Kollaps
Auswirkungen haben. Die Versalzung ist heute nicht nur in den USA ein Problem, sondern auch in vielen anderen Regionen der Erde, beispielsweise in Indien, in der Türkei und vor allem in Australien (siehe Kapitel 13). In der Vergangenheit trug sie dazu bei, dass in Mesopotamien die ältesten Hochkulturen der Erde zugrunde gingen: Die Versalzung ist einer der Hauptgründe, warum es ein makabrer Scherz wäre, wenn wir den Irak und Syrien, früher das weltweit führende Zentrum der Landwirtschaft, heute als »fruchtbaren Halbmond« bezeichnen würden.
Die wichtigste Form der Versalzung hat nicht nur in Montana mehr als 100 000 Hektar Ackerland ruiniert, sondern auch Millionen weitere im gesamten Norden des Mittelwestens. Diese Form kann man als »Salzwasserversickerung« bezeichnen: Das salzhaltige Wasser sammelt sich im Boden eines hoch gelegenen Gebietes, versickert und kommt weiter bergab in bis zu einem Kilometer Entfernung wieder zum Vorschein. Die Salzwasserversickerung ist häufig auch Gift für den nachbarschaftlichen Frieden, wenn die landwirtschaftlichen Methoden eines Bauern weiter bergauf zur Versalzung des tiefer gelegenen Anwesens führen.
Zur Salzwasserversickerung kommt es folgendermaßen: Im Osten von Montana liegen große Mengen wasserlöslicher Salze, insbesondere Natrium-, Calcium- und Magnesiumsulfat. Sie bilden einen Bestandteil des Gesteins und des eigentlichen Bodens, sind aber auch in alten Meeressedimenten eingeschlossen (große Teile der Region waren in früheren Zeiten der Erdgeschichte vom Meer bedeckt). Unter dem Oberboden liegt das mehr oder weniger wasserundurchlässige Muttergestein (Schiefer, Sandstein oder Kohle). Im trockenen Osten Montanas wird der geringe Niederschlag da, wo noch die ursprüngliche Vegetation existiert, fast vollständig von den Pflanzenwurzeln aufgenommen und durch Verdunstung wieder an die Atmosphäre abgegeben, sodass der Boden unterhalb der durchwurzelten Schicht trocken bleibt. Rodet ein Bauer aber die einheimischen Pflanzen zugunsten einer Landwirtschaft, bei der man im jährlichen Wechsel Weizen oder anderes Getreide anbaut und die Felder dann brach liegen lässt, gibt es im Jahr der Brache keine Pflanzenwurzeln, die das Regenwasser festhalten könnten. Das Wasser bleibt im Boden, die Schicht unter den Wurzeln ist voll gesogen, und die Salze lösen sich, um dann mit dem steigenden Grundwasserspiegel zu den Pflanzenwurzeln zu gelangen. Da das tiefer liegende Muttergestein wasserundurchlässig ist, kann das Salzwasser nicht in größere Tiefen vordringen, sondern es tritt irgendwo bergab an die Oberfläche. Die Folge: Getreide wächst nur schlecht oder überhaupt nicht, und das sowohl in höheren Lagen, wo das Problem seinen Ursprung hat, als auch weiter bergab, wo das Wasser zu Tage tritt.
In Montana wurde die Salzwasserversickerung nach 1940 zu einem weit verbreiteten Problem. Damals hatten sich die landwirtschaftlichen Methoden geändert - insbesondere wurden mehr Traktoren und leistungsfähigere Pflüge eingesetzt, auf den brach liegenden Feldern wurde Unkraut mit Herbiziden ausgerottet, und die Brachflächen wuchsen von Jahr zu Jahr. Zur Bekämpfung des Problems muss man verschiedene Verfahren der Intensivbewirtschaftung anwenden: Aussäen salztoleranter Pflanzen zur Wiedergewinnung der bergab gelegenen Austrittsgebiete, kürzere Brachzeiten in höher gelegenen Gebieten durch flexiblen Getreideanbau und das Anpflanzen von Alfalfa und anderen mehrjährigen Pflanzen, die mit tief reichenden Wurzeln überschüssiges Wasser aus dem Boden aufnehmen.
In den Gebieten Montanas, wo die Landwirtschaft unmittelbar von der Niederschlagsmenge abhängig ist, ist die Salzwasserversickerung die wichtigste Form der Versalzungsschäden. Es ist aber nicht die Einzige. Über den ganzen Bundesstaat verteilen sich wie ein Flickenteppich landwirtschaftliche Flächen von über einer Million Hektar, die auf künstliche Bewässerung angewiesen sind. Dies gilt auch für meine Sommerurlaubsgebiete im Bitterroot Valley und im Big Hole Basin. In manchen dieser Gebiete, wo das Wasser viel Salz enthält, werden ebenfalls Anzeichen von Versalzung sichtbar. Eine andere Form ist die Folge eines industriellen Verfahrens zur Gewinnung von Methan (Erdgas) aus Kohlelagerstätten: Man bohrt Löcher in die Kohle und pumpt Wasser hinein, um so das Methan an die Oberfläche zu treiben. Leider löst sich dabei nicht nur das Methan im Wasser, sondern auch viele Salze. Der Nachbarstaat Wyoming,
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