Kollaps
vereinigten, ganz anders als die Azteken mit ihrem Reich im Tal von Mexiko (die sich mit ihrer chinampa -Landwirtschaft und anderen Formen intensiven Anbaues ernährten) oder die Inkas mit ihrem Andenreich (deren vielfältige landwirtschaftliche Produkte von Lamas auf gut ausgebauten Straßen transportiert wurden). Armeen und Verwaltungsapparat der Maya blieben klein. (Noch viel später, im Jahr 1848, als eine Armee der Maya gegen die mexikanischen Machthaber revoltierte und kurz vor dem Sieg zu stehen schien, musste sie die Kämpfe abbrechen und nach Hause gehen, um die Maisernte einzubringen.) Viele Maya-Königreiche hatten eine Bevölkerung von nur 25 000 bis 50 000 Menschen, und mehr als eine halbe Million waren es nirgendwo; alle Bewohner lebten in einem Umkreis von zwei bis drei Tagemärschen um den Königspalast. (Die tatsächlichen Zahlen sind wiederum unter Archäologen heftig umstritten.) Von der Spitze der Tempel mancher Königreiche konnte man jeweils den Tempel des Nachbarreiches sehen. Die Städte der Maya blieben klein (meist mit einer Fläche von nicht mehr als zweieinhalb Quadratkilometern) und hatten weder die große Bevölkerung noch die gewaltigen Märkte wie Teotihuacan und Tenochtitlan im Tal von Mexiko oder wie Chan-Chan oder Cuzco in Peru. Ebenso gibt es keine archäologischen Anhaltspunkte für eine vom König verwaltete Lagerung und den Handel mit Lebensmitteln, die für das antike Griechenland und Mesopotamien charakteristisch waren.
Machen wir nun einmal einen Schnellkurs in MayaGeschichte. Das Gebiet der Maya gehört zu Mittelamerika, einer größeren Kulturregion der amerikanischen Ureinwohner, die sich ungefähr von der Mitte Mexikos bis nach Honduras erstreckt und (neben den südamerikanischen Anden) in der präkolumbianischen Neuen Welt eines der beiden Innovationszentren darstellte. Die Maya hatten viele Gemeinsamkeiten mit anderen Gesellschaften Mittelamerikas, und zwar nicht nur in dem, was sie besaßen, sondern auch in jenem, was ihnen fehlte. Heutigen Angehörigen der abendländischen Gesellschaft, deren Erwartungen aus den Kulturen der Alten Welt erwachsen, mag es beispielsweise überraschend erscheinen, dass es in den mittelamerikanischen Gesellschaften keine Metallwerkzeuge gab, keine Rollen, Räder und andere Maschinen (außer hier und da als Spielzeug), keine Boote mit Segeln, und keine Tiere, die groß genug waren, um Lasten zu tragen oder einen Pflug zu ziehen. Die großartigen Tempel der Maya wurden ausschließlich mit Werkzeugen aus Stein und Holz sowie mit menschlicher Muskelkraft errichtet.
Viele Bestandteile ihrer Kultur bezogen die Maya aus anderen Regionen Mittelamerikas. Landwirtschaft, Städte und Schrift entstanden beispielsweise zunächst außerhalb des eigentlichen Mayagebietes in den Tälern und in Küstenniederungen des Westens und Südwestens, wo Mais, Bohnen und Kürbisse domestiziert wurden und seit etwa 3000 v. Chr. wichtige Bestandteile der Ernährung darstellten. Keramik entstand um 2500 v. Chr. Dörfer gab es seit 1500 v. Chr. und die ersten Städte der Olmeken um 1200 v. Chr. Die Schrift tauchte erstmals um 600 v. Chr. bei den Zapoteken in Oaxaca auf, und die ersten Staaten entstanden um 300 v. Chr. Auch zwei einander ergänzende Kalender, ein Sonnenkalender mit 365 Tagen und ein ritueller Kalender mit 260 Tagen, entstanden außerhalb des Mayagebietes. Andere Elemente ihrer Kultur wurden von den Maya selbst erfunden, vervollkommnet oder abgewandelt.
Innerhalb des Mayagebietes tauchten Dörfer und Keramik um oder kurz nach 1000 v. Chr. auf, größere Bauwerke gab es seit 500 v. Chr. und die Schrift ungefähr seit 400 v. Chr. Alle erhaltenen schriftlichen Zeugnisse der alten Maya, insgesamt rund 15 000 Inschriften, befinden sich auf Stein oder Keramik und haben ausschließlich Könige, Adlige und ihre Eroberungen zum Inhalt. Einfache Leute werden kein einziges Mal erwähnt. Bei Eintreffen der Spanier schrieben die Maya ihre Bücher immer noch auf Rindenpapier, das mit Gips beschichtet war; die einzigen vier Werke, die den Verbrennungen des Bischofs Landa entgingen, waren Abhandlungen über Astronomie und ein Kalender. Auch früher besaßen die Maya solche Bücher aus Rindenpapier; diese sind häufig auf Keramikgegenständen dargestellt, aber nur aufgelöste Überreste davon haben sich bis heute in Gräbern erhalten.
Der berühmte Lange Kalender der Maya beginnt am 11. August des Jahres 3114 v. Chr. genau wie unser eigener Kalender am 1. Januar des
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