Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)
diesen Abend haben, Valentin? Das ist doch ziemlich lange her.«
»Weil ich darüber nachgedacht habe, was ich an diesem Abend gemacht habe, als er mir davon erzählt hat.«
»Wer hat Ihnen davon erzählt?«
»Na der, der das Mädchen vergewaltigt hat.«
Lange Pause.
»Wollen Sie uns verarschen, Valentin?«
»Für wen halten Sie mich, Kommissar Zachrisson?«
»Wieso glauben Sie, dass ich so heiße?«
»Snarliveien 41, oder? Oder?«
Erneute Pause, erneutes Lachen, und dann war wieder Valentins Stimme zu hören: »… versalzen. Die Suppe versalzen, genau.«
»Wo haben Sie von der Vergewaltigung erfahren?«
»Ich bin in einem Gefängnis für Perverse, Herr Kommissar. Was glauben Sie, worüber man da redet? Thank you for sharing , heißt das bei uns. Er dachte natürlich, dass er nicht zu viel verraten würde, aber ich lese schließlich Zeitung und außerdem erinnere ich mich gut an den Fall.«
»Also, wer, Valentin?«
»Also, wann, Zachrisson?«
»Wann was?«
»Wann kann ich damit rechnen, auf freien Fuß gesetzt zu werden, wenn ich den Typen ans Messer liefere?«
Katrine spürte den Drang, in den wiederholten Pausen einfach vorzuspulen.
»Ich bin gleich wieder da.«
Das Kratzen von Stuhlbeinen war zu hören, dann fiel eine Tür ins Schloss.
Katrine wartete, hörte den Mann atmen und erlebte etwas sehr Seltsames. Sie bekam Atemnot, als saugten die Atemzüge, die sie durch den Lautsprecher hörte, die Luft aus ihrem Zimmer.
Der Polizist war sicher nicht länger als ein paar Minuten fort, aber ihr kam es wie eine halbe Stunde vor.
»Okay«, sagte er, und wieder kratzten Stuhlbeine über den Boden.
»Das ging ja schnell. Und um wie viel verkürzt sich meine Strafe?«
»Sie wissen, dass wir keine Entscheidung über Ihr Strafmaß treffen dürfen, Valentin. Aber wir sind bereit, mit einem Richter zu sprechen, okay? Also, wie lautet Ihr Alibi, und wer hat das Mädchen vergewaltigt?«
»Ich war den ganzen Abend zu Hause. Meine Vermieterin war auch da, und wenn sie inzwischen nicht Alzheimer bekommen hat, wird sie das auch bestätigen.«
»Warum erinnern Sie sich so genau daran?«
»Ich kann mir die Daten von Vergewaltigungen besonders gut merken. Wenn ihr den Glücklichen nicht gleich findet, taucht ihr früher oder später ja doch bei mir auf und wollt wissen, wo ich war.«
»Mag sein. Und jetzt zur Tausend-Kronen-Frage. Wer war es?«
Die Antwort kam langsam und mit deutlicher Betonung.
»Ju-das Jo-han-sen, ein alter Bekannter der Polizei.«
»Judas Johansen?«
»Sie arbeiten bei der Sitte und kennen diesen notorischen Vergewaltiger nicht, Zachrisson?«
Das Schlurfen von Füßen war zu hören. »Warum glauben Sie, dass dieser Name mir nichts sagt?«
»Ihr Blick ist so leer wie das All, Zachrisson. Johansen ist das größte Vergewaltigertalent nach … tja, nach mir. Nur dass in ihm auch noch ein Mörder steckt. Er weiß das selbst noch nicht, aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Mörder in ihm erwacht, glauben Sie mir.«
Katrine bildete sich ein, das Knacken des Unterkiefers des Polizisten gehört zu haben, der sich vom Oberkiefer löste. Sie lauschte der knisternden Stille und hatte das Gefühl, den rasenden Puls des Beamten zu hören und zu sehen, wie ihm der Schweiß auf die Stirn trat, während er seinen Eifer und seine Nervosität zu zügeln versuchte. Schließlich stand er vor dem größten Augenblick seiner Karriere als Ermittler.
»Wo-wo…?«, stammelte Zachrisson, wurde aber von einem hohen Jaulton unterbrochen, der durch die Lautsprecher verzerrt wurde und den Katrine erst nach einer Weile als Lachen erkannte. Valentins Lachen. Irgendwann ging das durchdringende Jaulen in feuchtes Glucksen über.
»Ich verarsch Sie doch nur, Zachrisson. Judas Johansen ist schwul. Er hat die Zelle neben mir.«
»Was?«
»Wollen Sie eine Geschichte hören, die viel interessanter ist als die, die Sie mir aufgetischt haben? Judas hat einen Jungen gefickt, als sie von seiner Mutter überrascht wurden. Pech für Judas – das Bübchen hatte sich noch nicht geoutet. Seine reichen und konservativen Eltern zeigten Judas wegen Vergewaltigung an. Dabei hatte der keiner Fliege etwas zuleide getan. Oder einer Katze, wie heißt das noch mal? Fliege? Katze? Katze? Fliege? Ach egal, was halten Sie davon, den Fall wieder aufzunehmen, wenn Sie ein paar mehr Informationen bekommen? Ich kann Ihnen ein paar Tipps geben, was in der Zeit danach aus diesem Bürschchen geworden ist. Ich rechne doch damit,
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