Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kollaps

Kollaps

Titel: Kollaps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
Vom Netzwerk:
größer aber sind die Schwierigkeiten, wenn sich die Fischgründe über Gewässer erstrecken, die von mehreren Staaten kontrolliert werden. Da hier kein einzelner Staat seinen Willen durchsetzen kann, brechen die Fischbestände in solchen Regionen in der Regel als Erste zusammen. Auf dem offenen Meer, jenseits der 200-Meilen-Fischereigrenze, ist die Fischerei der Kontrolle aller Regierungen entzogen. Untersuchungen zufolge könnten die Fangmengen weltweit bei richtiger Bewirtschaftung nachhaltig auf einem Niveau gehalten werden, das noch über dem derzeitigen Stand liegt. Aber in ihrer Mehrzahl sind die kommerziell wichtigen Meeresfischbestände der ganzen Welt mittlerweile entweder so weit zusammengebrochen, dass sie keine wirtschaftliche Rolle mehr spielen, oder sie wurden stark dezimiert, werden derzeit überfischt, erholen sich nur langsam von früherer Überfischung, oder bedürfen aus anderen Gründen dringend einer Bewirtschaftung. Zu den wichtigsten Fischbeständen, die bereits zusammengebrochen sind, gehören der Atlantik-Heilbutt, der Atlantik-Blauflossenthunfisch, der Atlantik-Schwertfisch, der Nordseehering, der kanadische Kabeljau, der argentinische Seehecht und der australische Kabeljau Maccullochella peelii. In den überfischten Gebieten des Atlantik und Pazifik wurden 1989 die größten Fangmengen eingebracht; seither gehen die Fänge ständig zurück. Der wichtigste Grund für den Zusammenbruch liegt in der Tragödie des Gemeineigentums, die im vorangegangenen Kapitel erörtert wurde: Sie macht es den Nutzern schwer, im Zusammenhang mit der Ausbeutung einer gemeinsamen erneuerbaren Ressource zu einer Übereinkunft zu gelangen, obwohl alle ein Interesse daran haben. Eine wirksame Bewirtschaftung und entsprechende Vorschriften fehlen, und es gibt so genannte perverse Subventionen, das heißt wirtschaftlich sinnlose Zuwendungen, mit denen viele Regierungen aus politischen Gründen eine Fischereiflotte unterstützen, obwohl diese im Verhältnis zu den Fischbeständen viel zu groß ist; dies führt fast zwangsläufig zu Überfischung und damit zu so geringen Gewinnen, dass diese ohne Subventionen zum Leben nicht mehr ausreichen.
    Die durch Überfischung verursachten Schäden gehen weit über unsere zukünftigen Aussichten auf Fischmahlzeiten hinaus, und sie enden auch nicht beim Überleben der einzelnen Bestände von Fischen und anderen Lebewesen, die wir ausbeuten. In der Fischerei werden meist Netze und andere Methoden eingesetzt, mit denen man neben den gewünschten Tieren auch viele andere fängt. Dieser so genannte »Beifang« macht zwischen einem Viertel und zwei Dritteln der gesamten Fangmengen aus. In den meisten Fällen gehen die Tiere des Beifanges zugrunde und werden wieder über Bord geworfen. Dabei handelt es sich um unerwünschte Fischarten, die Jungtiere der gesuchten Fischarten, Robben, Delphine und Wale, Haie und Meeresschildkröten. Aber der tödliche Beifang ist nicht unvermeidlich: Auf dem Pazifik konnte man beispielsweise die Sterblichkeit der Delphine in der Thunfischfischerei mit veränderten Gerätschaften und Methoden um den Faktor 50 senken. Schwere Schäden verursacht die Fischerei auch in den Lebensräumen im Meer: Netze zerstören den Meeresboden, Dynamit und Cyanid setzen den Korallenriffen zu. Und schließlich schädigen die Fischer sich durch die Überfischung auch selbst, weil sie letztlich ihre eigene Lebensgrundlage und ihre Arbeitsplätze zerstören.
    Alle diese Probleme beunruhigen nicht nur Wirtschaftsfachleute und Umweltschützer, sondern auch manche Verantwortlichen in der Fischereiindustrie selbst. Dies galt beispielsweise für Manager des Unilever-Konzerns, der weltweit zu den größten Abnehmern für Gefrierfisch gehört. Unilever-Produkte sind dem Verbraucher in den Vereinigten Staaten unter dem Markennamen Gorton bekannt (der später von Unilever verkauft wurde), in Großbritannien heißen sie Birdeye Walls, in Deutschland Iglo, im übrigen Europa Findus und Frudsa. Die Manager machten sich Sorgen, weil Fische - die Ware, die sie kaufen und verkaufen -überall auf der Welt knapp wurden. Auf ganz ähnliche Weise hatten auch die Verantwortlichen in den Holzkonzernen, die das Forest Stewardship Council gründeten, sich Sorgen um die schnelle Schrumpfung der Wälder gemacht. Deshalb tat sich Unilever 1997, vier Jahre nach der Einrichtung des FSC, mit dem World Wildlife Fund zusammen, und beide gemeinsam gründeten eine Organisation, die dem FSC ähnelt und als

Weitere Kostenlose Bücher