Kolumbus kam als Letzter
Römerstraßen
schon vor dem Einmarsch der Römer! Es handelt sich damit um keltische (vielleicht sogar noch ältere vorkeltische) Straßen, deren 55
Gesamtlänge 80 000 Kilometer betragen haben soll, einschließlich
Nebenstraßen (Irmscher, 1984, S. 548). Denn nicht nur für die vier-
rädrigen Pferdewagen der Kelten benötigte man zwangsläufig ein
gutes Straßensystem!
Aber nördlich der Alpen gab es in unserem Bewusstsein ja nur ja-
gende, faul auf Bärenfellen liegende und dabei Bier (Met) trinkende
Barbaren, jedenfalls nach den Angaben der römischen Geschichts-
schreiber. Wenn man sich die hoch entwickelte Kunst der Kelten
(Germanen) in den Museen betrachtet, merkt man, dass die Germa-
nenberichte (es wurde nicht zwischen Kelten, Galliern und Germa-
nen unterschieden) zusammenfabriziert wurden. Sie stellen richtig-
gehende Märchen, erfundene Propagandaschriften dar.
Der römische Historiker Gaius Plinius Secundus, bekannt als Pli-
nius der Ältere (von 23/24-79), soll ausführlich über Land und
Leute in Germanien geschrieben haben. Der römische Geschichts-
schreiber Livius (-59 bis + 17) schrieb eine römische Geschichte in
142 Büchern (»Ab urbe condita libn«), die nur teilweise erhalten ist. Ein eigenes, über die germanischen Kriege geschriebenes Buch
ist spurlos verschwunden, ebenso wie das über Germanien.
Handelt es sich um bedauerliche Zufälle, wenn solche Werke spurlos
verschwinden? Nach Kammeier (2000) mussten diese antiken Quel-
len vernichtet werden, »um nicht die kulturlosen Faseleien der ver-
fälschten Germania als das erkennen zu lassen, was sie sind, nämlich Phantasieschilderungen der spätmittelalterlichen Fälscherzunft«
(Kammeier, 2000, S. 271). Mussten deshalb die antiken Bibliotheken (u.a. in Alexandria), wenn es sie denn je gab, brennen?
Für den Fall, dass es diese antiken Werke, auf die man ausdrücklich Bezug nimmt, nicht gibt, ist eine Gegenprobe der Angaben in den
klassischen Werken Caesars und der »Germania« nicht möglich.
Folgerichtig ist die »Germania«, diese angeblich einzigartige römische Quelle, vollständig erhalten geblieben, während andere alte Quellen – auf die man ausdrücklich Bezug nimmt – teilweise oder
sogar spurlos vom Erdboden verschwanden. Trotz wachsender
Rätsel, Widersprüche und Unsinnigkeiten, die nur Kopfschütteln
erzeugen, gilt die »Germania« als unverzichtbare Quelle für Histo-
riker und Philologen. Andererseits muss nicht alles gefälscht sein,
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zumindest insoweit, wie die Beschreibung realer Gegebenheiten
dem angestrebten Zweck nicht hinderlich waren. So erscheint der
Bericht Caesars (Drittes Buch, Kapitel 14) über 220 ausgelaufene
gallische Schiffe glaubhaft, die – man lese und staune – höher ge-
baut und den römischen überlegen waren.
Es existieren jedoch weder Originalhandschriften noch erste Ab-
schriften. Setzen wir jetzt einmal voraus, dass es sich bei der »Germania« um ein unverfälschtes, also original antikes Werk handelt,
dann müssten wir uns definitiv damit abfinden, dass unsere Vorfah-
ren halbwilde oder wilde Völkerstämme waren. Den Angaben von
Tacitus und Caesar über die Kulturlosigkeit der Germanen stehen
aber konkrete Bodenfunde entgegen. Schon zur angeblichen Bron-
zezeit, also vielleicht 1000 Jahre vor Tacitus, gab es stadtähnliche Dorfsiedlungen, ja größere Handelsstädte, die später überbaut wurden. Bereits damals verwendeten die auf hoher Kulturstufe stehen-
den Ackerbauern einen Räderpflug, während die Römer sich noch
mit einem steinzeitlichen Hakenpflug abmühten. In Wirklichkeit
waren die Kelten keine Barbaren, sondern schufen edle Kunst-
werke, konnten lesen und schreiben. Die Verdummung und Ver-
armung der Bevölkerung setzte nach der noch zu diskutierenden
Katastrophe im 14. Jh. und der Christianisierung ein. Es ist auch
merkwürdig, dass fast alle Erfindungen vor dem Jahre 1400 anonym
sind. Erst seit diesem Zeitpunkt nennen die Bücher Namen von Er-
findern, zum Beispiel für den Buchdruck Johannes Gutenberg (um
1440), das erste Plakat William Paxton (1477), den Globus Martin
Behaim (1492), die Post Franz von Taxis (1500), den Beton Bra-
mante (1500) und die Taschenuhr Peter Henlein (um 1510).
Wer beispielsweise glaubt, dass Tacitus vielleicht sogar in Germa-
nien gewesen sei und aus eigener Anschauung berichtet habe, irrt.
»Auf Kenntnis aus eigener Anschauung weist nichts«, wird in »Ge-
schichte der Römischen
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