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Kolumbus kam als Letzter

Kolumbus kam als Letzter

Titel: Kolumbus kam als Letzter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Joachim Zillmer
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Wunder, denn unter fremder Hoheit ste-
    hendes Gebiet kann man nur schwer verschenken. Der deutsche
    König Otto der Große soll bei seiner Kaiserkrönung 962 in Rom
    diese Schenkungen ohne Abstriche bestätigt haben. Auch in diesem
    Fall gibt es keine bestätigende Original-Urkunde – ebenfalls verloren gegangen. Das kann jedem passieren, auch wenn es normaler-
    weise nichts Wichtigeres für die Existenzberechtigung der Papst-
    kirche gab als diese beiden Dokumente!
    Im Jahre 1201 erhielt der Kirchenstaat eine neuerliche Geburts-
    urkunde durch Otto IV., wiederum einem deutschen Herrscher.
    Warum schenkten immer aus Mitteleuropa und eben nicht aus Italien stammende römische Kaiser der römisch-päpstlichen Kirche Land in Italien? Weil Italien sich schon immer in der Hand von aus
    dem Norden (und aus Griechenland) stammenden Völkern befand?
    Übrigens herrschten bis 1194 in Apulien, Kalabrien und Sizilien,
    also in unmittelbarer Nachbarschaft Roms, noch immer Normannen
    (Wikinger), die dann unmittelbar 1194 von den Staufern abgelöst
    wurden.
    Papst Innozenz III. ließ sich angeblich die Vormundschaft für
    Friedrich II. übertragen. Dieser Staufer war 1196 im Alter von zwei
    Jahren zum römisch-deutschen König gewählt, aber nicht gekrönt
    worden und erhielt 1197 die Krone von Sizilien. Schließlich enthob
    Friedrich II. im Jahre 1208 mehrere italienische Städte sowie weite
    Gebiete dem Verband mit seinem Königreich und erkannte sie als
    Kirchenlehen – angeblich noch einmal 1215 – förmlich an. Damit
    wurde Innozenz III. erst im 13. Jh. zum eigentlichen Begründer des
    Kirchenstaates: »Der Apostolische Stuhl hatte jenen erstrebten
    Freiraum gewonnen, einen breiten Gürtel quer durch die Halbinsel,
    der von Küste zu Küste reichte und den Innozenz sogleich durch
    Burgen und eine geordnete Verwaltung zu sichern begann« (Goez,
    1988, S. 146ff.).
    Warum baute man erst im 13. Jh. sogleich Burgen? Gab es für diese Festungsanlagen vorher gar keinen Bedarf? Brauchte die
    römisch-päpstliche Kirche vorher gar nichts zu schützen? Wer
    nichts besitzt, braucht auch nichts zu beschützen. Innozenz III.

    121

    kann als der Schöpfer des Kirchenstaates angesehen werden. Unter
    diesen Umständen erweist sich ein frühmittelalterlicher Kir-
    chenstaat als fiktives Gebilde, da auch alle Grundlagen – sowohl
    Konstantinische als auch Pippinische bzw. Karlische Schenkung –
    gefälscht sind. Demzufolge ist es auch kein Zufall, wenn derart
    wichtige Originalurkunden fehlen und für den Kirchenstaat kein
    geschichtlich dokumentiertes Territorium nachgewiesen werden
    kann.
    Tatsächlich ist die »Konstantinische Schenkung (eine) gefälschte
    Urkunde«, kann man nicht nur in »Meyers Lexikon« lesen. Die
    Konstantinische Schenkung, eine Urkunde aus der Zeit um 750, in der angeblich Konstantin I. (der Große) die Vorherrschaft Roms
    über alle Kirchen anerkennt und dem Papst die Herrschaft über Rom und alle abendländischen Provinzen zugesteht, diente im Mittelalter dem Papsttum als Beweis seiner Herrschafts- und Besitz-
    rechte. Da diese Urkunde erwiesenerweise gefälscht ist, gibt es keine Vorherrschaft der römisch-päpstlichen Kirche und auch keine
    geschichtlich fundierten Herrschafts- und Besitzrechte. Etwas
    ursprünglich Erfundenes können auch angeblich später fungierende
    Herrscher nicht bestätigt haben – denn Voraussetzung hierfür wäre
    die Echtheit der ursprünglichen Urkunde. Wie und wo entstand
    dann aber die katholische Kirche überhaupt?

    Die französische Papstkirche

    Die überregionale französische Kirche wurde zur Nationalkirche,
    zu deren Oberhaupt 1305 der Erzbischof von Bordeaux als Kle-
    mens V. (1305-1314) zum Papst gewählt wurde. Er residierte in
    einem Dominikanerkloster. Im so genannten Exil der katholischen
    Päpste, das offiziell erst vier Jahre nach der Papstwahl Klemens V.
    begann, wurde in Avignon (Frankreich) eine gewaltige palastartige
    Festung gebaut, die bereits nach fünfjährigem Exilaufenthalt er-
    richtet wurde. Solch eine gewaltige Anlage baut man aber nur,
    wenn ein langfristiger, in der Dauer nicht abzusehender Aufenthalt
    geplant ist.

    122

    »Durch die prunkhaft weltliche Hofhaltung wird Avignon im 14. Jh.
    zu einem Kulturzentrum in Südfrankreich« und befruchtete »von
    hier aus die Fürstenhöfe Europas mit dem neu aufkeimenden Geist
    der italienischen Frührenaissance« (Hofstätter, 1967, S. 38). Gegen
    das aufstrebende Machtzentrum in Avignon wurden deutsche,

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