Kolibri
zu trinken und zu schweigen. Alle paar Sekunden klingelte eines der vielen Telefone, Leute klopften ungestüm gegen die Tür des Truppentransporters, drauÃen war Geschrei zu hören, an den Geräten blinkten Lämpchen in allen Farben des Regenbogens auf. Drechsler, Kalina und Simon schwiegen und tranken und hingen ihren Gedanken nach.
Time out
.
SchlieÃlich, wie auf ein geheimes Zeichen hin, stellten alle drei ihre leeren TrinkgefäÃe aufs Pult, Kalina stapelte sie ineinander, Drechsler warf einen Blick auf den Fernseher, der die Fassade der Fabrik zeigte, die im gleiÃenden Licht der Scheinwerfer unwirklich wirkte, Simon nahm eines der schrillenden Telefone ab, lauschte ein paar Sekunden mit ernstem Gesichtsausdruck, nickte gewichtig und legte den Hörer auf. Weiter gehtâs.
âNeuigkeiten?â, fragte Drechsler.
Simon nickte. âVom polizeilichen Einsatzleiter.â
âGute?â, fragte Kalina.
Simon schüttelte den Kopf. âDurch die Detonation des Tränengasbehälters hat es anscheinend einen Kabelbrand gegeben.â
âEinen Brand?â, sagte Drechsler beunruhigt und stand vom Sessel auf.
âNichts Dramatischesâ, sagte Simon.
âEinen Brand in einer Chemiefabrik bezeichnen Sie als nichts Dramatisches?â
âLass ihn doch erst mal ausredenâ, sagte Kalina, der sitzen geblieben war und sehr ruhig und entspannt wirkte.
âDem Einsatzleiter zufolgeâ, fuhr Simon fort, âwurde der Behälter mit dem Tränengas in der Nähe des zentralen Telefonverteilers gezündet. Durch die Hitzeabstrahlung des Behälters ist dieser Verteiler offensichtlich zerstört worden.â
âDas heiÃt, wir haben keine Möglichkeit mehr, eine telefonische Verbindung mit dem Bombenleger herzustellenâ, sagte Drechsler.
âBombenleger und Geiselnehmerâ, sagte Kalina. âEr hat jetzt ziemlich sicher auch diese Frau in seiner Gewalt, vergiss das nicht.â
âWie könnte ich?â, sagte Drechsler und zwang sich ein gequältes Lächeln auf die Lippen.
âDer Brand ist eingedämmt?â, fragte Kalina.
Simon nickte. âDer ist nicht mal richtig ausgebrochen. Wir haben die Halle, so weit es geht, mit Infrarotkameras abgesucht. Keine Wärmeabstrahlung, die auf einen Brand hindeutet.â
âNun, zumindest fliegt uns die ScheiÃe nicht innerhalb der nächsten paar Minuten um Ohrenâ, sagte Kalina, erhob sich von seinem Klappstuhl und kratzte sich am Kinn.
âAmenâ, sagte Drechsler.
âWir holen sie da raus, keine Sorge.â
âIch mach mir aber Sorgenâ, sagte Drechsler.
Kalina legte ihm einen Arm um die Schulter und sagte: âKannst du dich noch an die Grundausbildung erinnern? Angst haben ist in Ordnung, erst wenn die Angst verhindert, dass du noch klar denken kannst, hast du ein Problem.â
Drechsler entzog sich Kalinas Arm und sagte: âIch weià immer noch nicht, wie das passieren konnte.â
âSie wollte die Ketteâ, sagte Simon.
Drechsler hob den Kopf und musterte den WEGA-Beamten. âDie Kette?â
âAls wir rein sind, haben wir die Frau zuerst gar nicht bemerkt. Offensichtlich ist sie bereits kurz vor uns in die Halle eingedrungen. Erst als wir schon beinahe vorne bei der Treppe waren, haben wir sie gesehen. Ich hab sie gepackt und versucht, sie nach drauÃen zu ziehen, dabei ist der Verschluss ihrer Halskette, so ein billiges Dingaus Holzblüten, aufgegangen. Sie hat sich von mir losgerissen und ist zurückgerannt, um die Kette zu holen. Ich bin ihr nach, es gab ein Handgemenge und irgendwie hat sie den Tränengasbehälter an meiner Weste erwischt. Plötzlich war alles voller Rauch.â Simon stockte und starrte an die Wand, seine Augen spiegelten das Entsetzen angesichts der auÃer Kontrolle geratenen Situation in der Fabrik wider.
âUnd dann?â, fragte Drechsler leise und spürte, wie ihm der Schweià über den Rücken lief.
âIch hab Befehl gegeben, die Halle sofort zu verlassenâ, sagte Kalina. âWir dachten, der Irre habe die Bombe gezündet.â
âUnd Maria?â
Simon zuckte mit den Schultern. âEs ging alles viel zu schnell. Dazu das Gas.â
Drechsler lieà sich schwer auf den Sessel fallen und rieb sich den Kehlkopf mit dem Handrücken. Dann wandte er sich an Simon und sagte: âUnd Sie sind sicher, dass sie wegen dieser Kette noch
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