Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)
Polizeischlächter? Er sah so … perplex aus. Als verstünde er nichts. Der Grüngekleidete trat einen halben Schritt zur Seite, und erst jetzt sah Harry die Person, die der Grüngekleidete verdeckt hatte. Eine Frau, auch sie in Grün.
Im selben Augenblick flog die Tür auf, und er wurde von zwei weiteren grüngekleideten Personen zur Seite geschoben.
»Status quo?«, fragte einer der neuen mit hoher, aber respekteinflößender Stimme.
»Bewusstlos«, antwortete die Frau. »Niedriger Puls.«
»Blutverlust?«
»Auf dem Boden ist nicht viel Blut, aber es kann in seinen Magen gelaufen sein.«
»Bestimmen Sie die Blutgruppe und bestellen Sie drei Konserven.«
Harry ließ die Pistole sinken.
»Ich bin von der Polizei«, sagte er. »Was ist passiert?«
»Raus mit Ihnen, wir versuchen hier, ein Leben zu retten«, sagte die hohe Stimme.
»Ich auch«, sagte Harry und hob die Pistole wieder an. Der Mann starrte ihn an. »Ich versuche einen Mörder zu stoppen, und wir wissen noch nicht, ob er für heute mit seiner Arbeit fertig ist, okay?«
Der Mann wandte sich wieder von Harry ab. »Wenn es nur diese Wunde ist, wird der Blutverlust bis jetzt nicht so groß sein, dann ist auch nichts in seinem Magen. Steht er unter Schock? Karen, hilf du dem Polizisten.«
Die Frau redete durch den Mundschutz, ohne vom Bett wegzugehen. »Jemand an der Rezeption hat einen Mann mit blutigem Chirurgenkittel und Mundschutz aus dem leeren Flügel kommen und nach draußen verschwinden sehen. Das war so ungewöhnlich, dass er jemanden geschickt hat, um den Flur zu kontrollieren. Der Patient hier wäre verblutet, wenn wir ihn nicht gefunden hätten.«
»Weiß jemand, wohin der Mann verschwunden ist?«, fragte Harry.
»Sie haben gesagt, er wäre einfach nach draußen gegangen.«
»Wann kommt der Patient wieder zu Bewusstsein?«
»Wir wissen noch nicht mal, ob er überlebt. Sie sehen übrigens so aus, als könnten Sie selbst einen Arzt gebrauchen.«
»Wir können im Augenblick nicht viel mehr machen, als die Blutung zu stoppen«, sagte die hohe Stimme.
Mehr Informationen bekam er nicht. Trotzdem blieb Harry stehen und trat schließlich zwei Schritte vor. Hielt an. Starrte in Mikael Bellmans weißes Gesicht. War er bei Bewusstsein? Schwer zu sagen.
Das eine Auge starrte ihn direkt an.
Das andere war weg.
Dort war nur noch ein schwarzes Loch mit blutigen Sehnen und weißen, heraushängenden Fasern.
Harry drehte sich um und ging nach draußen. Nahm das Handy aus seiner Tasche, während er auf der Jagd nach frischer Luft zum Ausgang lief.
»Ja?«
»Ståle?«
»Du hörst dich angespannt an, Harry.«
»Der Polizeischlächter hat sich Bellman geholt.«
»Geholt?«
»Er hat ihn operiert.«
»Wie meinst du das?«
»Er hat ihm ein Auge rausgeschnitten. Und ihn so zurückgelassen, dass er ohne fremde Hilfe verblutet wäre. Und der Polizeischlächter steht auch hinter der Explosion heute Abend, von der du sicher in den Nachrichten gehört hast. Er hat zwei Polizisten zu töten versucht, einer davon war ich. Ich muss wissen, was er denkt, ich bin mit meinem Latein echt am Ende.«
Es wurde still. Harry wartete, hörte Ståle Aunes schweren Atem. Und dann endlich seine Stimme.
»Ich weiß wirklich nicht …«
»Das will ich nicht hören, Ståle. Tu so, als wüsstest du was, okay?«
»Okay, okay, Harry. Was ich sagen kann, ist, dass er die Kontrolle verloren hat. Der emotionale Druck ist eskaliert, er kocht jetzt über, deshalb folgt er auch nicht mehr seinen Mustern. Von jetzt ab kann er auf alle möglichen Ideen kommen.«
»Du sagst also, dass du keine Ahnung hast, wie sein nächster Zug aussieht?«
Erneutes Schweigen.
»Danke«, sagte Harry und legte auf. Das Telefon begann gleich darauf wieder zu klingeln. B für Bjørn.
»Ja?«
»Delta ist auf dem Weg zu Folkestads Adresse.«
»Gut! Sag ihnen, dass es sein kann, dass er im Moment auf dem Weg dorthin ist. Und dass wir ihnen eine Stunde geben, bevor wir offiziell die Fahndung rausgeben, damit er nicht vorher durch den Polizeifunk oder irgendwie sonst gewarnt werden kann. Ruf Katrine an und bitte sie, in den Heizungsraum zu kommen. Ich bin auf dem Weg.«
Als Harry an den Empfang kam, registrierte er, wie die Leute ihn anstarrten und vor ihm zurückwichen. Eine Frau schrie, und jemand tauchte hinter einem Tisch ab. Harry sah sich selbst im Spiegel hinter der Pforte.
Fast zwei Meter ausgebombter Mann, in der Hand noch immer die hässlichste Waffe der Welt.
»Tut mir leid,
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