Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition)
heißt so viel wie Johann der Stattliche.
Anfang des 16 . Jahrhunderts überquerte Johann der Stattliche den Atlantik und landete auf Hispaniola. [546] Aggressiv und ehrgeizig wie alle Konquistadoren, schloss sich der feurige junge Mann rasch Juan Ponce de León y Figueroa an, einem lokalen Untergouverneur, den er auf einem Eroberungszug begleitete, der dem zukünftigen Puerto Rico galt. Als Ponce de León sein Vermögen für die närrische Suche nach dem Jungbrunnen verschleuderte, nahm Garrido auch an dieser überflüssigen Expedition teil, in deren Verlauf sie als erste Menschen vom anderen Ufer des Atlantiks den Boden von Florida betraten. Als Spanien eine Strafexpedition gegen die karibischen Indianer ausschickte, war Garrido mit von der Partie. Und als Hernán Cortés den Dreibund unterwarf, war Johann der Stattliche an seiner Seite. [547]
Meist bezeichnet man den Dreibund als Aztekenreich, doch der Begriff ist eine Erfindung des 19 . Jahrhunderts und wird von Historikern zunehmend gemieden. Es handelte sich um ein Konsortium aus drei militarisierten Stadtstaaten in Zentralmexiko: Texcoco und Tlacopan sowie Tenochtitlan, dem bei weitem mächtigsten Partner. Als die Spanier eintrafen, beherrschte dieser Dreibund Zentralmexiko von Küste zu Küste, und Tenochtitlan war größer und reicher als jede Stadt in Spanien.
Ein Afrikaner, höchstwahrscheinlich Juan Garrido, hält Hernán Cortés’ Pferd, während der Konquistador sich, den Helm in der Hand, Motecuhzoma nähert, dem Oberbefehlshaber des Dreibunds. Die Zeichnung stammt aus Diego Duráns berühmtem Bericht über die Eroberung Mexikos –
Historia de las Indias de Nueva España e Islas de Tierra Firme
(«Geschichte der Indianer von Neuspanien und der Inseln des Kontinents», um 1581 ).
Als Politiker so gerissen wie als Soldat, war Cortés in der Lage, die vielen Feinde des Dreibunds zu einem Angriff zu bewegen und sich an dessen Spitze zu stellen. Doch obwohl sie den Führer der Allianz als Geisel in seinem eigenen Palast festgesetzt hatten – die demütigende Überwältigung lähmte Motecuhzoma –, mussten sie bei diesem ersten Angriff einen katastrophalen Fehlschlag hinnehmen. Nur knapp konnten die Spanier aus Tenochtitlan flüchten. [548] Als alles verloren schien, kam Cortés das Glück zu Hilfe: die unbeabsichtigte Einschleppung des Pockenvirus. Der nie zuvor auf dem amerikanischen Kontinent aufgetretene Erreger, der sich rasend schnell ausbreitete, fegte durch das dicht bevölkerte Zentralmexiko und tötete in ein paar Monaten ein Drittel oder mehr seiner Bevölkerung. [38] [549]
Als der Dreibund von der Seuche gebeutelt wurde, griff im Mai 1521 das 200 000 Mann starke spanisch-indianische Heer die Hauptstadt ein zweites Mal an. Tenochtitlan lag auf einer venezianisch anmutenden Ansammlung von Inseln – viele davon künstlich erschaffen – an der Westseite eines dreizehn Kilometer langen, von Menschenhand ausgebauten Sees. Von der Metropole ging ein spinnwebartiges Netz von Fußwegen, Deichen, Dämmen, Wällen und Kanälen aus, die einerseits die Fluten während der Regenzeit eindämmten und andererseits das Wasser während der Trockenzeit in der Stadt verteilten.
Cortés’ Strategie bestand unter anderem darin, die schwer bewachten, in die Stadt führenden Fußwege zu vermeiden, indem er die Burggräben ähnlichen Kanäle trockenlegen und auffüllen ließ und auf diese Weise festes Land gewann, von wo aus er einen Angriff auf die weniger geschützten Bereiche der Befestigung starten konnte. Während der Belagerung rissen die Angreifer tagsüber immer wieder Deiche ein und schütteten Steine und Erde auf, während die Verteidiger nachts die Deiche eilends ausbesserten und die Kanäle fluteten. Am 30 . Juni bauten sie am seeseitig gelegenen Zugang zum westlichen Aufgang von Tenochtitlan eine Falle, indem sie eine Brücke untergruben, die über eine flache, schilfbewachsene Wasserstraße führte. Als die Angreifer über die Brücke stürmten, so der Chronist Diego Durán, «brach das ganze Ding zusammen und die Spanier und Indianer, die sich darauf befanden, stürzten hinab». Aus Verstecken im Schilf schossen Kanus mit Männern, die Bogen, Speere und gestohlene spanische Schwerter schwangen. Verweifelt im Brackwasser um sich schlagend, waren die Spanier und ihre Pferde eine leichte Beute; Cortés selbst wurde verwundet und beinahe gefangen genommen.
Als die glücklicheren der Angreifer sich in Sicherheit brachten, hörten sie
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