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Kollaps

Kollaps

Titel: Kollaps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Gräser, sodass sie sich auch auf Kiesböden ansiedeln können, die kaum Wasser zurückhalten. Weiter landeinwärts sind steile Berghänge und kalte, windige Orte in der Nähe von Gletschern selbst dann, wenn sie vor der Salzgischt geschützt sind, praktisch nacktes Gestein ohne Pflanzenbewuchs. Die weniger unwirtlichen Regionen des Landesinneren bringen vorwiegend eine heideähnliche Vegetation aus Zwergsträuchern hervor. Die besten Regionen - das heißt solche in geringer Höhe und mit gutem Boden, die windgeschützt liegen, gut bewässert werden und durch ihre Südlage viel Sonnenlicht abbekommen - tragen offene Gehölze aus Zwergbirken und Weiden sowie einigen Wacholderbäumen und Erlen. Die meisten Bäume sind höchstens fünf Meter hoch, in den allerbesten Lagen erreichen die Birken auch bis zu neun Metern.
    In Regionen, wo heute Schafe und Pferde weiden, bietet die Vegetation ein ganz anderes Bild, und ähnlich muss es auch zur Wikingerzeit gewesen sein. Auf feuchten Wiesen an sanften Abhängen, wie man sie beispielsweise rund um Gardar und Brattahlid findet, gedeiht üppiges, bis zu 30 Zentimeter hohes Gras mit vielen Blumen. Zwergweiden und Birken, die an manchen Stellen wachsen, werden von den Schafen kurz gehalten und erreichen eine Höhe von höchstens 50 Zentimetern. Auf trockenen, steileren und stärker dem Wetter ausgesetzten Feldern werden Gras und Zwergweiden nur wenige Zentimeter hoch. Nur wo Schafe und Pferde fern gehalten werden, wie beispielsweise innerhalb des Begrenzungszaunes rund um den Flughafen von Narsarsuaq, sieht man auch Zwergweiden und Birken von bis zu zwei Metern Höhe, die durch den kalten Wind von einem nahe gelegenen Gletscher verkrüppelt sind.
    Wie steht es mit den Wildtieren auf Grönland? Am wichtigsten für Wikinger und Inuit waren Land- und Meeressäugetiere sowie Vögel, Fische und wirbellose Tiere aus dem Ozean. Der einzige große landlebende Pflanzenfresser im früheren Wikingergebiet (wenn man von den Moschusochsen im hohen Norden absieht) ist das Karibu, das von den Lappen und anderen Ureinwohnern des eurasischen Kontinents als Rentier domestiziert wurde, nicht jedoch von Wikingern und Inuit. Eisbären und Wölfe beschränkten sich in Grönland praktisch vollständig auf Gebiete weit nördlich von den Wikingersiedlungen. Kleinere Wildtiere waren Hasen, Füchse, Landvögel (darunter als größte die Alpenschneehühner, Verwandte der Raufußhühner), Süßwasservögel (mit Schwänen und Gänsen als größten Arten) und Seevögel (insbesondere Eiderenten und Alke). Die wichtigsten Meeressäuger waren sechs verschiedene Robbenarten, die für Wikinger und Inuit wegen unterschiedlicher Verbreitung und Verhaltensweisen, die ich später noch genauer erläutern werde, von unterschiedlicher Bedeutung waren.
    Die größte dieser sechs Arten ist das Walross. An der Küste kommen auch verschiedene Walarten vor, die von den Inuit gejagt wurden, nicht aber von den Wikingern. In Flüssen, Seen und im Meer wimmelte es von Fischen, und die wertvollsten essbaren wirbellosen Tiere aus dem Ozean waren Krebse und Muscheln.
    Glaubt man den Sagas und mittelalterlichen historischen Aufzeichnungen, so wurde der schon mehrfach erwähnte heißblütige Norweger namens Erik der Rote um das Jahr 980 des Mordes angeklagt und gezwungen, nach Island auszuwandern. Dort tötete er bald darauf nochmals einige Menschen, und man vertrieb ihn in einen anderen Teil der Insel. Nachdem er abermals Streit angefangen und wiederum Menschen getötet hatte, wurde er ungefähr 982 für drei Jahre völlig aus Island verbannt.
    Da fiel Erik ein, dass ein gewisser Gunnbjörn Ulfsson viele Jahrzehnte zuvor auf einer Fahrt nach Island weit nach Westen vom Kurs abgekommen war und einige verlassene kleine Inseln ausgemacht hatte, die, wie wir heute wissen, unmittelbar vor der Südostküste Grönlands liegen. Auf den gleichen Inseln war um 978 auch ein entfernter Verwandter von Erik namens Snaebjörn Galti gewesen, der ebenfalls Streit mit seinen Schiffskameraden bekommen hatte und daraufhin ermordet wurde. Erik machte sich auf, um auf diesen Inseln sein Glück zu versuchen; in den folgenden drei Jahren erkundete er große Teile der grönländischen Küste, und dabei entdeckte er am oberen Teil der tief eingeschnittenen Fjorde gutes Weideland. Nach Island zurückgekehrt, zog er erneut in einem Streit den Kürzeren, und nun war er gezwungen, sich als Anführer einer Flotte von 25 Schiffen zur Besiedlung des neu entdeckten

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