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Kollaps

Kollaps

Titel: Kollaps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Gesellschaft zu zerstören, wie können dann mehrere Milliarden Menschen mit Metallwerkzeugen und Maschinen vermeiden, noch Schlimmeres anzurichten? Aber es gibt auch Unterschiede, die uns zum Vorteil gereichen; auf sie werden wir im letzten Kapitel dieses Buches zurückkommen.

KAPITEL 3
Die letzten lebenden Menschen: Pitcairn und Henderson
    Pitcairn vor der Bounty ■ Drei ganz verschiedene Inseln ■ Handel ■ Wie der Film endet
    Vor vielen hundert Jahren kamen Einwanderer in ein fruchtbares Land, das mit scheinbar unerschöpflichen natürlichen Ressourcen gesegnet war. In dem Land fehlten zwar einige Rohstoffe, die für die Industrie nützlich gewesen wären, dieses Material war aber leicht durch Handel mit ärmeren Ländern in Übersee zu beschaffen, die zufällig entsprechende Lagerstätten besaßen. Eine Zeit lang ging es allen Ländern gut, und ihre Bevölkerung vervielfachte sich.
    Aber irgendwann wurde die Bevölkerung des reichen Landes so zahlreich, dass selbst die üppigen Ressourcen zu ihrer Versorgung nicht mehr ausreichten. Als die Wälder abgeholzt wurden und der Boden erodierte, war die Landwirtschaft nicht mehr produktiv genug, um Überschüsse für den Export zu erwirtschaften. Man konnte keine Schiffe mehr bauen, und selbst die eigene Bevölkerung war nicht mehr zu ernähren. Mit dem Rückgang der Handelstätigkeit wurden die importierten Rohstoffe immer knapper. Es kam zum Bürgerkrieg, und die angestammten politischen Institutionen wurden durch lokale Militärführer gestürzt, die in rascher Folge aufeinander folgten. Nur durch Kannibalismus konnte die hungernde Bevölkerung des ehemals reichen Landes überleben. Noch schlechter erging es ihren ehemaligen Handelspartnern in Übersee: Ohne die Importe, auf die sie angewiesen waren, richteten sie ebenfalls ihre Umwelt zugrunde, bis nichts und niemand mehr am Leben war.
    Stellt dieses grausige Bild die Zukunft der Vereinigten Staaten und unserer Handelspartner dar? Das wissen wir noch nicht, aber auf drei tropischen Pazifikinseln wurde das Szenario bereits einmal durchgespielt. Eine davon, Pitcairn, wurde als »unbewohnte« Insel berühmt, auf die sich die Meuterer von der H. M. S. Bounty im Jahr 1790 flüchteten. Sie entschieden sich für dieses Eiland, weil es zu ihrer Zeit tatsächlich unbewohnt war, eine abgelegene Lage hatte und damit ein ideales Versteck vor der rachsüchtigen britischen Marine darstellte, die nach ihnen suchte. Aber die Meuterer fanden dort die Sockel von Tempeln, beschriftete Felsen und Steinwerkzeuge, stumme Zeugen einer Vergangenheit, in der Pitcairn von Polynesiern bevölkert war. Eine noch abgelegene Insel namens Henderson Island östlich von Pitcairn ist bis heute unbewohnt. Selbst in unserer Zeit gehören Pitcairn und Henderson zu den unzugänglichen Inseln der Welt: Sie werden weder von Flugzeugen noch von regelmäßig verkehrenden Schiffen angesteuert, nur gelegentlich kommt eine Yacht oder ein Kreuzfahrtschiff zu Besuch. Aber auch Henderson trägt zahlreiche Spuren seiner früheren polynesischen Bevölkerung. Was widerfuhr diesen ursprünglichen Bewohnern von Pitcairn und ihren verschwundenen Vettern auf Henderson?
    Die romantische, rätselhafte Geschichte der Meuterer von der Bounty wurde in vielen Büchern und Filmen erzählt, aber das Ende dieser beiden früheren Bevölkerungsgruppen ist mindestens ebenso spannend. Grundlegende Erkenntnisse über sie sammelte der Archäologe Marshall Weiser von der neuseeländischen University of Otago in jüngster Zeit mit seinen Ausgrabungen, für die er acht Monate auf den beiden abgelegenen Eilanden zubrachte. Wie sich dabei herausstellte, stand das Schicksal der ersten Bewohner von Pitcairn und Henderson im Zusammenhang mit einer langsam eskalierenden Umweltkatastrophe, die sich Hunderte von Kilometern entfernt auf der stärker bevölkerten Insel Mangareva abspielte; ihre Bewohner, die wichtigsten Handelspartner der beiden kleineren Eilande, konnten nur um den Preis eines drastisch verminderten Lebensstandards überleben. Während die Osterinsel also das eindeutigste Beispiel für einen Zusammenbruch ist, der durch Eingriffe des Menschen in die Umwelt und praktisch ohne weitere Faktoren verursacht wurde, illustrieren Pitcairn und Henderson am deutlichsten, wie ein Zusammenbruch durch den Niedergang eines ökologisch geschädigten Handelspartners ausgelöst werden kann. Damit geben sie uns einen Ausblick auf die Gefahren, die sich bereits heute im Zusammenhang mit der

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