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Kolibri

Kolibri

Titel: Kolibri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Benvenuti
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sich gleich um die Ecke, deshalb konnte es nicht lange dauern. Hoffte sie.
    â€žIst das da vorn nicht unser geschätzter Kollege?“, fragte Bayerund deutete auf Paulus den Penner, der eben sein Motorrad aufbockte und den Helm abnahm. Sein Dreitagebart war akkurat gestutzt.
    Maria nickte. Paulus der Penner. Ein ehemaliger Sportmoderator, der im Zuge der Umstrukturierungsmaßnahmen, die die neue rechtskonservative Regierung im staatlichen Fernsehen durchgeführt hatte, zum Society-Berichterstatter aufgestiegen war. Noch einer, dachte Maria, der es einfach nicht kapiert hatte. Noch einer, der authentisch
und
makellos sein wollte. Sieh dir nur seine dämlichen Klamotten und diesen gestutzten Bart an.
    â€žWir sollten los“, sagte Bayer und schnappte sich die Kamera. „Wir sind ohnehin schon zu spät.“
    Maria hielt ihn zurück und sagte: „Eine Sekunde noch.“
    Bayer seufzte und stellte die Kamera wieder auf den Boden. „Du bist der Chef“, sagte er.
    Chefin, dachte Maria, sagte aber nichts.
    â€žDas gibt’s doch nicht!“, rief Joe plötzlich und deutete zum
Hotel de France
. Ein Streifenwagen raste mit Blaulicht die Taxispur hoch und blieb neben Paulus dem Penner stehen, der sich gerade die Haare im Seitenspiegel seines Motorrads zurechtzupfte. Mit einem dümmlichen Grinsen richtete er sich auf und ehe er sich’s versah, waren zwei Polizisten aus dem Auto gesprungen und hatten ihn an den Armen gepackt.
    â€žJetzt können wir gehen“, sagte Maria und klopfte Bayer auf die Schulter.
    Während sie zum Hotel trabten, überlegte sich Maria, mit welcher Frage sie das Interview mit Hermann Maier beginnen sollte. Denn dass sie dieses Interview bekommen würde, stand für sie nun außer Frage. Sie war nicht so weit vorgedrungen, um sich jetzt noch abwimmeln zu lassen. Vor dem Eingang, der von einer Art Glasfächer überdacht war, der angenehmen Schatten spendete, blieben sie stehen. Wenige Meter entfernt waren Paulus der Penner und die beiden Polizisten in eine lebhafte Diskussion verwickelt. Der Reporter brüllte irgendwelche Erklärungen, fuchtelte mit den Händen vorden Beamten herum und deutete mehrmals mit panischem Gesichtsausdruck auf seine protzige Armbanduhr. Als er Maria und ihr Team kommen sah, stöhnte er erleichtert auf und winkte sie heran. Maria ging einfach weiter, Bayer und Joe folgten ihr zögernd. Plötzlich ertönte hinter ihnen ein Schrei und als sie sich umdrehten, sahen sie, wie die beiden Beamten Paulus Handschellen anlegten. Offensichtlich hatte er dem falschen Polizisten die falsche Erklärung zugebrüllt.
    â€žSagen Sie den beiden Arschlöchern, dass Sie mich kennen!“, rief Paulus in Richtung Maria. „Ich hab meinen Presseausweis vergessen.“
    Maria musterte den Penner, verspürte einen Hauch von Mitleid, dann schüttelte sie den Kopf und sagte zu einem der Beamten: „Ich kenn den Mann nicht, tut mir leid. Aber er schaut gefährlich aus, wie ein Verbrecher.“
    Der Beamte nickte und zerrte den Penner, der wieder zu brüllen angefangen hatte und heftig um sich schlug, zum Streifenwagen. Nachdem der Wagen davongefahren war, räusperte sich Joe und tippte Maria auf die Schulter.
    â€žJa?“, sagte Maria.
    â€žDie Bullen“, sagte Joe und zuckte mit den Schultern.
    â€žJa?“
    Joe scharrte mit seinem Turnschuh am Boden herum. „Ich meine, dass die Bullen den Penner für den Räuber halten …?“
    â€žJa?“
    â€žNa ja, das ist doch Zufall, oder?“
    â€žVölliger Zufall“, sagte Maria.
    Joe lachte erleichtert auf und Bayer verdrehte die Augen.
    â€žAuf geht’s“, sagte Maria und trat auf die Schiebetüren zu, die sich öffneten. Während Bayer und Joe ein wenig zurückblieben, durchquerte Maria das Foyer und blieb vor der Rezeption stehen.
    â€žJa?“, sagte die Rezeptionistin, eine Frau in Marias Alter, und nahm ihren Blick vom Computerbildschirm.
    â€žIch hab einen Termin mit Hermann Maier“, sagte Maria.
    Die Rezeptionistin warf einen erneuten Blick auf den Bildschirm und nickte. „Paulus Penninger, ORF, vierzehn Uhr dreißig.“
    â€žGenau“, sagte Maria und lächelte.
    Die Rezeptionistin schaute auf und runzelte die Stirn. „Sind Sie …?“
    â€žEine Kollegin. Der Penner ist leider verhindert.“
    Die Rezeptionistin schürzte die Lippen. „Bitte,

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