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Kollaps

Kollaps

Titel: Kollaps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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verbitterter Bewohner aus der Gegend von Hamilton erklärte mir einmal: »Das Neureichenpack sieht man nur dann, wenn sie aus Neugierde wie Touristen in dichten Rudeln in die Stadt gehen.«
    Die Ankündigung der Baupläne für die Stock Farm war für manche langjährigen Bewohner des Bitterroot Valley ein Schock: Sie prophezeiten, niemand werde so viel Geld für eine Parzelle in dem Tal bezahlen, und die Grundstücke würden unverkäuflich bleiben. Wie sich herausstellte, hatten die Alteingesessenen Unrecht. Auch früher hatten Reiche aus anderen Staaten einzelne Immobilien in dem Tal gekauft, aber die Eröffnung der Stock Farm war ein symbolischer Meilenstein, weil nun so viele wohlhabende Käufer gleichzeitig hier Land erwarben. Die Stock Farm machte allen klar, um wie viel wertvoller das Land in dem Tal war, wenn man es nicht für die traditionelle Rinder- und Apfelproduktion nutzte, sondern für Freizeitzwecke.
    Zu der schwierigen Umweltsituation in Montana tragen heute fast alle zwölf Probleme bei, die in der Vergangenheit die vorindustriellen Gesellschaften gefährdeten und heute auch in anderen Regionen der Erde die Gesellschaften bedrohen. Auffällig sind in Montana vor allem Schwierigkeiten mit Giftmüll, Wäldern, Boden, Wasser- und manchmal auch Luftverschmutzung, Klimawandel, schwindender Artenvielfalt und eingeschleppten Schädlingen. Ich möchte mit dem Problem beginnen, das am leichtesten durchschaubar erscheint: dem Giftmüll.
    In Montana wachsen die Bedenken rund um ausgewaschenen Dünger, Gülle, Sickergrubeninhalt und Herbizide, aber das bei weitem größte Giftmüllproblem sind die Abfälle des Metallbergbaus. Ein Teil davon stammt schon aus dem 19. Jahrhundert, anderer aus neuerer Zeit oder aus dem laufenden Betrieb. Der Erzabbau - vor allem Kupfer, aber auch Blei, Molybdän, Palladium, Platin, Zink, Gold und Silber - war einer der traditionellen wirtschaftlichen Grundpfeiler von Montana. Dass irgendwo und irgendwie Metall abgebaut werden muss, wird niemand bestreiten: Die moderne Zivilisation mit Chemie-, Bau-, Elektro- und Elektronikbranche ist darauf angewiesen. Die Frage lautet vielmehr: Wo und wie lassen sich metallhaltige Erze am besten gewinnen?
    Leider stellt das angereicherte Erz, das zur Metallgewinnung am Ende von den Minen in Montana abtransportiert wird, nur einen Bruchteil der zunächst geförderten Materialmenge dar. Der Rest besteht aus Abraum und Rückständen, die noch Kupfer, Arsen, Cadmium und Zink enthalten. Alle diese Substanzen sind für Menschen (aber auch für Fische, Wild- und Nutztiere) giftig und sollten deshalb möglichst nicht in Grundwasser, Flüsse und Böden gelangen. In Montana ist das Erz außerdem reich an Eisensulfid, aus dem Schwefelsäure entsteht. Es gibt in dem Staat ungefähr 20 000 aufgegebene Minen, manche davon jüngeren Datums, andere aber schon über 100 Jahre alt, und alle geben auf unabsehbare Zeit Säure und die giftigen Metalle ab. In der Mehrzahl der Fälle leben keine Erben der Minenbesitzer mehr, die finanzielle Verpflichtungen übernehmen könnten, oder man kennt die Eigentümer, aber die haben nicht genug Geld, um ihren Anspruch auf die Minen geltend zu machen und für eine dauerhafte Lösung des Abwasserproblems zu sorgen.
    In der riesigen Kupfermine von Butte und einer nahe gelegenen Kupferschmelze wurde schon vor über 100 Jahren deutlich, dass die Giftstoffe zum Problem werden können.
    Damals mussten die Rancher in der Nachbarschaft miterleben, wie ihre Rinder starben, und sie verklagten die Anaconda Copper Company, der die Mine gehörte. Anaconda leugnete jede Verantwortung und gewann auch den Prozess, aber 1907 baute das Unternehmen dennoch den ersten Absetzteich, um die giftigen Abfälle zurückzuhalten. Dass man Abfälle aus dem Bergbau sammeln und damit die Probleme vermindern kann, weiß man also schon seit langem; manche moderne Bergwerke auf der ganzen Welt tun das heute mit neuester Technologie, andere dagegen ignorieren das Problem nach wie vor. In den USA ist heute jede neu eröffnete Mine gesetzlich verpflichtet, Rücklagen in einer eigenen Firma zu bilden, die für die Beseitigung der Umweltschäden aufkommt, falls das Bergbauunternehmen selbst insolvent wird. Aber wie sich herausstellte, waren viele Minen »unterversichert« (das heißt, die Rücklagen reichten am Ende für die Entsorgungskosten nicht aus), und ältere Bergbauunternehmen waren von dieser Regelung nicht betroffen.
    Unternehmen, die ältere Minen erworben

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