Kolumbus kam als Letzter
vollzogen haben. Ernst Bramme (1978) erklärt die Bedeu-
tung der Dreifelderwirtschaft neu: Denn nach der Feldgraswirt-
schaft (fälschlich Zweifelderwirtschaft genannt) ermöglichte nicht
der Pflug oder anderes landwirtschaftliches Gerät die Dreifelder-
wirtschaft, sondern nur das systematische Düngen der Felder. Hinzu kommt eine technische Innovation. Kennzeichnend für die land-
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Abb. 25: Städtegründungen. Nach den Katastrophen mit weltweiten Auswirkungen im 6.19. Jh. bewirkte das einsetzende mittelalterliche Klimaoptimum explosionsartige Städtegründungen. Vor dem 9. Jh. gab es schätzungsweise 100 bis 120 Handelsplätze (Oppida) und 30 bis 40 auf alten Grundrissen neu errichtete Städte. Nach dem Beginn der Kleinen Eiszeit und dem Wirken von Überflutungen sowie der schwarzen Pest kam die
Städtegründungswelle wieder zum Erliegen (vgl. Humpert/Schenk, 2001, S.
58ff.).
wirtschaftliche Umwälzung sind der schwere Wendepflug auf Rä-
dern und die erstmalige Verwendung des Pferdes als Zugtier mit
Hilfe von neu entwickeltem Zaumzeug und Hufeisen.
Woher der Dünger kam, ist kaum geklärt. Aber meines Erachtens
könnte es sich um eine natürliche Folge der Überflutungen im
6./9. Jh. handeln, denn den reichlich vorhandenen fruchtbaren,
mineralhaltigen Schlamm (vergleiche Abhängigkeit von Nilüber-
schwemmungen und ägyptischer Kultur) konnte man sogar als
Handelsgut verkaufen. Ohne die Naturkatastrophen wäre der kul-
turelle Umschwung vielleicht gar nicht möglich gewesen. Die Hin-
terlassenschaften der Naturgewalt wurden genutzt, um Felder zu
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düngen, Nahrungsmittel anzubauen und eine üppige Vegetation zu
ermöglichen. Hinzu kommen der durch die Naturkatastrophen
wesentlich erhöhte Grundwasserspiegel und die höheren Tempera-
turen während des mittelalterlichen Klimaoptimums.
Die von den Kelten praktizierte Feldgraswirtschaft hatte in den
schottischen Highlands bis 1746 Bestand, als in dem berühmten
Aufruhr unter Bonnie Prince Charlie die Aufstände kulminierten,
das Hochland dann endgültig militärisch besetzt und die Clanwirt-
schaft zerschlagen wurde. Die traditionell keltische Lebensweise
wurde durch blutige Repressalien zerstört:
»Im Verein mit der Absetzung einiger Clanherren und der Angli-
sierung anderer zerbrach darunter die alte Gesellschaftsordnung:
Die autokratisch gesinnten Häuptlinge empfanden keine Verant-
wortung mehr für ihren Clan. Die Kampfkraft der gälisch spre-
chenden Clans wurde dadurch gebrochen, dass die Männer zu
Tausenden in die Highlandregimenter der britischen Armee ein-
gezogen wurden. Binnen eines Jahrhunderts war die Kultur tot«
(James, 1998, S. 179). Ein entsprechender Vorgang ereignete sich
auf dem europäischen Festland, beginnend um das Jahr 1000, mit
der keltogermanischen Kultur.
Die Feldgrasbauern siedelten als Sippengemeinschaft in unterbe-
völkert erscheinenden Gebieten wie den schottischen Highlands vor
1746, da ohne Düngereinsatz nur auf bestimmten fruchtbaren Böden Getreideanbau erfolgen konnte, die dann nach zwei Anbau-perioden längere Regenerationsphasen benötigen.
Erst die Verwendung von Dünger machte die Waldrodung zur Ge-
winnung von Ackerland sinnvoll. Die Feudalherren konnten erst
zu dieser Zeit systematisch Dörfer gründen. »Die Dreifelderwirt-
schaft lässt überhaupt erst die Landschaft entstehen, so wie wir sie heute kennen. Sie ermöglicht bzw. erzwingt überhaupt erst eine
Nationenbildung, weil die trennenden Wälder und andere ›hem-
mende‹ Landschaftsstrukturen verschwinden. Künstliche Grenzen
müssen definiert werden«, schreibt Professor Hans-Ulrich Niemitz
(2001, S. 714) zutreffend.
Mit dem Einsatz von Dünger wurde der Ertrag um ein Mehrfaches
gesteigert, vor allem da jetzt auch auf vorher unfruchtbar erschei-
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nenden Flächen ertragreiche Feldwirtschaft betrieben werden konn-
te. Baute man bis dahin nur das für die eigene Versorgung Er-
forderliche an, entstanden jetzt Überschüsse, mit denen gehandelt
werden musste. Zu diesem Zweck mussten Marktansiedlungen neu geplant und gebaut werden.
Rastergeplante Märkte
Vom Siedlungsbild her unterscheidet sich der Typ der Siedlung
Markt von der Stadt mit wenigen Ausnahmen durch das Fehlen
jeglicher Neben- und Parallelstraßen, sodass von der Topographie
her auch im Mittelalter der Unterschied zwischen Stadt und Markt
augenfällig gewesen sein muss. Aus der einschlägigen Literatur geht
hervor, dass
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