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Kolibri

Kolibri

Titel: Kolibri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Benvenuti
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„He“, sagte er, „das ist gut. Bis jetzt hatte ich Arschloch, Wichser, Drecksack, Hetero, aber Hund ist wirklich gut.“
    Vor der Fußgängerunterführung blieb Maria stehen und schaute sich nach Alfons Bayer um, der, die Kamera in der einen und eine offensichtlich schwere Tasche in der anderen Hand, auf sie zuwankte.
    â€žVerlass ihn“, sagte Maria zu Joe.
    Joe schüttelte den Kopf. „Das Problem ist, es gibt auch schnuffelige Hunde.“
    â€žUnd er ist einer davon?“
    â€žUnbedingt.“
    â€žPech“, sagte Maria.
    â€žLiebe“, sagte Joe.
    Maria schnalzte mit der Zunge und schaute auf die Straße. An der Kreuzung warteten drei Autos bei Rot und dahinter stand ein Motorrad. Auf dem Motorrad saß ein seltsam vertrauter Mann mit einer schwarzen Lederhose und einer Lederjacke, über der er eine Safariweste trug. Auf dem Kopf hatte er einen schwarzen Vollvisierhelm, der ihm das Aussehen eines Filmmutanten verlieh. Paulus der Penner. Verdammt. Maria hielt Ausschau nach dem Kombi mit dem Logo des Konkurrenzsenders, in dem der Kameramann und der Ton-Assi unterwegs sein würden, aber sie sah ihn nicht. Ein wenig Zeit hatte sie also noch. Zeit, um …
    â€žGib mir ein paar Münzen“, sagte Maria und streckte die Hand aus. „Schnell!“
    â€žWozu denn?“, fragte Joe, der Bayer die Tasche abnahm und sich diese auf die andere Schulter wuchtete.
    Maria deutete zur Unterführung. „Ich muss schnell telefonieren.“
    â€žIst dein Handy kaputt?“ Er griff in die Gesäßtasche und streckte ihr ein flaches Motorola hin. „Hier, du kannst meines nehmen.“
    â€žIch kann nicht mit einem Handy telefonieren“, sagte Maria und schaute auf die Straße. Die Ampel sprang gerade auf Grün. Paulus der Penner würde ungefähr fünfzig Meter den Ring runterfahren, dann links abbiegen und auf der Taxispur bis direkt vors Hotel düsen. Viel Zeit hatte sie nicht mehr.
    â€žHast du die verdammten Münzen oder nicht?“, brüllte Maria.
    Joe zuckte zusammen, kramte in seinen Taschen herum und förderte ein paar Zehn- und Zwanzigcentstücke hervor. Maria schnappte sie und hastete die Treppen hinunter. So schnell es ihre Flipflops erlaubten, rannte sie zu einer der Telefonzellen. Dort angekommen, nahm sie den Hörer ab. Dann fiel ihr ein, dass sie für den Anruf, den sie gleich tätigen würde, gar keine Münzen brauchte.
    Pause.
    Sie lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand der nicht eben sauberen Kabine und fragte sich, ob sie nicht zu weit ging. Wolltesie so dringend weg aus dem Showbiz? War es so wichtig für sie, in die Nachrichtenredaktion aufzusteigen? Sie seufzte, denn die Antwort auf beide Fragen war ein klares Ja.
    Sie tippte die drei Ziffern ein und wartete. Eine Tonbandstimme bat sie um etwas Geduld, da alle Leitungen besetzt seien. Sie warf einen Blick auf ihr Handy: eine Minute nach halb drei. Die Tonbandansage begann von neuem. Maria las die Sprüche an der Kabinenwand. Einer lautete
Neger raus
. Sie zückte ihren fetten schwarzen Edding und schrieb
aus Afrika
daneben.
    â€žPolizeinotruf“, meldete sich eine freundliche weibliche Stimme „was kann ich für Sie tun?“
    Maria zögerte. Ja oder nein?
    â€žWollen Sie einen Vorfall melden?“
    Anita, eine Studienkollegin, fiel ihr ein. Sie hatten zusammen Vorlesungen besucht und mit miesen Jobs wenig Geld verdient. Für Maria gehörte das einfach dazu, man fing unten an und tat, was man tun musste. Anita hatte das anders gesehen. Wenn sie etwas für unter ihrer Würde angesehen hatte, und das kam ziemlich häufig vor, hatte sie es nicht gemacht. Anita studierte, soweit Maria wusste, immer noch.
    â€žIch glaube, ich habe den BILLA-Räuber gesehen“, sagte Maria. „Er fährt mit seinem Motorrad gerade zum
Hotel de France
.“
    â€žWo …?“
    Maria legte auf und atmete tief durch. Dann lachte sie aus vollem Hals, ging zurück zur Treppe, drückte einem Bettler die Münzen in die Hand und stieg die Stufen zum Schottenring nach oben, wo sie von einem ungeduldigen Alfons Bayer und einem gleichgültig in den blauen Himmel schauenden Joe empfangen wurde.
    â€žWen hast du angerufen?“, fragte Bayer mit demonstrativem Blick auf die Uhr.
    â€žHermann Maier“, sagte sie und blickte sich um. Noch war kein Streifenwagen zu sehen, aber die Rossauer Kaserne befand

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