Kolumbus kam als Letzter
Chaos im Universum oder Erdkatastrophen in der jüngeren Erdgeschichte
und den damit einhergehenden Zeitverlusten in der offiziellen Ge-
schichtsschreibung werden trotz gravierender Widersprüche in der
offiziellen Lehre gar nicht erst diskutiert. Aber die Zeit ist reif für einen Paradigmenwechsel.
127
128
5 Ketzer und keltisches Christentum
Die bezeugte seherische Gabe der Druiden hat ihre Entsprechung
in den religiösen Praktiken Indiens schon lange vor der Zeiten-
wende und geht auf gemeinsame Urphänomene zurück. Sie setzt
sich im keltischen Christentum fort, das durch koptisches,
armenisches und byzantinisches Gedankengut beeinflusst zu sein
scheint. Deshalb war das in druidischen Überzeugungen und
Glauben fest wurzelnde keltische Christentum kein Ableger der
lateinischen Kirche, sondern eine separate Mönchskirche, die von der später entstandenen Papstkirche nach anfänglicher
Kooperation vernichtet wurde. Europa wurde in diesem Zuge nach
einer friedlichen Missionierung der iro-schottischen Mönche zum
zweiten Mal, jetzt jedoch gewaltsam durch die Papstkirche,
christianisiert. Deshalb ist es vielleicht sogar zu tief gegriffen, wenn es in einem Arbeitsergebnis eines Symposiums von
Keltologen in Dublin heißt: »Die christliche Tradition in ihrer
angelsächsisch-irischen Ausformung tritt … gleichberechtigt neben das mediterrane griechisch-römische Erbe Europas.«
Freie Christen im Mittelalter
Vom frühen Christentum der Goten zeugt eines der berühmtesten,
ältesten und kostbarsten Bücher der Welt: die Wulfila-Bibel (Codex
argenteus), benannt nach dem ersten Bischof der Goten (um 311–
383). Sie wird im schwedischen Uppsala aufbewahrt, dem Her-
kunftsland der Goten und wird auch die Silberbibel genannt, denn
das Neue Testament ist mit Silbertinte – manche Seiten gar mit
Tinte aus Gold – auf purpurgefärbtes Pergament geschrieben. Ein
129
unendlich kostbares Dokument – nur eine Seite ist im Original zu
sehen. Alle anderen seien an einem geheimen Ort, heißt es. Bemer-
kenswert ist, dass die gotische Schrift von Wulfila eigens für die
Bibel aus germanischen Runen und griechischen Buchstaben neu
entwickelt wurde.
Es soll offiziell der Eindruck vermittelt werde, dass die lateinisch-katholische Bibel für die Barbaren übersetzt wurde, im Auftrag der
Papstkirche. Als Nebenprodukt entstand angeblich die gotische
Schriftsprache. Es verhält sich aber ganz anders. Denn die Lehre der Wulfila-Bibel unterscheidet sich wesentlich von der Vulgata, der lateinisch-katholischen Bibel. Eigentlich kein Wunder, denn
Wulfila war Arianer und vertrat den christlichen Naturglauben.
Demzufolge ist die Wulfila-Bibel ein Konkurrenzprodukt zur latei-
nisch-katholischen Bibel und die gotische Schrift besitzt die älteren Wurzeln.
Die altsächsische Heliand-Bibel – ein anonym überliefertes altsäch-
sisches Epos, das in fast 6000 Stabreimversen die Lebensgeschichte
Christi schildert – wurde im 9. Jh. verfasst und stellt durch die Ver-schmelzung von Anregungen aus Byzanz und keltogermanischen
Glaubensvorstellungen eine originelle biblische Schöpfung dar. Es
»werden positive Wertvorstellungen der germanischen Welt (Sip-
pengedanke, Gefolgschaftstreue) nicht einfach eliminiert, sondern
bisweilen zur Verdeutlichung des Neuen herangezogen und da-
durch zugleich im Sinne der christlichen Botschaft erweitert (Gebot
der Nächstenliebe) und vertieft (Glaube als unaufkündbare
persönliche Treue)« (Rathofer, 1962, S. 18). Als Textgrundlage
dienten nicht die vier einzelnen Evangelien der Bibel, sondern die
als Diatessaron bekannte Evangelienharmonie des syrischen Theo-
logen Tatian aus dem 2. Jh., dem ältesten aramäischen Text bezüg-
lich der Bibel.
Eigentlich ist merkwürdig, dass diese nichtlateinisch-katholischen
Bibeln noch Jahrhunderte nach der angeblichen Gründung der ka-
tholischen Kirche im 5. Jh. und nach der Formulierung einer rein
katholischen Lehre noch in Gebrauch waren, ja sogar neu gedruckt
wurden. Der Heliand belegt daher ein Bestehen christlicher, aber
eben nichtkatholischer Glaubensvorstellungen bis weit ins Mittel-
130
alter hinein und damit die Nichtexistenz der Papstkirche während
dieser Zeit?
Eine Inschrift aus dem 11. Jh. wurde in großen lateinischen Lettern
auf den prächtigen goldenen Basler Altaraufsatz geschrieben (Zarnack, 2000, S. 371 f.): »QVIS SICVT HEL FORTIS MEDICUS
SOTER BENEDICTUS / PROSPICE TERRIGENAS
Weitere Kostenlose Bücher