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Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)

Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)

Titel: Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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alles ins Dunkel tauchten, verschleierten, betäubten. Aber das war nur eine vorübergehende Lösung. Eine schlechte Lösung. Die andere war endgültig. Notwendig. Die andere beseitigte die Probleme. Die andere war die Variante des Teufels.
    Harry sprang auf die Beine. Es gab keinen Alkohol im Haus, das war schon so, seit er eingezogen war. Er begann auf und ab zu laufen und blieb stehen. Starrte auf den alten Eckschrank. Er erinnerte ihn an etwas. Ein Barschrank, auf den er vor langer Zeit genauso wie jetzt gestarrt hatte. Was hielt ihn zurück? Wie oft hatte er seine Seele schon für weniger verkauft? Aber vielleicht war es genau das? Die anderen Male war es um Peanuts gegangen, um Wechselgeld, gerechtfertigt durch höchst moralische Wut. Aber dieses Mal … Dieses Mal war es unsauber, weil er im gleichen Atemzug auch seine Haut retten wollte.
    Jetzt hörte er sie da drinnen ganz genau.
    Hol mich raus, benutz mich, benutz mich für das, wofür ich geschaffen bin. Dieses Mal werde ich meine Arbeit richtig machen und mich nicht von einer schusssicheren Weste fehlleiten lassen.
    Er würde etwa eine halbe Stunde brauchen bis zu Truls Berntsens Wohnung in dem Block in Manglerud. Mit dem Waffenarsenal im Schlafzimmer, das er selbst gesehen hatte. Handfeuerwaffen, Handschellen, Gasmasken, Schlagstöcke. Warum zögerte er noch? Er wusste doch, was getan werden musste.
    Aber stimmte es auch, hatte wirklich Truls Berntsen René Kalsnes im Auftrag von Mikael Bellman getötet? Daran, dass Truls Berntsen verrückt war, gab es wenig Zweifel. Ob das allerdings auch für Mikael Bellman galt?
    Oder war das nur eine Konstruktion, die sein Hirn aus den ihm zur Verfügung stehenden Bruchstücken zusammengesetzt hatte? Bruchstücke, die es mit Gewalt zusammengefügt hatte, weil es sich ein Bild wünschte, weil es nach einem Bild verlangte – egal, was für eins –, nur um eine Antwort zu bekommen, die Punkte mit Strichen zu verbinden.
    Harry nahm das Telefon aus seiner Tasche und drückte auf A.
    »Hallo, Arnold, ich bin’s.«
    »Harry?«
    »Ja, bist du noch bei der Arbeit?«
    »Es ist ein Uhr nachts, Harry. Ich bin einigermaßen normal, also liege ich im Bett.«
    »Sorry, willst du weiterschlafen?«
    »Wenn du so fragst, ja.«
    »Okay, aber jetzt, da du schon mal wach bist …« Er hörte ein Stöhnen am anderen Ende. »Ich denke gerade über Mikael Bellman nach. Du hast im Kriminalamt doch mit ihm zusammengearbeitet. Hattest du jemals den Eindruck, dass er sich sexuell auch von Männern angezogen fühlt?«
    Es folgte eine lange Stille, in der Harry Arnolds gleichmäßigen Atem hörte sowie das Rattern von Schienen, über die ein Zug fuhr. Der Akustik entnahm Harry, dass Arnold bei offenem Fenster schlief, es hörte sich fast so an, als wäre er draußen.
    Wahrscheinlich hatte er sich an die Geräusche gewöhnt, so dass sie nicht mehr in seinen Schlaf drangen. Und dann kam ihm in den Sinn, dass das bei diesem Fall vielleicht genauso war. Vielleicht waren es die vertrauten Laute, die sie nicht mehr hörten und die ihnen deshalb nicht mehr auffielen, auf die sie achten mussten.
    »Arnold? Bist du wieder eingeschlafen?«
    »Nein, aber der Gedanke ist so neu für mich, dass ich erst mal darüber nachdenken musste. Also, wenn ich mir die Bilder von damals wieder wachrufe und sie jetzt in einem anderen Kontext betrachte, dann … Aber ich selbst kann nicht … Aber das ist ja klar …«
    »Was ist klar?«
    »Also, Bellman war damals ja immer mit seinem Köter zusammen, diesem grenzenlos loyalen Kerl.«
    »Truls Berntsen.«
    »Genau. Die zwei …« Neuerliche Pause. »Beim besten Willen, Harry, ich schaffe es nicht, mir die beiden als schwules Pärchen vorzustellen, wenn du verstehst.«
    »Verstehe. Tut mir leid, dass ich dich geweckt habe. Gute Nacht.«
    »Gute Nacht. Aber Moment mal, warte noch mal kurz.«
    »Hm?«
    »Es gab da einen anderen Kerl im Kriminalamt. Ich hatte das ganz vergessen, aber ich habe die beiden mal auf dem Klo gesehen. Sie standen mit hochroten Gesichtern an den Waschbecken. Als wäre irgendwas passiert, du verstehst schon, wie ich das meine. Ich weiß noch, dass ich mir damals ein paar Gedanken gemacht habe, ohne dem viel Bedeutung beizumessen. Der Typ ist anschließend auch ziemlich schnell aus dem Kriminalamt verschwunden.«
    »Weißt du noch seinen Namen?«
    »Keine Ahnung, aber ich kann versuchen, das rauszufinden. Nur sicher nicht jetzt.«
    »Danke, Arnold, und schlaf gut.«
    »Danke. Was läuft bei

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