Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)
gerade gähnen, als er einen Schrei hörte.
Er war gleich auf den Beinen und riss die Tür auf. Ließ den Blick von links nach rechts durch den Raum schweifen und konstatierte, dass nur Mona und der Patient im Raum waren.
Mona stand mit offenem Mund neben dem Bett, sie hatte eine Hand ausgestreckt. Ihr Blick war auf den Patienten gerichtet.
»Ist er …?«, begann Anton, brachte seinen Satz aber nicht zu Ende, als er das Geräusch hörte. Das Piepen der Maschine, die die Herzfrequenz aufzeichnete, war so durchdringend – und die Stille dazwischen so allumfassend –, dass er es sogar draußen auf dem Flur hörte.
Monas Fingerspitzen ruhten auf der Stelle, an der das Schlüsselbein mit dem Brustbein verbunden ist. Laura legte ihre Finger auch immer genau an diese Stelle, wenn sie erschrocken war. Monas Haltung, die ihn so unglaublich an Laura erinnerte, nahm all seine Aufmerksamkeit gefangen. Sogar als sie ihm strahlend etwas zuflüsterte, als fürchtete sie, den Patienten zu wecken, kamen ihre Worte wie aus weiter Ferne.
»Er hat gesprochen. Er hat gesprochen.«
Katrine brauchte knappe drei Minuten, um sich über die bekannten Schleichwege in das System des Osloer Polizeidistrikts einzuloggen. Schwieriger war es hingegen, die Verhörprotokolle der Vergewaltigung in dem Hotel in Otta zu finden. Die Digitalisierung der noch auf Band befindlichen Ton- und Filmaufnahmen war zwar recht weit fortgeschritten, die Indexierung stellte aber noch immer ein Problem dar. Katrine hatte alle Schlagworte probiert, die ihr in den Sinn gekommen waren. Valentin Gjertsen, Otta, Hotel, Vergewaltigung und Verschiedenes mehr war ergebnislos geblieben, und sie wollte die Suche schon aufgeben, als plötzlich eine hohe Männerstimme aus dem Lautsprecher zu hören war.
»Sie wollte es doch selbst.«
Katrine spürte die Spannung im Körper, wie früher, wenn sie und ihr Vater im Boot saßen und er ihr ganz ruhig sagte, dass er einen an der Angel habe. Sie wusste nicht, wieso, nur dass dies die Stimme war. Das war er.
»Interessant«, sagte eine andere Stimme. Leise, fast einschmeichelnd. Die Stimme eines Polizisten, der ein Ergebnis erzielen will. »Warum sagen Sie das?«
»Die wollen das doch selbst, das ist doch immer so. In gewisser Weise jedenfalls. Und anschließend schämen sie sich und gehen zur Polizei. Aber das wissen Sie ja auch.«
»Dann hat dieses Mädchen in Otta Sie darum gebeten, habe ich das richtig verstanden?«
»Sie hätte das getan.«
»Wenn Sie es sich nicht einfach genommen hätten, bevor sie was sagen konnte?«
»Wenn ich überhaupt da gewesen wäre.«
»Sie haben doch gerade zugegeben, an diesem Abend dort gewesen zu sein, Valentin.«
»Nur, damit Sie mir die Vergewaltigung ein bisschen detaillierter beschreiben. Es ist so langweilig im Gefängnis, wissen Sie. Da muss man … seinen Alltag einfach ein bisschen aufpeppen.«
Stille.
Dann war Valentins helles Lachen zu hören. Katrine schauderte und zog die Strickjacke enger um sich.
»Oje, da habe ich Ihnen wohl die Suppe … wie geht das Sprichwort noch gleich?«
Katrine schloss die Augen und rief sich sein Gesicht in Erinnerung.
»Lassen wir die Sache in Otta mal kurz beiseite. Was ist mit dem Mädchen oben im Maridalen, Valentin?«
»Was soll damit sein?«
»Das waren Sie, nicht wahr?«
Dieses Mal lachte er laut. »Das müssen Sie aber noch ein bisschen üben, Herr Kommissar. Die direkte Konfrontation bei einem Verhör muss wirklich knallhart kommen und nicht wie eine zaghafte Ohrfeige.«
Katrine registrierte, dass Valentins Wortschatz über den eines durchschnittlichen Gefangenen hinausging.
»Dann leugnen Sie, etwas mit dieser Tat zu tun zu haben?«
»Nein.«
»Nein?«
»Nein.«
Katrine hörte die zitternde Erregung, als der Polizist Luft holte und mit hart erkämpfter Ruhe fragte: »Bedeutet das … dass Sie die Vergewaltigung und den Mord im Maridalen im letzten September zugeben?« Er war auf jeden Fall routiniert genug, um zu spezifizieren, was Valentin zugeben sollte, damit sein Verteidiger im Nachhinein nicht vorgeben konnte, sein Mandant habe die Frage missverstanden oder gar nicht mitbekommen, wovon sie eigentlich redeten. Sie hörte aber auch die Schadenfreude in der Stimme des anderen, als dieser antwortete.
»Das heißt, dass ich diese Tat gar nicht zu leugnen brauche.«
»Wie soll ich das v…?«
»Es fängt mit A an und hört mit i auf.«
Kurze Pause.
»Wie wissen Sie so aus dem Stegreif, dass Sie ein Alibi für
Weitere Kostenlose Bücher