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Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)

Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)

Titel: Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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freute ihn besonders, dass Hagen sich bei ihm bedankte, der wortkarge Dezernatsleiter war der einzige Mensch bei der Polizei, dem er sich in gewisser Weise verpflichtet fühlte. Schließlich war es Hagen persönlich gewesen, der ihn nach der Sache in Drammen wieder ins Trockene geholt hatte. Er hatte beim Polizeipräsidenten in Drammen angerufen und gesagt, dass Anton Mittet zu hart bestraft worden sei. Wenn sie in Drammen keine Verwendung mehr für seine Berufserfahrung hätten, dürften sie ihn gerne nach Oslo schicken. Und so war es dann auch gekommen. Anton hatte auf der Kriminalwache in Grønland begonnen, war aber in Drammen wohnen geblieben. Das war Lauras Bedingung gewesen. Als Anton Mittet mit dem Fahrstuhl wieder runter zur Kriminalwache im ersten Stock fuhr, hatten seine Schritte etwas mehr Dynamik, sein Rücken war gerader, und auf seinen Lippen zeichnete sich so etwas wie ein Lächeln ab. Er hatte das Gefühl, am Anfang einer neuen, besseren Zeit zu stehen. Er sollte Blumen kaufen für … Er entschied sich um. Für Laura.
    Katrine starrte aus dem Fenster, während sie eine Nummer wählte. Ihre Wohnung lag im sogenannten Hochparterre. Hoch genug, um die Menschen nicht sehen zu müssen, die draußen vorbeiliefen. Tief genug, um ihre aufgespannten Regenschirme zu sehen. Und durch die Regentropfen, die im Wind an der Fensterscheibe zitterten, sah sie die Puddefjordbrücke, die die Stadt mit der Laksevågseite verband. Doch in diesem Moment starrte sie auf den 50 Zoll großen Bildschirm vor sich, auf dem ein krebskranker Chemielehrer Metamphetamin kochte. Sie fand das sehr unterhaltsam. Ihre DVD s waren auf höchst subjektive Weise auf die zwei Regale verteilt, die unter der Marantz-Anlage standen. Platz eins und zwei der Klassiker, die links außen aufgestellt waren, gingen an Sunset Boulevard und Singin’ in the Rain , während die aktuellen Filme, die auf dem Brett darunter einsortiert worden waren, eine überraschende neue Nummer eins hatten: Toy Story 3 . Brett Nummer drei war für die CD s, die sie aus sentimentalen Gründen nicht mit den anderen an die Heilsarmee abgetreten, sondern behalten hatte, obwohl sie ihre Musik längst auf der Festplatte ihres PC s gespeichert hatte. Ihr Geschmack war nicht sehr vielseitig, ausschließlich Glam Rock und Progressiver Pop, hauptsächlich aus England und gerne mit etwas androgynem Einschlag: David Bowie, Sparks, Mott The Hoople, Steve Harley, Marc Bolan, Small Faces, Roxy Music und als zeitgemäßen Abschluss: Suede.
    Der Chemielehrer stritt sich mal wieder mit seiner Frau, und Katrine spulte die DVD vor, während sie Beate anrief.
    »Lønn.« Die Stimme war hell, fast mädchenhaft, und gab nicht mehr preis als unbedingt notwendig. Dass sie sich nur mit dem Nachnamen meldete, deutete an, dass es keinen größeren Haushalt gab, in dem spezifiziert werden musste, welcher Lønn am Apparat war. Und in der Tat stand in diesem Fall Lønn nur für die Witwe Beate Lønn und ihre Tochter.
    »Hier ist Katrine.«
    »Hi, Katrine! Von dir habe ich ja lange nichts gehört. Wie geht’s dir?«
    »Schaue Fernsehen. Und du?«
    »Ich verliere gerade gegen meinen Schatz beim Monopoly und tröste mich jetzt mit einer Pizza.«
    Katrine dachte nach. Wie alt konnte die Kleine inzwischen sein? Wirklich schon alt genug, um ihre Mutter in Monopoly zu schlagen? Wieder einer dieser Hinweise, wie schockierend schnell die Zeit verging. Katrine wollte sagen, dass sie sich gerade mit Dorschköpfen getröstet hätte, verzichtete dann aber auf dieses dämliche, selbstironische, quasideprimierte Single-Frauen-Klischee. Sie sollte lieber ehrlich zu sich selbst sein und sich eingestehen, dass sie gar nicht wusste, ob sie ohne diese Freiheit leben könnte. Sie hatte zwischendurch immer mal wieder darüber nachgedacht, Beate anzurufen, um mit ihr zu reden. So wie sie es damals mit Harry gemacht hatte. Beate und sie waren beide erwachsene Polizistinnen ohne Männer. Ihre Väter waren Polizisten gewesen, und sie waren alle beide überdurchschnittlich intelligente Realistinnen, die weder die Illusion noch den Wunsch hatten, von einem Prinzen auf einem weißen Pferd abgeholt zu werden.
    Sie hätten sicher reichlich Gesprächsthemen gehabt.
    Trotzdem war es nie zu diesem Anruf gekommen. Außer es ging um die Arbeit, natürlich.
    Auch in diesem Punkt ähnelten sie sich.
    »Es geht um Valentin Gjertsen«, sagte Katrine. »Ein verstorbener Sittlichkeitsverbrecher. Kennst du ihn?«
    »Warte«, sagte

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