Kollaps
anderer Neuankömmling, der Chinesische Graskarpfen, ist heute in den Seen und Flüssen von 45 US-Bundesstaaten verbreitet, wo er mit den einheimischen Fischarten in Konkurrenz tritt und in den Lebensgemeinschaften von Wasserpflanzen, Plankton und wirbellosen Tieren für große Veränderungen sorgt. Eine weitere Spezies, die in China mit einem großen Bestand vertreten ist, ökologisch und ökonomisch große Auswirkungen hat und von dort in immer größerer Zahl exportiert wird, ist der Homo sapiens. Als Herkunftsland für die legale Einwanderung nach Australien beispielsweise (Kapitel 13) nimmt China heute bereits den dritten Platz ein, und eine erhebliche Zahl legaler wie auch illegaler Einwanderer kommt über den Pazifik sogar in die Vereinigten Staaten.
Während China also auf diese Weise absichtlich oder unabsichtlich Insekten, Süßwasserfische und Menschen per Schiff oder Flugzeug in andere Länder exportiert, kommen weitere unbeabsichtigte Exporte über die Atmosphäre. China ist mittlerweile weltweit der größte Produzent und Verbraucher von Fluorchlorkohlenwasserstoffen und anderer ozonschädigender Gase, deren Nutzung die Industrieländer 1995 einschränkten. Darüber hinaus trägt China heute 12 Prozent zu den Kohlendioxid-Emissionen bei, die für die globale Erwärmung von entscheidender Bedeutung sind. Wenn sich der derzeitige Trend fortsetzt - steigende Emissionen in China, gleich bleibende Emissionen in den Vereinigten Staaten, abnehmende Emissionen in anderen Ländern -, wird China im Jahr 2050 mit 40 Prozent der weltweiten Gesamtmenge die Nummer eins im Kohlendioxidausstoß sein. Bei den Schwefeloxiden steht China schon heute mit einem Ausstoß, der doppelt so hoch ist wie in den USA, weltweit an der Spitze. Der schadstoffbeladene Staub, Sand und Boden aus Chinas Wüsten, zerstörten Weideflächen und nicht genutztem Ackerland wird vom Wind nach Osten verfrachtet und gelangt nach Korea und Japan sowie auf die Pazifikinseln; nach einer Woche hat er den Pazifik überquert und ist in den Vereinigten Staaten und Kanada angelangt. Diese partikelförmigen Luftschadstoffe sind die Produkte der kohlebasierten chinesischen Wirtschaft, der Waldzerstörung, Überweidung, Erosion und schädlicher landwirtschaftlicher Methoden.
Der nächste Austausch zwischen China und anderen Ländern ist ein Import, der sich als Export niederschlägt: Mit importiertem Holz wird die Waldzerstörung exportiert. In der Liste der Holz verbrauchenden Staaten steht China weltweit an dritter Stelle: Auf dem Land liefert es in Form von Brennholz 40 Prozent der Energie, es ist der nahezu ausschließliche Rohstoff für die Papier- und Zellstoffindustrie, und die Bauindustrie nutzt es für Vertäfelungen und Balken. Zwischen dem wachsenden Bedarf an Holzprodukten und der abnehmenden einheimischen Versorgung tut sich aber eine immer größere Lücke auf, insbesondere seit der Holzabbau im Land nach den Überschwemmungen von 1998 verboten wurde. Seither haben sich Chinas Holzimporte versechsfacht. Mit dem Import von Tropenholz aus Ländern auf allen drei Kontinenten, die tropische Abschnitte besitzen (insbesondere aus Malaysia, Gabun, Papua-Neuguinea und Brasilien) steht China heute an zweiter Stelle hinter Japan, das es aber schon bald überholen wird. Auch aus gemäßigten Breiten wird Holz importiert, insbesondere aus Russland, Neuseeland, den Vereinigten Staaten, Deutschland und Australien. Nachdem China der Welthandelsorganisation beigetreten ist, rechnet man mit einem weiteren Anstieg dieser Holzimporte, denn die Einfuhrzölle auf Holzprodukte werden nun von 15 bis 20 Prozent auf zwei bis drei Prozent sinken. Letztlich bedeutet das, dass China wie Japan seine eigenen Wälder erhalten wird, aber dafür exportiert es die Waldzerstörung in andere Länder, wo sie in einigen Fällen (so in Malaysia, Papua-Neuguinea und Australien) schon jetzt katastrophale Ausmaße angenommen hat.
Noch wichtiger als alle diese ökologischen Schäden ist möglicherweise ein anderes Thema, über das nur selten gesprochen wird: Welche Folgen hat es, wenn die Chinesen wie andere Völker in Entwicklungsländern ihren Ehrgeiz verwirklichen, den Lebensstandard der Industrieländer zu erreichen? Diese abstrakte Formulierung bedeutet für den einzelnen Bürger eines Drittweltlandes viele ganz bestimmte Dinge: ein eigenes Haus, elektrische Geräte, Hausrat, Bekleidung und Konsumprodukte, die nicht in Heimarbeit oder an Ort und Stelle von Hand hergestellt
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