Kolumbus kam als Letzter
Stelle tuen. Diese Mode, lateinische Wörter zu verwenden, gab es scheinbar auch in
Italien. Auf die auffallende Verwandtschaft einzelner Dialektwörter
des sizilischen Griechisch mit dem Lateinischen wies bereits
Theodor Mommsen (erstes Buch, 1902, S. 30) hin. Denn die
griechischen Kolonisten sprachen in ihren italienischen Stammlan-
den selbstverständlich Altgriechisch.
Nach dem »Lexikon der Antike« versteht man unter Kolonie eine
»städtische Neugründung der Griechen« und unter Kolone (latei-
nisch Colonus) »Siedler der römischen (also griechischen, HJZ) Kolonien (coloniae) in Italien und in den Provinzen« (Irmscher, 1984,
S. 290). Rom bedeutet im Griechischen aber auch: Heeresmacht, Heeresteil, Streitmacht, Kolonne, Heersäule (Gemoll, 1988, S. 667).
Waren – nach griechischer Interpretation – Römer ganz einfach An-
gehörige eines griechischen Heeres oder einer Streitmacht (in einer
durch eine Heersäule gekennzeichneten Kolonie), so wie ein Bundes-
wehrsoldat Angehöriger der Bundeswehr ist? In vielleicht tausend
Jahren werden Historiker möglicherweise irgendetwas von einem Volk 112
Bundeswehr lesen und sich über das plötzliche Auftauchen dieses Volkes nach dem Zweiten Weltkrieg auf dem Staatsgebiet der Bundes-republik Deutschland und vielleicht auch über das plötzliche Auflö-
sen dieses Volkes wundern, ähnlich wie bei den antiken Römern.
Das Fazit kann also lauten: Die Römer in Mittel- und Westeuropa
waren eine Art Heer mit Angehörigen verschiedener keltogermani-
scher Stämme und mit keltogermanischen Offizieren. Die angebli-
chen Legionärsheere des italienischen Roms mit ihren keltischen
Führern können als eigenständige Heere der keltogermanischen Völker gesehen werden, naturgemäß mit keltischer Führung. Die
Widersprüche in Bezug auf römisch-keltisch zusammengesetzte
Heere lösen sich auf!
War das (west-)römische Imperium ein europäisches Königreich in
Mittel- und Westeuropa, aber nicht in Italien? Dann wird auch ver-
ständlich, warum mehrere römische Kaiser (u.a. Galerius, Mark
Aurel, Caracalla, Antonius Pius) in barbarischen Stammlanden ge-
boren wurden. Die römischen Kaiser kamen von Karl dem Großen bis Maximilian I. (800-1519) bekanntermaßen sowieso aus
Deutschland und waren keine Römer, sondern keltogermanische
oder griechisch-fränkische Herrscher.
Heiliges Römisches Reich war die amtliche Bezeichnung für den Herrschaftsbereich des römischen Kaisers und der durch ihn regierten Reichsterritorien vom Mittelalter bis zum Jahre 1806. Seit
Kaiser Karl IV. (1316-1378) erschien die deutsche Formel Heiliges Römisches Reich, seit dem 15. Jh. mit dem Zusatz deutscher Nation.
Erst seit 1254 wurde die lateinische Bezeichnung verwendet!
Ohne Zeitspieß
Nach den bisherigen Ausführungen gab es eine antike, von Etrus-
kern erbaute Stadt an der Stelle des heutigen Roms, die ein
Schmelztiegel nichtrömischer antiker Kulturen war. Das Römische
Reich hat dann auch nicht in Italien, sondern in anderer Form und
insbesondere als Baustil- und Zeitperiode in Mitteleuropa und rund
ums Mittelmeer existiert. Sicherlich ein ketzerischer Gedanke.
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Eine europäische Geschichte ohne eine römische ist nicht nur für
Althistoriker, ja quasi für jeden Leser dieses Buches unfassbar. Na-
türlich kann man eine weltweit akzeptierte Selbstgewissheit, wie
das römische Imperium, nicht einfach in einem einzigen Kapitel
wie einen Schreibfehler wegradieren. Es wurde aber gezeigt, dass
selbstverständlich erscheinende Sachverhalte durchaus und begrün-
det infrage gestellt oder in einen anderen Zusammenhang interpre-
tiert und gesehen werden können.
Offiziell gibt es zwei verschieden lange Zeitstränge der Kulturen in der Alten und Neuen Welt. Fährt ein Kelte nach Amerika, landet er
kulturgeschichtlich gesehen wie auf einer Zeitreise in einem an-
deren Zeitalter. Denn die vergleichbaren Kulturen existieren schul-
wissenschaftlich in unterschiedlichen Zeitebenen. Alle Vergleiche
von ähnlichen Funden aus der Alten und Neuen Welt, auch wenn
sie identisch sind, müssen aus dieser Sichtweise unumstößlich Fehl-
interpretationen darstellen.
Es gibt ereignislose (dunkle) Zeiten (dark ages) oder von Naturka-
tastrophen verursachte Kulturbrüche in unserer Geschichte. Durch
Eliminierung von rein archäologisch begründeten und/oder durch
die Neudatierung zeitlich falsch eingestufter Kulturen könnte eine
neue gestraffte Abfolge der
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