Kollaps
schloss, mehrere Terminals für das Gas baute, den Abgabepreis subventionierte, sodass das Gas der Holzkohle Konkurrenz machen konnte, und die kostenlose Verteilung von Propanherden und Gasflaschen forderte, um die Bürger zur Abkehr von der Holzkohle zu bewegen. Er erweiterte die Naturschutzgebiete, wies die beiden ersten Nationalparks an der Küste aus, beanspruchte zwei Unterwasserbänke im Meer als Buckelwal-Schutzgebiete für das Staatsgebiet der Dominikanischen Republik, erklärte Streifen von 20 Metern an Flüssen und 60 Metern an der Küste zum Schutzgebiet, schützte Feuchtgebiete, unterzeichnete das Umweltschutzabkommen von Rio, und verbot für die nächsten zehn Jahre die Jagd. Er übte Druck auf die Industrie aus, damit sie Abfälle behandelte, bemühte sich mit begrenztem Erfolg um eine Verminderung der Luftverschmutzung und belegte Bergbauunternehmen mit hohen Steuern. Außerdem verzögerte oder verhinderte er umweltfeindliche Projekte, beispielsweise eine Straße, die durch einen Nationalpark zum Hafen Sanchez führen sollte, eine Nord-Süd-Straßenverbindung über die Zentralkordillere, einen internationalen Flughafen in Santiago, einen riesigen Hafen und einen Damm bei Madrigal. Er weigerte sich, eine vorhandene Straße durch das Hochland reparieren zu lassen, sodass sie nahezu unbenutzbar wurde. In Santo Domingo gründete er ein Aquarium, einen botanischen Garten und ein naturhistorisches Museum; außerdem baute er den Staatszoo wieder auf, alles Einrichtungen, die zu wichtigen Attraktionen wurden.
Als letzte politische Handlung tat sich der 94-Jährige mit dem gewählten Präsidenten Mehia zusammen und blockierte den Plan des noch amtierenden Präsidenten Fernandez, das System der Naturschutzgebiete zu verkleinern und zu schwächen. Dieses Ziel erreichten Balaguer und Mej ia mit einem geschickten parlamentarischen Manöver: Sie ergänzten den Gesetzentwurf des Präsidenten Fernandez durch einen Zusatz, wonach die Naturschutzgebiete nicht mehr nur aufgrund von Verwaltungsanordnungen existierten (sodass sie durch Veränderungen, wie Fernandez sie vorhatte, gefährdet werden konnten), sondern dass sie aufgrund eines Gesetzes in dem Zustand bleiben mussten, in dem sie 1996, am Ende von Balaguers letzter Amtszeit und vor Fernandez’ Maßnahmen, gewesen waren. Balaguer beendete seine politische Laufbahn also mit der Rettung des Naturschutzsystems, das ihm stets ein so großes Anliegen gewesen war.
Balaguers politisches Wirken bildete den Höhepunkt des von oben nach unten organisierten Umweltschutzes in der Dominikanischen Republik. Während der gleichen Zeit erwachten auch die Bestrebungen von unten nach oben wieder zum Leben, die unter Trujillo zum Erliegen gekommen waren. In den siebziger und achtziger Jahren erstellten Wissenschaftler mit großem Aufwand eine Bestandsaufnahme der natürlichen Ressourcen des Landes an der Küste, im Meer und im Landesinneren. Je stärker die Bürger der Dominikanischen Republik wieder die Methoden der Bürgerbeteiligung erlernten, die ihnen unter Trujillo jahrzehntelang gefehlt hatten, desto mehr wurden in den achtziger Jahren zahlreiche nichtstaatliche Organisationen gegründet, darunter mehrere Dutzend Umweltschutzinitiativen, die immer leistungsfähiger wurden. Im Gegensatz zu vielen anderen Entwicklungsländern, wo Umweltschutzmaßnahmen vorwiegend von Mitarbeitern internationaler Organisationen vorangetrieben werden, ging die basisdemokratische Triebkraft in der Dominikanischen Republik von lokalen nichtstaatlichen Organisationen aus, die sich Sorgen um ihre Umwelt machen. Zusammen mit den Universitäten und der Wissenschaftsakademie des Landes sind diese Organisationen heute zur Speerspitze einer eigenen dominikanischen Umweltschutzbewegung geworden.
Warum ergriff Balaguer ein so breites Spektrum von Maßnahmen zugunsten der Umwelt? Für viele Beobachter scheint dieses offenkundig starke, weitsichtige Engagement für die Umwelt nur schwer mit seinen abstoßenden Eigenschaften vereinbar zu sein. Er arbeitete 31 Jahre lang unter dem Diktator Rafael Trujillo und verteidigte 1937 dessen Massaker an Haitianern. Am Ende war er Präsident von Trujillos Gnaden, er diente dem älteren Diktator aber auch an Stellen, wo er selbst Einfluss ausüben konnte, wie beispielsweise als Außenminister. Wer bereit ist, mit einem so bösartigen Menschen wie Trujillo zusammenzuarbeiten, gerät sofort auch selbst in Verdacht und genießt dann keinen guten Ruf mehr. Außerdem war
Weitere Kostenlose Bücher