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Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)

Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)

Titel: Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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beugte sich im Stuhl vor und stützte die Stirn auf seine gefalteten Hände. »Vielleicht hast du recht. Mit dem Trinken habe ich auch immer in den ungünstigsten Augenblicken angefangen. Ich habe immer dann die Kontrolle verloren, wenn es gerade ganz besonders darauf ankam, wach und konzentriert zu sein. Als hause ein Dämon in mir, der alles darauf anlegt, dass ich kaputtgehe. Dass ich wirklich in der Hölle ende.«
    »Das ist die Aufgabe von Dämonen.« Ståle unterdrückte ein Gähnen.
    »Wenn es so ist, hat der wirklich einen guten Job gemacht. Ich war kurz davor, ein Mädchen zu vergewaltigen.«
    Ståle gähnte nicht mehr. »Was sagst du da? Wann?«
    »Gestern Abend. Eine frühere Studentin der PHS , sie tauchte auf, als ich die Wohnung untersucht habe, in der Valentin Gjertsen gewohnt hat.«
    »Oh?« Ståle nahm die Brille ab. »Und? Hast du was gefunden?«
    »Eine Stichsäge mit einem gebrochenen Sägeblatt. Die muss da schon Jahre gelegen haben. Natürlich können die auch die Handwerker da vergessen haben, als die Zwischendecke eingezogen wurde, aber sie überprüfen die Bruchflächen mit dem Rest, der in Bergslia gefunden worden ist.«
    »Und sonst noch was?«
    »Nein. Das heißt, doch. Einen toten Dachs.«
    »Einen Dachs?«
    »Ja, es sah so aus, als hätte der da in der Zwischendecke sein Versteck gehabt.«
    »Nicht zu fassen. Wir hatten früher bei uns auch einen Dachs, aber der ist glücklicherweise im Garten geblieben. Der Kiefer von denen ist echt furchteinflößend. Dann ist er während des Winterschlafs gestorben?«
    Harry zog einen Mundwinkel hoch. »Wenn du das wichtig findest, kann ich die Rechtsmedizin beauftragen …«
    »Sorry, ich …« Ståle schüttelte den Kopf und setzte die Brille wieder auf. »Also, dieses Mädchen kam zu dir, und du hattest auf einmal Lust, sie zu vergewaltigen? War es so?«
    Harry hob die Hände über den Kopf. »Ich habe gerade der Frau, die ich über alles in der Welt liebe, einen Antrag gemacht. Ich will nichts anderes, als dass wir ein gutes Leben miteinander haben. Irgendwie scheint das den Teufel wieder auf den Plan zu rufen und …« Er ließ die Hände sinken.
    »Warum hältst du inne?«
    »Weil ich hier sitze und einen Teufel erfinde, dabei aber ganz genau weiß, was du sagen wirst. Flucht vor der Verantwortung.«
    »Und, stimmt das nicht?«
    »Natürlich stimmt das. Das ist derselbe Kerl, nur in neuen Kleidern. Ich dachte, sein Name wäre Jim Beam. Und die Ursachen die zu früh gestorbene Mutter und die Arbeitsbelastung. Oder das Testosteron, wenn ich nicht ein Säufergen habe … Vielleicht stimmt das ja auch alles, aber wenn dieser Kerl alle Kleider und Masken abgelegt hat, heißt er doch ganz einfach Harry Hole.«
    »Und du behauptest, Harry Hole hätte gestern Abend dieses Mädchen vergewaltigen wollen?«
    »Ich träume schon lange davon.«
    »Davon zu vergewaltigen? Ganz generell?«
    »Nein. Es ist dieses Mädchen. Sie hat mich dazu aufgefordert.«
    »Sie zu vergewaltigen? Streng genommen ist das dann keine Vergewaltigung mehr.«
    »Beim ersten Mal wollte sie bloß mit mir schlafen. Sie hat mich provoziert, aber ich wollte nicht, sie war schließlich eine Studentin. Danach begannen meine Phantasien, sie zu vergewaltigen. Ich …«
    Harry wischte sich mit der Hand über das Gesicht. »Ich dachte nicht, dass ich so etwas in mir hätte. Ich bin doch kein Vergewaltiger. Was passiert hier mit mir, Ståle?«
    »Du hattest also sowohl Lust als auch Gelegenheit, sie zu vergewaltigen, hast es aber nicht getan?«
    »Es kam jemand, wir wurden unterbrochen. Und Vergewaltigung ist Vergewaltigung, auch wenn sie mich zu diesem Rollenspiel eingeladen hat. Aber ich war bereit, diese Rolle zu spielen, Ståle. Verdammt bereit.«
    »So, so, aber eine Vergewaltigung ist das noch lange nicht.«
    »Vielleicht nicht in juristischer Hinsicht, aber …«
    »Aber was?«
    »Aber wenn wir angefangen hätten und sie dann irgendwann doch nicht gewollt hätte … Ich weiß echt nicht, ob ich dann aufgehört hätte.«
    »Nicht?«
    Harry zuckte mit den Schultern. »Hast du eine Diagnose, Doktor?«
    Ståle sah auf die Uhr. »Ich glaube, du musst mir noch ein bisschen mehr erzählen. Aber draußen wartet mein erster Patient.«
    »Ich habe nicht die Zeit, in Therapie zu gehen, Ståle, wir müssen einen Mörder fangen.«
    »Wenn das so ist«, sagte Aune und bewegte seinen beleibten Oberkörper vor und zurück, »musst du dich mit einem Schuss aus der Hüfte begnügen. Du kommst zu

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