frage kreisten.
    Er ließ den Kopf nach hinten sinken, gegen die Wand. Wieder die Motoren. Das Tor schloss sich wieder. Jones und seine Begleiter waren unterwegs.
    Die anderen kamen die Treppen herauf, gingen in den Speisesaal. Er hörte sie diskutieren, durch die Tür hindurch; ein dumpfes, aufgeregtes Gemurmel, das klang, als redeten dreimal so viele Leute durcheinander, wie in Hide-Out lebten.
    Schließlich stand er auf und machte sich auf die Suche nach seinem Vater. Er fand ihn in der Werkstatt, allein, ein einsamer Bastler in einer Lichtinsel in einem ansonsten dunklen Raum. Im Halbdunkel wirkten die Drehbänke, Bohrmaschinen und Bandschleifer wie eine Herde schlafender Tiere.
    Dad lötete an einer Platine herum. Er sah kaum auf, als Christopher neben ihn trat.
    »Was ist das?«, wollte Christopher wissen.
    »Was denkst du denn, dass es ist?«, fragte Dad zurück, hingebungsvoll damit befasst, das zweite Bein eines Kondensators festzulöten. »Sollte für jemanden, der Upgrader-Chips analysiert, doch kein Problem sein.«
    Christopher betrachtete die Platine, all die Dioden, Transistoren und Widerstände. Er studierte den Verlauf der Leiterbahnen und versuchte, sich das Ganze als Schaltplan vorzustellen.
    »Eine Steuerung«, befand er. »Könnte aus einer Waschmaschine stammen.«
    Jetzt sah Dad auf. »Nicht schlecht. Ja. Aus der großen, für die Bettwäsche. Steinaltes Teil, aber robust. Im Wesentlichen war nur ein Kondensator durch.«
    Er blies ein paar Lötzinntröpfchen fort, hob die Platine hoch und betrachtete sie mit sichtlicher Befriedigung.
    »Wieso bist du nicht bei den anderen?«, wollte Christopher wissen.
    »Liz hat gesagt, es sei dringend. Die Wäsche türmt sich schon.« Er legte die Platine beiseite, auf ein Stück metallisierten Schaumstoff, und sank dabei ein wenig in sich zusammen. »Und was soll ich dort? Ich hab keine Lust, über die Kohärenz zu diskutieren. Ich weiß, wie es ist, in der Kohärenz zu sein. Es reicht mir, dass das wieder auf mich zukommt. Bis dahin mach ich lieber andere Sachen, als daran zu denken.«
    Christopher starrte ins Halbdunkel. Es gab Momente, in denen er es geradezu herbeisehnte, in der Kohärenz aufzugehen. All die Probleme loszuwerden, die ein Leben als einzelnes Individuum mit sich brachte.
    »Ich wollte dich dazu etwas fragen«, sagte er.
    Dad begann, den Lötkolben zu reinigen. »Wenn es sich nicht vermeiden lässt ...«
    »Die Bombenanschläge. Die Jeremiah Jones und seinen Leuten angelastet werden.«
    »Ja?«
    »Worum ging es der Kohärenz dabei? Was waren das für Daten, die sie unbedingt aus der Welt schaffen wollte?«
    Dad legte die Putzwolle beiseite, lauschte in sich hinein. »Weiß ich nicht«, sagte er.
    »Erinnerst du dich, ob du es mal gewusst hast?«
    »Nein.«
    Sein Blick bekam etwas Entrücktes. Christopher schwieg, beobachtete ihn, wartete.
    »Es war irgendwie wichtig, enorm wichtig«, fuhr Dad fort nach einer kleinen Ewigkeit, die er in seinen Erinnerungen unterwegs gewesen war. »Das weiß ich noch. Es ging um bestimmte Datenbestände, um die die Kohärenz sich Sorgen machte. Riesige Datenbestände, so umfangreich, dass sie in New Jersey auf gleich drei Firmen verteilt gelagert waren. Die musste man alle gleichzeitig ausschalten. Es musste alles schnell gehen und es durfte nichts schiefgehen.« Er blickte Christopher an. »Mehr weiß ich nicht.«
    »Riesige Datenbestände? Was heißt das in Zahlen? Ungefähr?«
    »Enorm. Eine halbe Million Gigabyte, eher mehr. Und davon durfte nichts übrig bleiben, nicht ein Bit.«
    »Und du hast keine Ahnung, worum es bei diesen Daten ging?«
    »Nicht die geringste.«
    Eigentümlich. Was für eine Gefahr mochte die Kohärenz in irgendwelchen Daten gesehen haben? Wer häufte überhaupt

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