Kollaps
Globalisierung abzeichnen. Zu dem Zusammenbruch auf Pitcairn und Henderson trugen auch Umweltschäden auf den Inseln selbst bei, aber es gibt keinerlei Belege, dass Klimaveränderungen oder Feinde eine Rolle spielten.
Mangareva, Pitcairn und Henderson sind die einzigen bewohnbaren Inseln in der Region Südostpolynesien; ansonsten gibt es dort nur einige flache Atolle ohne ständige Bevölkerung, die nur vorübergehend Bewohner oder Besucher beherbergen. Besiedelt wurden die drei bewohnbaren Inseln um 800 n. Chr. im Rahmen der polynesischen Expansion nach Osten, von der im letzten Kapitel die Rede war. Selbst Mangareva, die westlichste der drei Inseln, die damit auch den zuvor besiedelten Teilen Polynesiens am nächsten ist, ist mehr als 1500 Kilometer von den nächsten größeren, gebirgigen Inseln entfernt, den Gesellschaftsinseln (mit Tahiti) im Westen und den Marquesas-Inseln im Nordwesten. Diese größten und bevölkerungsreichsten Inselgruppen Ostpolynesiens sind ihrerseits mehr als 1600 Kilometer von den nächstgelegenen hohen Inseln Westpolynesiens entfernt und wurden vermutlich erst ungefähr 2000 Jahre später besiedelt als diese. Mangareva und seine Nachbarn waren also selbst in der abgelegenen östlichen Hälfte Polynesiens nochmals isolierte Außenposten. Ihre Besiedlung ging wahrscheinlich von den Marquesas- oder Gesellschaftsinseln aus und erfolgte im Rahmen der gleichen Siedlungswelle, die auch die noch weiter abgelegenen Hawaii-Inseln und die Osterinsel erreichte und damit die Verbreitung der Menschen über Polynesien zum Abschluss brachte.
Von den drei bewohnbaren Inseln Ostpolynesiens war Mangareva diejenige, die mit Abstand die größte menschliche Bevölkerung ernähren konnte und am üppigsten mit entsprechenden Ressourcen ausgestattet war. Sie besitzt eine große Lagune mit einem Durchmesser von fast 25 Kilometern, die durch ein Außenriff geschützt ist und zwei Dutzend Eilande mit erloschenen Vulkanen sowie einige Korallenatolle mit einer Gesamtfläche von rund 26 Quadratkilometern enthält. In der Lagune, an den Riffen und im offenen Meer wimmelt es von Fischen und Muscheln. Eine besonders wertvolle Muschelart ist die Große Seeperlmuschel, eine große Austernart, die den polynesischen Siedlern in der Lagune in praktisch unerschöpflichen Mengen zur Verfügung stand und heute dazu dient, die berühmten schwarzen Zuchtperlen herzustellen. Die Austern waren nicht nur essbar, sondern ihre dicken, bis zu 20 Zentimeter langen Schalen waren auch ein idealer Rohstoff, aus dem die Polynesier Angelhaken, Gemüseschäler und -reiben sowie Schmuckgegenstände schnitzten.
Auf den höheren Inseln der Mangareva-Lagune war die Niederschlagsmenge so groß, dass es Quellen und jahreszeitlich Wasser führende Bäche gab, und ursprünglich waren die Inseln bewaldet. In dem schmalen, niedrig gelegenen Küstenstreifen errichteten die ersten Polynesier ihre Siedlungen. An den Abhängen hinter den Dörfern bauten sie Süßkartoffeln, Yamswurzeln und andere Nutzpflanzen an; die Terrassen an den Böschungen und die Ebenen unterhalb der Quellen wurden mit Taro bepflanzt und mit dem Wasser der Quellen bewässert; und in höheren Lagen pflanzte man Bäume mit Brotfrüchten oder Bananen. Von Landwirtschaft, Fischerei und Muscheln konnte auf Mangareva eine Bevölkerung von mehreren tausend Menschen leben, vermutlich mehr als zehnmal so viele, wie auf Pitcairn und Henderson zusammen in altpolynesischer Zeit.
Der wichtigste Nachteil von Mangareva bestand aus polynesischer Sicht darin, dass es dort kein hochwertiges Gestein zur Herstellung von Äxten und anderen Werkzeugen gab. (Das ist so, als gäbe es in den Vereinigten Staaten alle wichtigen natürlichen Ressourcen mit Ausnahme hochwertiger Eisenlagerstätten.) Die Korallenatolle in der Lagune von Mangareva lieferten überhaupt keinen guten Stein, und selbst auf den Vulkaninseln gab es nur relativ grobkörnigen Basalt. Dieser eignete sich zum Bau von Häusern und Gartenmauern, für Ofensteine sowie zur Herstellung von Kanuankern, Mahlsteinen und anderen groben Werkzeugen, aber die daraus angefertigten Äxte waren minderwertig.
Einen großartigen Ausgleich für diesen Mangel gab es glücklicherweise etwa 500 Kilometer südwestlich von Mangareva auf der wesentlich kleineren (6,5 Quadratkilometer) und steileren Vulkaninsel Pitcairn. Man kann sich gut vorstellen, wie aufgeregt die Bewohner von Mangareva in ihrem Kanu waren, als sie nach mehrtägiger Reise über das
Weitere Kostenlose Bücher