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Kollaps

Kollaps

Titel: Kollaps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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chaotische, umfangreiche Wanderung aus ländlichen Gebieten in die Elendsviertel der Städte setzte ein, und vier reiche Familien aus dem Gebiet von Santiago holzten die Wälder noch schneller ab als unter Trujillo. Zwei Jahre nach dem Tod des Diktators versuchte der demokratisch gewählte Präsident Juan Bosch, die Holzkonzerne davon zu überzeugen, dass sie die Kiefernwälder verschonten, damit diese noch als Wassereinzugsgebiete für die geplanten Dämme am Yaque und Nizao zur Verfügung standen, aber stattdessen taten sich die Holzunternehmer mit anderen Interessengruppen zusammen und stürzten Bosch. Die Holzgewinnung verstärkte sich, bis Joaquin Balaguer 1966 zum Präsidenten gewählt wurde.
    Balaguer erkannte, dass das Land dringend bewaldete Wassereinzugsgebiete brauchte, um seinen Elektrizitätsbedarf mit Wasserkraft befriedigen zu können und um für Industrie und Haushalte eine ausreichende Wasserversorgung zu gewährleisten. Schon kurz nachdem er Präsident geworden war, ergriff er drastische Maßnahmen: Er verbot im ganzen Land die gesamte kommerzielle Holzgewinnung und ließ alle Sägewerke schließen. Diese Entscheidung stieß bei den reichen, einflussreichen Familien auf starken Widerstand: Sie verlegten ihre Holzgewinnung aus dem öffentlichen Blickfeld in abgelegene Gebiete und betrieben ihre Sägewerke nur noch nachts. Darauf reagierte Balaguer mit einem noch drastischeren Schritt: Er nahm dem Landwirtschaftsministerium die Zuständigkeit für die Durchsetzung des Waldschutzes weg, übertrug sie den Streitkräften und erklärte die illegale Holzgewinnung zu einem Angriff auf die nationale Sicherheit. Um dem Abholzen Einhalt zu gebieten, begannen die Streitkräfte mit Überwachungsflügen und militärischen Operationen, und 1967 war mit einem der entscheidenden Ereignisse in der Umweltschutzgeschichte des Landes der Höhepunkt erreicht: Das Militär besetzte nachts einen geheimen, großen Stützpunkt der Holzindustrie. Bei dem nachfolgenden Feuergefecht kam ein Dutzend Waldarbeiter ums Leben. Dieses eindringliche Signal wirkte auf die Holzunternehmer wie ein Schock. Die illegale Holzgewinnung setzte sich zwar in geringerem Umfang noch fort, die Staatsgewalt begegnete ihr aber mit weiteren Razzien und der Erschießung von Holzarbeitern, sodass .sie während Balaguers erster Amtszeit als Präsident (die von 1966 bis 1978 drei Wahlperioden umfasste), stark zurückging.
    Dies war nur eine von vielen weitreichenden Umweltschutzmaßnahmen, die Balaguer ergriff. Einige weitere sollen im Folgenden beschrieben werden. In den acht Jahren von 1978 bis 1986, als Balaguer das Präsidentenamt nicht bekleidete, gestatteten andere Präsidenten die Wiedereröffnung einiger Holzfällerlager und Sägewerke, und auch die Holzkohleproduktion wurde zugelassen. Nachdem Balaguer 1986 erneut Präsident geworden war, gab er schon am ersten Tag seiner Amtszeit die Anweisung, Lager und Sägewerke wieder zu schließen, und am nächsten Tag entsandte er Militärhubschrauber, die illegale Holzfäller finden und Beschädigungen der Nationalparks aufdecken sollten. Wieder wurden Holzarbeiter mit militärischen Maßnahmen gefangen genommen und inhaftiert, und die armen Landbesetzer wurden ebenso wie die reichen landwirtschaftlichen Betriebe und Landhäuser (von denen einige sogar Balaguers Freunden gehörten) aus den Parks entfernt. Eine besonders berüchtigte Operation fand 1992 im Nationalpark Los Haitises statt, dessen Wälder bereits zu 90 Prozent zerstört waren; dort vertrieb die Armee Tausende von Landbesetzern. In einer weiteren, ähnlichen Operation die Balaguer zwei Jahre später persönlich befehligte, fuhr die Armee mit Bulldozern durch Luxushäuser, die wohlhabende Bürger im Juan B. Perez-Nationalpark errichtet hatten. Balaguer verbot die Benutzung des Feuers als landwirtschaftliche Methode und verkündete sogar ein Gesetz (dessen Durchsetzung sich allerdings als schwierig erwies), wonach Zaunpfähle nicht aus gefälltem Holz bestehen sollten, sondern aus lebenden, eingewurzelten Bäumen. Um die Nachfrage nach Holzprodukten aus dem eigenen Land zu vermindern und sie durch etwas anderes zu ersetzen, öffnete er den Markt für Holzimporte aus Chile, Honduras und den Vereinigten Staaten (womit die Nachfrage nach einheimischem Holz zum größten Teil erlosch): außerdem verminderte er die traditionelle Produktion von Holzkohle aus Bäumen (den Fluch Haitis), indem er Verträge mit Venezuela über den Flüssiggasimport

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