Kolonie der Genetics
etwa anders? Wenn man die gewalttätige Geschichte Ihres Volkes betrachtet, so könnte man in der Tat auf den Gedanken kommen, dass es unter Ihresgleichen üblich und gewollt ist, sich wegen möglichst geringfügiger Anlässe gegenseitig zu töten. Wir töten auch. Aber nie aus nichtigem Anlass.«
Johnsons Gesicht wurde ernst. »Verstehe schon …«
»Da bin ich mir nicht sicher.«
»Wie meinen Sie das?«
»Sie waren Geheimdienstchef.«
»Das habe sowohl ich Ihnen gesagt und auch wahrscheinlich ein paar kluge Leute aus der Hierarchie Ihres eigenen Geheimdienstes!«
»Das bedeutet, Sie waren immer gut informiert.«
»Wollen Sie mich auf den Arm nehmen?«
»Beleidigen Sie mich nicht. Sie sind kein Schlüpfling und auch kein Küken mehr und bedürfen daher dieser Fürsorge nicht!«
Oh, er ist empfindlich! , ging es Rendor Johnson durch den Kopf. Fragt sich nur weswegen! Was habe ich ihm getan, dass er so gereizt auf mich reagiert?
»Was wussten Sie von den Massakern an vogelähnlichen Lebensformen auf einem Planeten, den Sie Second Earth nennen?«
»Second Earth, im Tau Ceti-System?«
»Exakt.«
»Aber das waren doch keine Massaker, sondern …« Johnson stockte. »Es ging um die Gewinnung von Nahrungsmitteln. Tierischen Nahrungsmitteln.«
»Von einer intelligenten Spezies.«
»Das ist vorbei. Im Übrigen frage ich mich, weshalb ich mich dafür rechtfertigen sollte?«
»Sie brauchen sich nicht zu rechtfertigen. Sie sollen mir nur ein paar Dinge erklären. Sehen Sie, ich habe den Auftrag bekommen, Ihnen zu helfen. Einem Mann, dessen Ziele ganz sicher nicht mit denen des Imperiums übereinstimmen. Aber so etwas kommt schon mal vor. Man hilft einem Feind seiner Feinde in der Hoffnung, dass er viel Schaden anrichtet. Damit habe ich kein Problem. Aber Ihre Rasse ist nicht wie die anderen Feinde des Glaubens, die wir bekämpft haben.
Man nennt mich Sun-Tarin, den Sohn und Enkel von Sun-Tarin. Schon mein Großvater unternahm eine Forschungsmission in diesen Raumsektor und wurde Zeuge der von Menschen begangenen Gräuel im Tau Ceti-System. Diese Erlebnisse haben ihn für sein Leben geprägt. Und nun möchte ich gerne Ihre ganz persönliche Position zu diesen Dingen erfahren. Halten Sie es für richtig, Intelligenzen zu essen? Wie können Sie so etwas mit Ihrem Gewissen vereinbaren?«
»Ich selber tue so etwas ja nicht. Und was das Tau Ceti-System angeht, so war das früher vielleicht üblich, weil man es nicht besser wusste. Aber heute nicht mehr. Und davon abgesehen, gibt es nicht nur eine menschliche Kultur, sondern viele verschiedene. Manche unserer Welten haben sich abseits von den anderen entwickelt und deswegen ihre eigenen Wertesysteme geschaffen, die sich hin und wieder vielleicht etwas von gängigen Vorstellungen unterscheiden. Kulturelle Vielfalt nennt man so etwas. Würde Ihrem Imperium vielleicht auch ganz gut tun.«
»Kulturelle Vielfalt? Ist das bei Ihnen die Bezeichnung dafür, wenn Sie Massenmord tolerieren?«
Johnson atmete tief durch. »Es kann Ihnen doch herzlich egal sein, was ich darüber denke. Ihre Befehlshaber sind offenbar zu dem Schluss gekommen, dass ich ihnen auf eine Weise, die Sie mir bislang noch nicht mitgeteilt haben, nützlich sein kann. Um den Rest brauchen Sie sich nicht zu kümmern, Sun-Tarin.«
»Sehen Sie, das sind die Dinge, die uns offenbar unterscheiden.«
»Ach ja?«
»Ich habe einen Glauben und ein Gewissen – und Sie nicht. Es ist schwer vorstellbar, so zu leben wie Sie es tun.«
»Jetzt tun Sie mal nicht so unschuldig, Kommandant! Sie finden nichts dabei, zahllose Nicht-Kridan umzubringen, nur weil sie sich nicht ihrer Göttlichen Ordnung unterordnen wollen! Dagegen sind wir doch Waisenknaben – selbst die Siedler von Second Earth!«
Sun-Tarin zögerte mit der Antwort.
»Was haben männliche elternlose Küken, die in staatlichen Einrichtungen aufgezogen werden, mit dieser Sache zu tun?«, fragte er dann.
Kurz bevor Sun-Tarin den Raum verlassen wollte, sprach Johnson ihn noch einmal an. »Wir sind tatsächlich im Zwischenraum, oder?«
»Ja.«
»Wusste ich es doch. Ich kann das hören. Ihre und unsere Raumschiffe sind sich viel ähnlicher, als man glaubt.«
»Kann sein.«
»Das bedeutet, Sie wissen jetzt, wo es hingeht.«
»Das ist korrekt.«
»Sie haben einen Überlichtfunkspruch erhalten?«
»Richtig.«
»Und vorher gab es ein Gefecht …?«
»Auch das stimmt.«
»Ist der Gegner vernichtet?«
»Schwer beschädigt. Er wird uns nicht
Weitere Kostenlose Bücher