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Kollaps

Kollaps

Titel: Kollaps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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sind. Es wird behauptet, die weichen Pfoten der Kängurus würden den Boden weniger stark schädigen als die harten Hufe der Schafe. Kängurufleisch ist mager, gesund und (nach meinem Geschmack) äußerst wohlschmeckend. Außerdem liefern Kängurus neben dem Fleisch auch ein wertvolles Fell. Alle diese Argumente werden als Begründung angeführt, warum man anstelle der Schafzucht lieber Känguruzucht betreiben soll.
    Aber solchen Ideen stehen sowohl biologische als auch kulturelle Hindernisse im Weg. Kängurus sind im Gegensatz zu Schafen keine Herdentiere, die fügsam einem Schäfer und einem Hund gehorchen oder die man zusammentreiben könnte, damit sie dann gehorsam über eine Rampe auf den Lastwagen marschieren, der sie zum Schlachthof bringt. Ein potenzieller Känguruzüchter müsste vielmehr Jäger einstellen, die die Tiere einzeln verfolgen und erschießen. Ein weiteres Argument gegen die Kängurus ist ihre Beweglichkeit, mit der sie sogar über Zäune springen können: Wenn man auf einem Anwesen einen Kängurubestand herangezüchtet hat, und wenn die Kängurus dann einen Anlass zur Wanderung haben (beispielsweise weil es an einem anderen Ort regnet), findet man die kostbare Känguruherde unter Umständen 50 Kilometer entfernt auf fremdem Grundbesitz wieder. Der Export von Kängurufleisch ist ebenfalls schwierig, da in den meisten Ländern kulturelle Hindernisse gegen den Verzehr sprechen. Die Australier halten Kängurus für Ungeziefer, das nicht die Voraussetzungen bietet, um das gute alte britische Hammel- und Rindfleisch vom Speisezettel zu verdrängen.
    Auch viele australische Tierschützer haben etwas gegen die Nutzung der Kängurus, wobei sie allerdings übersehen, dass Lebensbedingungen und Tötungsmethoden für Hausschafe und Rinder viel grausamer sind als für wilde Kängurus. In den Vereinigten Staaten ist der Import von Kängurufleisch ausdrücklich verboten, weil wir die Tierchen so niedlich finden und manche der Meinung sind, Kängurus seien vom Aussterben bedroht. Manche Känguruarten sind tatsächlich gefährdet, aber paradoxerweise ist gerade die Spezies, die man wegen ihres Fleisches jagt, in Australien in übermäßig großer Zahl vorhanden und deshalb schädlich. Sie werden von der australischen Regierung mit Quotenregelungen streng überwacht.
    Während die eingeführten Schafe für Australien von großem wirtschaftlichem Nutzen waren (obwohl sie auch Schaden anrichteten), waren die eingeführten Kaninchen und Füchse eine einzige Katastrophe. Den britischen Siedlern erschienen Umwelt, Pflanzen und Tiere in Australien sehr fremd, und sie wollten von vertrauten europäischen Lebewesen umgeben sein. Deshalb versuchten sie, zahlreiche europäische Vogelarten einzuführen, von denen aber nur zwei, der Haussperling und der Star, sich allgemein verbreiteten; andere (Amsel, Singdrossel, Feldsperling, Stieglitz und Grünling) wurden nur in einzelnen Regionen heimisch. Aber wenigstens richteten diese eingeführten Vogelarten keinen großen Schaden an, Kaninchen dagegen wurden zur Plage, verursachten gewaltige wirtschaftliche Verluste und zerstörten die Landschaft, weil sie ungefähr die Hälfte der Weidepflanzen fraßen, die sonst Schafen und Rindern zur Verfügung gestanden hätten. Neben der Veränderung der Lebensräume durch weidende Schafe und das Verbot, Land nach Art der Aborigines abzubrennen, waren die eingeschleppten Kaninchen und Füchse eine weitere wichtige Ursache, warum die Bestände der meisten kleinen, ursprünglich australischen Säugetierarten ausstarben oder stark zurückgingen: Sie wurden von den Füchsen gefressen, und die Kaninchen konkurrierten mit den einheimischen Pflanzenfressern um Nahrung.
    Die europäischen Kaninchen und Füchse wurden fast zur gleichen Zeit in Australien eingeführt. Ob man zuerst Füchse importierte, um die traditionelle britische Fuchsjagd zu ermöglichen, während die Kaninchen später hinzukamen, damit die Füchse zusätzliche Nahrung hatten, oder ob man erst die Kaninchen einführte, damit man sie jagen konnte oder damit ländliche Gebiete stärker wie in Großbritannien aussahen, und die Füchse später zur Eindämmung der Kaninchen hinzunahm, ist nicht geklärt. In jedem Fall führten beide zu einer kostspieligen Katastrophe, und heute mag man nicht mehr glauben, dass sie aus so banalen Gründen nach Australien gebracht wurden. Noch unglaublicher ist, welche Mühe die Australier sich machten, damit die Kaninchen sich durchsetzten: Die ersten

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