Kolumbus kam als Letzter
Stadt
festgestellt:
»Nach diesen 700 Jahren totaler Stagnation erfolgt in der Zeit 1030
und 1348 eine Explosion des Städtebaus, wie sie heute fast nicht
mehr vorstellbar ist. Um 1000 gibt es ca. 150 Städte, um 1200
bestehen bereits 1000 Städte, deren Zahl bis 1350 auf ca. 3000 an-
steigt. Mit dem Ausbruch der Pest endet schließlich die Stadtgrün-
dungsepoche.
In dieser Zeitspanne nimmt auch … die Bevölkerung in Mittel-
europa ständig zu« (Humpert/Schenk, 2001, S. 58).
Nach der 1348 durch die große Pest und die Naturkatastrophen
abrupt unterbrochenen Stadtgründungswelle, in der knapp 3000
Städte innerhalb von etwas mehr als 300 Jahren in Deutschland ge-
gründet wurden, entstanden danach vom Barock bis zur Neuzeit nur
noch 20 bis 30 Stadtneugründungen. In der Zeit der Industria-
lisierung wuchsen nochmals 20 bis 40 Städte zu Industriezentren
heran. Nach 1350 entstanden Städte wie Wolfsburg, Mannheim,
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Karlsruhe, Ludwigsburg, Potsdam, Ratzeburg oder Neuwied am
Rhein.
Die große Flüchtlingswelle der Hugenotten aus Frankreich im 16.
Jh. löste einen kräftigen städtebaulichen Impuls aus, führte aber
meist nur zu Stadterweiterungen (u.a. Berlin, Kassel, Offenbach).
Karls Luftschlösser
Bereits Anfang des 20. Jhs. behauptete der bekannte Wirtschaftshis-
toriker W. Sombart, »dass es in dem weiten Reiche des Franken-
kaisers (Karl der Große) überhaupt keine Städte gegeben habe«
(Dopsch, 1938, S. 38). Die zuvor beschriebenen neuen Untersu-
chungen über die mittelalterlichen Stadtplanungen bestätigen diese
Behauptung.
Zu Lebzeiten Karls des Großen (747-818) gab es demnach höchs-
tens Vor- und Frühformen des europäischen Städtewesens, aber
kaum Städte. Auch die Bezeichnung Hauptstadt für Aachen führt in die Irre, denn Aachen bekam die Stadtrechte in zwei Schritten erst
ab 1166 durch Friedrich I. zuerkannt.
Der rastlose Karl besaß keine Hauptstadt, aber auch ein Reich ohne Ökonomie, denn es fand lediglich eine Naturalwirtschaft mit mini-malem Handel auf Tauschbasis, noch dazu auf neolithischem (jung-
steinzeitlichem) Niveau statt (Illig, 1996, S. 140). Zu dieser Aus-
sage passt die ansonsten verwunderliche Feststellung, »dass sich
gerade in dieser Zeit die Anfänge eines Neuen deutlich heraus-
bildeten, womit die Urbanisierung auch des bis dahin städtelosen Teils Europas in Gang kommen konnte« (Pitz, 1991, S. 130).
Während der Regierungszeit des alles überstrahlenden Reichsgrün-
ders Karl war ein absoluter Tiefpunkt zu verzeichnen, erreichte der
Verfall des antiken Städtewesens und Verkehrssystems seinen
tiefsten Punkt und die Landwirtschaft wurde zur nahezu aus-
schließlichen Grundlage des Wirtschaftslebens.
Die nach diesem Tiefpunkt mitteleuropäischer Geschichte als hoff-
nungsvoll dargestellten Anfänge kommen zeitlich allerdings 300
Jahre zu früh. Das alles passt zu einem Zeitpunkt, der zu Beginn
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der Stadtgründungswelle am Ende des ersten Jahrtausends liegt und
nicht vorher. Zu dieser Zeit begann auch die grausame feudale Aus-
beutung mit einem aufkeimenden Klassenkampf zwischen Bauern
und weltlich-geistlichen Feudalherrn, der laut mittelalterlichen
Chroniken überall stattfand. Damals setzte laut J.M. Shukow
(1963) die »Entwicklung des Privateigentums« ein.
Die in Sippengemeinschaften und Stammesverbänden lebenden
Keltogermanen kannten kein Eigentumsrecht an Grund und Boden,
denn der war ja ihre Allmutter, das Gottesprinzip oder Gott Natur.
Mit der Einführung des Feudalsystems wurden politische und
kirchliche Feudalherrscher installiert, durchgesetzt mit fürchterli-
cher Waffengewalt und grausamen Metzeleien, auch Ketzerkriege
genannt.
Mit Hilfe der Inquisition wurden ganze Familienverbände enteig-
net. Der Grund und Boden fiel vor allem der katholischen Kirche
zu, die jetzt zum Großgrundbesitzer wurde.
Die durch die weisen Frauen beherrschten Verhütungsmethoden
wurden unter Todesstrafe gestellt, da man die Kinder als zukünftige
Arbeitskräfte dringend benötigte.
Gleichzeitig wurden erstmals feste Grenzen installiert, die es vor-
her überhaupt nicht gab. Zu neu fixierten (installierten) Ländern
mit festgelegten Staatsgrenzen gehörten auch neue Sprachen, die in
den Klöstern und neu geschaffenen Universitäten entwickelt wur-
den.
Es musste eine neue Sprache erfunden werden, die die Urbevölke-
rung nicht verstand. Denn die Fälschungsaktion wurde in mehreren
weit auseinander
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