Kolumbus kam als Letzter
bekehrende Heiden
unglaubwürdig. Eine mehrere Jahrhunderte andauernde papstlose
Phase oder auch sehr späte Gründung des Papsttums in Rom ist für
die katholische Papstkirche undenkbar und ganz einfach nicht zu
akzeptieren. Denn nicht nur der erste Papst Petrus würde zeitlich
und geschichtlich in der Luft hängen, da die Geburt von Jesus und
seine Kreuzigung für die christliche Religion von allergrößter
Bedeutung ist und dieser Zeitpunkt auf keinen Fall in Richtung
Gegenwart rutschen darf.
Rom war überall
Als ich die interessante Ostseeinsel Gotland besuchte, stutzte ich
bei der Besichtigung einer Klosterruine aus dem 12. Jh., denn der
Ort heißt Roma. Römer oder römische Kolonisten gab es hier nicht
– definitiv zu keiner Zeit.
Durch die den irischen Steinkreuzen ähnlichen Ringkreuze mit Ru-
neninschriften sowie christlichen Kreuze auf Gotland wird die sich
ab dem 6. Jh. über ganz Westeuropa wie auch über größere Teile
Skandinaviens erstreckende rege Missionstätigkeit iro-schottischer
Mönche dokumentiert, die auch im Kunsthandwerk mit unverkenn-
barem irischem Einfluss ihren Niederschlag fand (Lemke, 1986, S. 64).
108
Die romanischen Kapitelle der Kirchen auf Gotland zeigen deutlich keltisch-christliche Motive. Mit anderen Worten, sie wurden nicht von römisch-päpstlichen Dombauherren in Auftrag gegeben.
Interessant ist, dass neben 25 000 Stück Danegeld (Dänengeld) und 45 000 Stück deutschen Münzen des 9. bis 12. Jhs. – warum nicht
ältere? – sage und schreibe 60 000 kufische (arabische) Münzen auf
Gotland gefunden wurden. Die kufische Schrift wird nach einem
strengen geometrischen System geschrieben, wodurch eine eckige
Buchstabenform entsteht. Auf jeden Fall sind »die frühen arabi-
schen Münzen bis zum 12. Jh. in Kufi geschrieben. Erst seit dem
13. Jh. erscheint die Neshi-Schrift auf arabischen Münzen, die der
modernen arabischen entspricht« (Kroha, 1997, S. 518). Warum
findet man mehr arabische als europäische Münzen auf Gotland?
Warum prägten die Normannen in Italien, als sie über Sizilien und
Süditalien herrschten, teils Goldtari nach arabischem Vorbild mit
islamischer, teils mit griechischer Aufschrift, ja sogar kleine zweisprachige Silbermünzen (Kroha, 1997, S. 324)?
Trotz der Existenz einer Stadt Roma auf Gotland und der anschei-
nend weiten Reisen der Gotländer bis ins Mittelmeer wurden keine
römischen Münzen gefunden. Fände man auf Gotland eine Münze
mit der Aufschrift Roma, würde diese sicher als nachgeahmte oder geraubte römische Münze und nicht original gotische Münze der
Stadt Roma auf Gotland deklariert. Aber es gibt noch mehr Städte
in Europa, die Rom heißen.
Das Sprichwort »Viele Wege führen nach Rom« sagt nicht etwa
aus, dass viele Wege zu der Stadt Rom in Italien führen, sondern,
dass es viele Wege gibt, die zu einer Ortschaft namens Rom führten (vgl. Geise, 1997, S. 55). Tatsächlich führten die Römerstraßen genannten Keltenstraßen sternförmig immer in die nächste Verwal-
tungsstadt, wie Trier, und nicht nach Rom in Italien. Es gab meh-
rere Verwaltungsstädte oder Hauptstädte mit dem Namen Rom.
Trier wurde zur Zeit der Römer Roma secunda (das zweite Rom) genannt und war angeblich die Hauptstadt des römischen West-reiches. Eine in goldenen Lettern gefasste Inschrift am Rathaus der
Stadt Trier heißt: »ANTE ROMAM TREVERIS STETIT ANNIS
MILLE TRECENTIS PERSTET ET AETERNA PACE FRUA-
109
TUR.« Man könnte übersetzen: »Vor Rom stand Trier eintausend
und dreihundert Jahre. Möge es weiter bestehen und sich eines ewi-
gen Friedens erfreuen.«
Das Roma secunda (Trier), auch »Das Rom des Nordens« genannt, ist dem Text zufolge wesentlich älter als das italienische Rom?
Oder ist das griechische Rom (Byzanz) gemeint? Angeblich wurde
Trier erst um -15 von Kaiser Augustus im Gebiet der Treverer –
einem germanisch-keltischen Mischvolk (»Meyers Lexikon«) – als Augusta Treverorum gegründet. Der Inschrift in Trier zufolge wäre Rom dann erst im 14. Jh. (neu) gegründet worden.
Konstantins I. Chlorus (um 250 bis 306) regierte Gallien und Britannien von Trier aus wie schon vor ihm die so genannten Gallischen Sonderkaiser, deren letzter Vertreter angeblich Pius Esuvius Tetricus I. (271-274) war. Im Jahre 305 stieg Trier sogar zur offiziellen römischen Kaiserresidenz auf. Nachdem von germanischen Stammlanden
aus auch der römische Caesar Konstantin (der Große)
Weitere Kostenlose Bücher