Kollaps
charakteristische, seltene Arten (zum Beispiel der Chinesische Alligator und die Ginkgobäume) sind bereits fast ausgestorben.
Die Kehrseite dieses Schwundes einheimischer Arten ist eine Zunahme der eingeschleppten Lebewesen. In der Geschichte Chinas wurden zahlreiche Arten, die man für nützlich hielt, absichtlich in das Land eingeführt. Nachdem der Auslandshandel in jüngster Zeit um das 60fache zugenommen hat, kommt zu dieser absichtlichen Einführung auch das zufällige Einschleppen vieler Arten hinzu, die man keinesfalls für nützlich halten würde. Allein im Hafen von Shanghai fand man beispielsweise zwischen 1986 und 1990 bei der Untersuchung von Importwaren auf 349 Schiffen aus 30 Ländern nicht weniger als 200 Arten ausländischer Unkräuter, die als Verunreinigung mitgeschleppt wurden. Manche dieser Pflanzen, aber auch Insekten und Fische konnten sich als Schädlinge festsetzen und fügen der chinesischen Landwirtschaft, Aquakultur, Forstwirtschaft und Viehzucht gewaltige wirtschaftliche Schäden zu.
Als wäre das alles noch nicht genug, entstehen in China die größten Bauprojekte der Welt, und in allen Fällen kann man damit rechnen, dass sie große ökologische Probleme bereiten werden. Der Dreischluchtendamm am Jangtse, der größte Staudamm der Welt, dessen Bau 1993 begonnen wurde und den Planungen zufolge 2009 abgeschlossen sein wird, soll Strom liefern, die Hochwasserkontrolle verbessern und die Schifffahrt erleichtern; demgegenüber stehen Kosten von rund 25 Milliarden Euro, gesellschaftliche Kosten für die Entwurzelung vieler Millionen Menschen und ökologische Kosten, die sich mit Bodenerosion und der Zerstörung eines wichtigen Ökosystems (im drittlängsten Fluss der Welt) verbinden. Noch aufwendiger ist ein Projekt, das 2002 in Angriff genommen wurde und der Umleitung von Wasser aus dem Süden in den Norden dienen soll; die Fertigstellung ist erst für 2050 vorgesehen, und als Kosten sind rund 48 Milliarden Euro veranschlagt. Das Projekt wird die Umweltverschmutzung verstärken und zu einem Ungleichgewicht im Wasserhaushalt von Chinas längstem Fluss führen. Und auch dieses Vorhaben wird noch durch die geplante Erschließung des derzeit unterentwickelten westlichen Landesteils in den Schatten gestellt, der mehr als die Hälfte des Staatsgebietes ausmacht und in den Augen der politischen Führung entscheidend für die weitere Entwicklung des Landes ist.
Halten wir nun einmal inne und schauen uns an, was diese Schäden für die Chinesen bedeuten. Bei den Auswirkungen kann man unterscheiden zwischen wirtschaftlichen Schäden, gesundheitlichen Schäden und der Gefahr von Naturkatastrophen. Ich möchte für alle drei Kategorien einige Schätzungen oder Beispiele nennen.
Betrachten wir zunächst die wirtschaftlichen Schäden, wobei wir bei geringeren Kosten beginnen und uns dann die größeren ansehen. In die Rubrik »geringe Kosten« kann man beispielsweise die rund 60 Millionen Euro einordnen, die jedes Jahr zur Ausrottung eines einzelnen Unkrauts aufgewendet werden: Das »Alligatorkraut« Alternanthera philoxeroides wurde als Schweinefutter aus Brasilien eingeführt, machte sich dann aber in Gärten, auf Süßkartoffelfeldern und in Zitrusplantagen breit. Spottbillig sind auch die Fabrikschließungen, die wegen Wasserknappheit in einer einzigen Stadt, nämlich Xian, notwendig werden und jährlich mit einem Verlust von rund 200 Millionen Euro zu Buche schlagen. Sandstürme richten Schäden von rund 450 Millionen Euro im Jahr an, und die Schäden an Nutzpflanzen und Wäldern durch sauren Regen summieren sich auf 600 Millionen im Jahr. Schwerer wiegen da schon die Kosten von 5 Milliarden für die »grüne Mauer« aus Bäumen, die man anpflanzte, um Beijing vor Sand- und Staubstürmen zu schützen, und die 6 Milliarden pro Jahr für die Beseitigung anderer Unkräuter neben dem Alligatorkraut. In den Bereich der wirklich beeindruckenden Zahlen stoßen wir vor, wenn wir von den einmaligen Kosten der Überschwemmung von 1996 reden (24 Milliarden Euro, immer noch billiger als die Überschwemmung von 1998), oder von den jährlichen unmittelbaren Schäden durch Wüstenbildung (30 Milliarden) und den jährlichen Verlusten durch Wasser- und Luftverschmutzung (40 Milliarden). Allein die beiden zuletzt genannten Posten kosten China jedes Jahr 14 Prozent seines Bruttoinlandproduktes.
Einen Eindruck von den Auswirkungen auf die Gesundheit können drei Themen vermitteln. Der Bleigehalt im Blut
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