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Kollaps

Kollaps

Titel: Kollaps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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zur Zeit der ersten Europäer noch nicht bis nach Montana verbreitet. Heute leben drei Viertel der verbliebenen Ureinwohner Montanas in sieben Reservaten, die mit Ausnahme ihrer Weideflächen arm an natürlichen Ressourcen sind.
    Die ersten Europäer, deren Besuch in Montana urkundlich belegt ist, waren Mitglieder der Lewis-Clark-Transkontinentalexpedition von 1804 bis 1806. Sie hielten sich im Gebiet des späteren Montana länger auf als in jedem anderen Bundesstaat. Dann folgte die zweite Phase der wirtschaftlichen Entwicklung mit den »Bergmännern«, Pelzjägern und Pelzhändlern, die aus Kanada und auch aus den USA kamen. Die nächste Phase begann 1860 und ging von drei wirtschaftlichen Neugründungen aus, die sich (allerdings mit verminderter Bedeutung) bis heute erhalten haben: Bergbau (insbesondere Kupfer und Gold), Holzwirtschaft und Lebensmittelproduktion mit Rinder- und Schafzucht sowie mit Getreide-, Obst- und Gemüseanbau. Die Zuwanderung von Bergleuten zu der großen Kupfermine bei Nutte ließ auch andere Wirtschaftszweige aufblühen, die die Bedürfnisse dieses staatsinternen Marktes befriedigten. Insbesondere wurde im Bitterroot Valley viel Holz geschlagen, weil man Brennstoff für die Bergwerke, Baumaterial für die Häuser der Bergleute und Stützbalken für die Minen brauchte. Außerdem wurden in dem Tal viele Lebensmittel für die Bergleute produziert - die Region erhielt wegen ihrer südlichen Lage und ihrem (nach hiesigen Maßstäben) milden Klima den Spitznamen Montanas Banana Belt. Die Niederschlagsmenge in dem Tal ist zwar mit rund 380 Millimetern gering, und die natürliche Vegetation besteht nur aus amerikanischem Beifuß, aber bereits die ersten europäischen Siedler taten in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts etwas gegen diesen Nachteil: Sie bauten kleine Bewässerungskanäle, die von den Bachläufen auf der Westseite des Tales mit dem abfließenden Wasser der Bitterroot Mountains gespeist wurden. Später wurden zwei große, aufwendige Bewässerungssysteme gebaut. Eines davon, »Big Ditch« genannt, entstand 1908 bis 1910 und bezog sein Wasser aus dem Lake Como auf der Westseite des Tales; das Zweite bestand aus mehreren großen Kanälen, deren Wasser aus dem Bitterroot River selbst stammte. Die Bewässerung ermöglichte seit den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts eine starke Ausweitung der Apfelplantagen, die in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts ihren Höhepunkt erreichte; heute werden nur noch wenige dieser Plantagen kommerziell betrieben.
    Zwei Grundpfeiler der Wirtschaft Montanas, Jagd und Fischerei, sind heute vom Mittel zum Lebensunterhalt zur Freizeitbeschäftigung geworden; der Pelzhandel ist ausgestorben; die Bedeutung von Bergbau, Holz- und Landwirtschaft geht wegen der im Folgenden erörterten wirtschaftlichen und ökologischen Faktoren zurück. Zu den wachsenden Wirtschaftszweigen dagegen gehören heute Tourismus, Freizeitindustrie, Seniorensiedlungen und Gesundheitswesen. Der wirtschaftliche Wandel im Tal hatte 1996 einen symbolischen Wendepunkt erreicht, als die Bitterroot Stock Farm, ein Anwesen von rund 1050 Hektar, das früher der Stammsitz des Kupferbarons Marcus Daly gewesen war, in den Besitz des reichen Aktienmaklers Charles Schwab überging. Er machte Dalys Anwesen zu einer Residenz für sehr reiche Leute aus anderen Bundesstaaten, die in dem schönen Tal eine Zweit- (oder Dritt- oder Viert-)Wohnung haben wollten, um dort mehrmals im Jahr zu angeln, zu jagen, zu reiten oder Golf zu spielen. Zur Stock Farm gehören heute neben einem meisterschaftstauglichen 18-Loch-Golfplatz insgesamt 125 Häuser und Hütten, wobei »Hütte« die untertriebene Bezeichnung für ein Gebäude mit sechs Zimmern, 550 Quadratmetern Grundstück und einem Kaufpreis von mindestens 800 000 Dollar ist. Wer eine solche Parzelle erwerben will, muss beste Vermögens- und Einkommensverhältnisse nachweisen; das Mindeste ist der Erwerb einer Clubmitgliedschaft, die mit einer Aufnahmegebühr von 125 000 Dollar zu Buche schlägt, mehr als dem siebenfachen durchschnittlichen Jahreseinkommen der Bewohner im Kreis Ravalli. Die gesamte Stock Farm ist eingezäunt, und ein Schild an der Einfahrt verkündet: »Nur für Mitglieder und Gäste«. Viele Bewohner kommen mit dem Privatflugzeug. Den Ort Hamilton betreten sie auch zum Einkaufen höchst selten: Meist essen sie im Clubrestaurant der Stock Farm, oder sie lassen sich ihre Lebensmittel von Clubbediensteten aus Hamilton bringen. Ein

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