Kohärenz 03 - Time*Out
Erleichterung.
34
Der Lifehook war der Hammer. Man konnte es nicht anders sagen.
Brad bekam eine erste Ahnung davon, was es bedeutete, einen Lifehook zu tragen, als er das Center verließ und sich fragte, wie spät es wohl inzwischen war.
Elf Uhr sieben, hörte er sofort, schneller, als er auf die Uhr hätte schauen können.
Nein, eigentlich hörte er das nicht. Es war so ähnlich, aber trotzdem nicht mit einer echten Stimme zu verwechseln. Eher, als säße ein kleiner dienstbarer Kobold im Inneren seines Kopfes, bereit, ihm alles einzuflüstern, was er wissen wollte.
Und so war es ja. Als Brad merkte, dass er Hunger auf einen Hamburger hatte – kein Wunder, er hatte heute Morgen vor Aufregung kaum gefrühstückt –, wisperte ihm die unhörbare Stimme die Namen von drei Schnellimbiss-Restaurants in der Nähe zu. Irgendwie wusste Brad gleich darauf sogar die Wege dorthin.
Und er brauchte nur zu denken: Pete?, um im nächsten Augenblick die Stimme seines Freundes in seinem Kopf zu hören: Hi, Brad!
Das Ding ist der Hammer, dachte Brad, sagte es, ohne es zu sagen.
Gelächter. Meine Worte!
Und aus. Kein langes Hallo, kein langes Tschüss – beides war unnötig, weil man durch den Lifehook praktisch ständig beisammen war.
Genial. Brad stieg in seinen Wagen. Als er den Motor anließ, wusste er plötzlich, dass es auf dem Weg, den er nehmen wollte, einen Stau wegen eines Unfalls gab. Die Alternativroute hatte er auch gleich parat. Wirklich genial.
Und irgendwie zugleich unheimlich.
Pete?
Ja?
Kann man das eigentlich auch abstellen?
Wozu?
Tja – wozu? Praktisch war es, keine Frage. Trotzdem war sich Brad auf einmal nicht mehr sicher, das Richtige getan zu haben.
Ich glaube, ich würde mich einfach besser fühlen, wenn ich wüsste, dass ich es abstellen kann, falls es mir zu viel wird.
Mildes, wohlwollendes Amüsement. Das ist nur, weil du es noch nicht gewöhnt bist. Wart's ab.
Na gut. Immerhin war sein Lifehook erst knapp eine Stunde aktiv, da konnte man das Ganze wirklich noch nicht beurteilen. Und man konnte sich das Ding ja wieder entfernen lassen, kostenlos sogar. Das hatte er schriftlich.
Er aß einen Hamburger mit Pommes, dann hatte er genug Mut gesammelt, um an sie zu denken. Tiffany?
Brad!
Unglaublich, was in ihrer Antwort alles mitschwang! Ähnlich wie in einem normalen Gespräch, in dem nicht nur eine Rolle spielte, was jemand sagte, sondern auch, wie er es sagte, man dem Klang seiner Stimme anhörte, ob er gut drauf war oder schlecht, ob er sich ärgerte oder freute, sich langweilte oder skeptisch war ...
Nur, dass das, was über den Lifehook kam, viel intensiver war, viel farbiger, unglaublich viel reichhaltiger. Brad spürte bei Tiffany Erleichterung, Freude, Sympathie ... und Hoffnung.
Wollen wir uns sehen?, fragte Brad.
Ja. Gerne!
Ich bin gerade –
Weiß ich, unterbrach ihn Tiffany mit belustigter Nachsicht. In einer halben Stunde vor der Eisdiele? Im selben Moment, in dem sie das sagte, wusste Brad, welche Eisdiele sie meinte.
Okay, gab er zurück.
Magisch.
Wie schnell sich die Dinge auf einmal entwickelten! Der heutige Morgen, an dem er nervös zum Lifehook-Center aufgebrochen war, schien Ewigkeiten zurückzuliegen, in einem anderen, schon halb vergessenen Leben stattgefunden zu haben. Brad war, als habe ein ganz neues Leben begonnen, eines, in dem alles in rasendem Tempo geschah. Es war, als sei er bisher zu Fuß gegangen und säße auf einmal in einem Formel-eins-Rennwagen.
Wobei noch die Frage war, wer eigentlich am Steuer saß.
Als Brad vor der Eisdiele ankam, auf die Minute pünktlich, wartete Tiffany schon vor einer Reihe freier Parkplätze. Er hielt direkt vor ihr, stieg aus und musste sich räuspern, ehe er sagen konnte: »Hi, Tiffany.«
Er würde aufpassen müssen, das Sprechen nicht zu verlernen.
Sie sah ihn an. In ihren Augen leuchtete es. »Du hast es getan«, sagte sie. »Meinetwegen.«
»Ja«, sagte Brad.
Ohne Vorwarnung fiel sie ihm um den Hals und küsste ihn. Es wurde der umwerfendste Kuss seines Lebens.
Brad spürte ihre Arme um seinen Körper. Er spürte ihren Herzschlag, ihre Haut, roch ihr Haar, ihr Parfüm, ihren Atem. Vor allem aber spürte er nicht nur ihre Lippen auf den seinen, sondern spürte auch, wie sie ihn spürte, spürte, wie sie spürte, wie er sie spürte, und immer so weiter, in einer Spirale ohne Ende, die sich aufschaukelte und aufschaukelte, bis er sich kaum noch auf den Beinen halten konnte.
Es war nicht übertrieben zu
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