Kohl des Zorns
Begriff sich zuzutragen, und er wollte sie auskosten. »Ich habe mich lediglich gefragt«, fuhr er bedächtig fort, »ob Sie sich bereits um eine Bau- und Planungsgenehmigung bemüht haben?«
Julian und Lukas wechselten schweigende Blicke.
»Ah«, sagte Julian.
»Ah«, sagte Lukas.
»Ah«, sagten die Ratsmitglieder, obwohl ihre Ahs einen ganz anderen Anlaß hatten.
»Genau, ah«, sagte Ratsmitglied/Baudezernent Clyde Ffog und grinste bis über beide Ohren.
Falls es im Guinness Buch der Rekorde jemals einen Eintrag für »Das höchste je an einen Baudezernenten gezahlte Schmiergeld« geben wird, dann wird darunter unzweifelhaft der Name Clyde Merridew Ffog als Empfänger stehen, früher wohnhaft in Brentford, inzwischen nach den Seychellen übergesiedelt.
»Würden die Gentlemen dann bitte zu mir in mein Büro kommen?« erkundigte sich der zukünftige Millionär und Höchstgestellte aller Hochgestellten.
Und unter dem entsetzten Stöhnen, dem ungläubigen Gemurmel seiner Kollegen und dem Klirren von Tomahawks geleitete Clyde Ffog die beiden jungen Riesenrindviecher aus der Ratsversammlung.
Kapitel 8
Um Punkt elf Uhr öffnete Neville verschlafen die Salonbartür des Fliegenden Schwans hinter der vorgelegten Sicherheitskette. Vorsichtig nahm er die Duftkugel von der Nase und sog prüfend die Luft draußen ein. Sie roch nach Fisch.
»Sie riecht nach Fisch!« murmelte der verwirrte Teilzeitbarmann.
»Das liegt daran, daß es Fisch ist«, grinste John Vincent Omally durch den Türspalt. »Mach auf, Neville.«
»‘tschuldige, John.« Der Teilzeitbarmann entriegelte die Kette und schlipp-schlappte zur Theke zurück.
Omally folgte ihm mit einer ausgebeulten großen Plastiktüte über der Schulter.
»Bei allen Heiligen, Neville«, sagte er, nachdem der Teilzeitbarmann die Duftkugel auf dem Tresen und sich dahinter postiert hatte, »du riechst wie die sprichwörtliche Handtasche einer Schwuchtel.«
»‘tschuldige nochmals«, sagte Neville. Er hielt ein poliertes Pintglas unter den Spund der Bierpumpe und zapfte eins vom Allerbesten. Er hielt das Glas ins Licht und begutachtete den Inhalt, der so rein und klar war wie das Gewissen eines Autors. »Entweder laufen die Gullys über«, sagte er und tippte sich mit einem freien Finger an die empfindlichen Nüstern, »oder irgend etwas anderes stimmt nicht.«
»Ich verstehe«, sagte Omally, der nichts verstand, und ließ sich auf seinem Lieblingsbarhocker nieder. Er hatte keinesfalls die Absicht, sich wieder einmal in ein endloses Gespräch über die ENP des Barmanns ziehen zu lassen. »Ich hab’ hier zwei Schönheiten«, begann er deswegen und deponierte die Plastiktasche auf dem Tresen. »Frische Flußforellen«, fügte er erklärenderweise hinzu, setzte das Glas an die Lippen und nahm den ersten Schluck des Tages.
Neville hielt einen Augenblick lang inne und beobachtete den Iren. Sein ganzer Tag stand und fiel mit dem Ergebnis von Omallys erstem Schluck.
»Reinste Magie«, sagte John, nachdem er das Glas abgesetzt und mit den Lippen geschmatzt hatte. Ein weiterer tiefer Zug, ein weiteres: »Magie.«
Neville entspannte sich. »Immer noch zehn Bobs pro Pfund, nehme ich an?«
»Ganz genau. Und das hier sind zwei ausgewachsene Sechspfünder.«
Neville beäugte Omally mißtrauisch und nahm seine Taschenwaage hervor.
»Na ja, fünf mindestens. Von Hand gefüttert, mit Hanfsamen und Maden.«
»Aber nicht von Hand mit Sand vollgestopft wie die beiden anderen, die du mir verkauft hast?«
Omally lächelte sein gewinnendstes Lächeln und trank von seinem Bier. »Daß du auch immer deine kleinen Witzeleien vom Stapel lassen mußt«, sagte er zwischendurch.
»Und du deine. Diesmal allerdings nicht auf meine Kosten, John.« Neville wog den Fisch, drehte die Kurbel der alten Registrierkasse, bis KEIN VERKAUF im Fenster erschien, und entnahm fünf druckfrische Ein-Pfund-Noten. »Soll ich dein Pint gleich verrechnen?« erkundigte er sich.
»Das wäre vielleicht etwas voreilig«, entgegnete John. »Jim wird jeden Augenblick eintrudeln.«
Neville bedachte Omally mit einem freundlichen Lächeln und wuchtete die beiden frischen Fische in den Eisschrank des Fliegenden Schwans.
In diesem Augenblick betrat der Alte Pete, Brentfords gartenbauernder Veteran und Staatsmann, die Salonbar. Wie immer folgte ihm der junge Halbterrier Chips dicht auf den abgelaufenen Hacken.
»Morgen, John«, sagte der Alte und gesellte sich zu Omally an der Theke.
»Morgen, Pete«, erwiderte
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