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Kolibri

Kolibri

Titel: Kolibri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Benvenuti
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zu trinken und zu schweigen. Alle paar Sekunden klingelte eines der vielen Telefone, Leute klopften ungestüm gegen die Tür des Truppentransporters, draußen war Geschrei zu hören, an den Geräten blinkten Lämpchen in allen Farben des Regenbogens auf. Drechsler, Kalina und Simon schwiegen und tranken und hingen ihren Gedanken nach.
Time out
.
    Schließlich, wie auf ein geheimes Zeichen hin, stellten alle drei ihre leeren Trinkgefäße aufs Pult, Kalina stapelte sie ineinander, Drechsler warf einen Blick auf den Fernseher, der die Fassade der Fabrik zeigte, die im gleißenden Licht der Scheinwerfer unwirklich wirkte, Simon nahm eines der schrillenden Telefone ab, lauschte ein paar Sekunden mit ernstem Gesichtsausdruck, nickte gewichtig und legte den Hörer auf. Weiter geht’s.
    â€žNeuigkeiten?“, fragte Drechsler.
    Simon nickte. „Vom polizeilichen Einsatzleiter.“
    â€žGute?“, fragte Kalina.
    Simon schüttelte den Kopf. „Durch die Detonation des Tränengasbehälters hat es anscheinend einen Kabelbrand gegeben.“
    â€žEinen Brand?“, sagte Drechsler beunruhigt und stand vom Sessel auf.
    â€žNichts Dramatisches“, sagte Simon.
    â€žEinen Brand in einer Chemiefabrik bezeichnen Sie als nichts Dramatisches?“
    â€žLass ihn doch erst mal ausreden“, sagte Kalina, der sitzen geblieben war und sehr ruhig und entspannt wirkte.
    â€žDem Einsatzleiter zufolge“, fuhr Simon fort, „wurde der Behälter mit dem Tränengas in der Nähe des zentralen Telefonverteilers gezündet. Durch die Hitzeabstrahlung des Behälters ist dieser Verteiler offensichtlich zerstört worden.“
    â€žDas heißt, wir haben keine Möglichkeit mehr, eine telefonische Verbindung mit dem Bombenleger herzustellen“, sagte Drechsler.
    â€žBombenleger und Geiselnehmer“, sagte Kalina. „Er hat jetzt ziemlich sicher auch diese Frau in seiner Gewalt, vergiss das nicht.“
    â€žWie könnte ich?“, sagte Drechsler und zwang sich ein gequältes Lächeln auf die Lippen.
    â€žDer Brand ist eingedämmt?“, fragte Kalina.
    Simon nickte. „Der ist nicht mal richtig ausgebrochen. Wir haben die Halle, so weit es geht, mit Infrarotkameras abgesucht. Keine Wärmeabstrahlung, die auf einen Brand hindeutet.“
    â€žNun, zumindest fliegt uns die Scheiße nicht innerhalb der nächsten paar Minuten um Ohren“, sagte Kalina, erhob sich von seinem Klappstuhl und kratzte sich am Kinn.
    â€žAmen“, sagte Drechsler.
    â€žWir holen sie da raus, keine Sorge.“
    â€žIch mach mir aber Sorgen“, sagte Drechsler.
    Kalina legte ihm einen Arm um die Schulter und sagte: „Kannst du dich noch an die Grundausbildung erinnern? Angst haben ist in Ordnung, erst wenn die Angst verhindert, dass du noch klar denken kannst, hast du ein Problem.“
    Drechsler entzog sich Kalinas Arm und sagte: „Ich weiß immer noch nicht, wie das passieren konnte.“
    â€žSie wollte die Kette“, sagte Simon.
    Drechsler hob den Kopf und musterte den WEGA-Beamten. „Die Kette?“
    â€žAls wir rein sind, haben wir die Frau zuerst gar nicht bemerkt. Offensichtlich ist sie bereits kurz vor uns in die Halle eingedrungen. Erst als wir schon beinahe vorne bei der Treppe waren, haben wir sie gesehen. Ich hab sie gepackt und versucht, sie nach draußen zu ziehen, dabei ist der Verschluss ihrer Halskette, so ein billiges Dingaus Holzblüten, aufgegangen. Sie hat sich von mir losgerissen und ist zurückgerannt, um die Kette zu holen. Ich bin ihr nach, es gab ein Handgemenge und irgendwie hat sie den Tränengasbehälter an meiner Weste erwischt. Plötzlich war alles voller Rauch.“ Simon stockte und starrte an die Wand, seine Augen spiegelten das Entsetzen angesichts der außer Kontrolle geratenen Situation in der Fabrik wider.
    â€žUnd dann?“, fragte Drechsler leise und spürte, wie ihm der Schweiß über den Rücken lief.
    â€žIch hab Befehl gegeben, die Halle sofort zu verlassen“, sagte Kalina. „Wir dachten, der Irre habe die Bombe gezündet.“
    â€žUnd Maria?“
    Simon zuckte mit den Schultern. „Es ging alles viel zu schnell. Dazu das Gas.“
    Drechsler ließ sich schwer auf den Sessel fallen und rieb sich den Kehlkopf mit dem Handrücken. Dann wandte er sich an Simon und sagte: „Und Sie sind sicher, dass sie wegen dieser Kette noch

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